Im Rahmen des Zukunftsfestivals Futuromundo fand die Deutschland-Premiere des Projekts MyMachine statt. Vier Traummaschinen sind entstanden – aus Zeichnungen von Grundschülern.
Kati ist acht Jahre alt und in der dritten Klasse. Aber nicht nur das. Seit einigen Wochen ist sie auch Erfinderin. „Ein Freund fürs Leben“ heißt die Traummaschine, die sie gezeichnet hat und anschließend von Studierenden der Uni Stuttgart so konzipiert wurde, das sie an der Max-Eyth-Schule gebaut werden konnte. Ein Zusammenspiel mehrerer Generationen und Bildungseinrichtungen. Stolz präsentierte Kati nun im Rahmen des Zukunftsfestivals Futuromundo den Prototypen und ihre Idee dahinter. Der Freund fürs Leben ist ein Hund – für Menschen, die eine Tierhaar-Allergie haben oder sich alleine fühlen. „Oder für faule Leute wie mich, die nicht Gassigehen oder den Kot aufsammeln wollen“, sagt die Drittklässlerin nach der Enthüllung ihrer Traummaschine und lacht. „Und wenn du keine Lust auf einen Hund hast, kannst du aus ihm auch eine Katze machen.“
Kati (M.) und „Ein Freund fürs Leben“ Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Aber nicht nur Kati ist Erfinderin. Alle rund 180 Grundschülerinnen und Grundschüler des Galileo Bildungshauses haben eine Traummaschine entworfen. Vier davon wurden letztendlich gebaut. Aber egal, was aus der Traummaschine eines jeden einzelnen Kindes passiert, ob der Entwurf ernst gemeint oder albern ist: Bei dem Projekt MyMachine geht es um den Prozess, den Weg und das Lernen. „Wir fördern brillante Köpfe, die es immer noch wagen, anders und kreativ zu denken. Dies ist für den Fortschritt unerlässlich, denn alte Gewohnheiten öffnen keine neuen Türen“, heißt es auf der Internetseite von MyMachine. „Wenn wir wirklich bahnbrechende Lösungen unter anderem für Armut, Krebsbehandlung, Weltraumforschung, Mobilität, Energie, gesunde Lebensmittelversorgung wollen, müssen wir diejenigen fördern, die es wagen, anders zu denken.“ Diese – oft zunächst als verrückt wahrgenommenen – Ideen kämen von Menschen, die den Mut haben, sie auszudrücken und zu testen. „Wir haben MyMachine gegründet, weil wir mehr Kreativität im Bildungssystem wollen“, betont ein Mann der ersten Stunde, Piet Grymonprez.
OB Nopper ist Schirmherr
2007 wurde das Projekt in Belgien ins Leben gerufen. Seitdem sind in 13 Ländern Zehntausende Maschinen gezeichnet und über 600 Prototypen gebaut worden. Dass MyMachine nun in Stuttgart Deutschlandpremiere feiert, ist den Brüdern Leonard und Gordon Sommer zu verdanken, die Mitgründer des Zukunftsfestivals Futuromundo sind, aber auch hinter dem Verein Classroom Thinktank stecken, der sich der Förderung von Kreativität im schulischen Lernen verschrieben hat. „Durch innovative Prinzipien und Methoden wollen wir eine Lernkultur schaffen, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch die Kreativität der Schüler entwickelt und sie auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet“, sagt Leonard Sommer. Da passt MyMachine hervorragend ins Konzept.
Die beiden Brüder Leonard (l.) und Gordon Sommer Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Auch Oberbürgermeister Frank Nopper ist vom Projekt überzeugt und hat die Schirmherrschaft übernommen: „Stuttgart ist in Wirtschaft und Wissenschaft eine stark von Ingenieuren, Tüftlern, Technikern und Naturwissenschaftlern geprägte Stadt. Wir wollen diese Stärke stärken – mit forcierter Mint-Förderung auf allen Ebenen. Der Bedarf an Fachkräften in diesem Bereich ist bei uns besonders hoch. MyMachine setzt unterstützend dazu genau dort an, wo die Begeisterung für Technik beginnt – bei den Jüngsten – und fördert so die Mint-Fachkräfte von morgen.“ Stellvertretend für den OB war Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer bei der Enthüllung der Traummaschinen dabei: „Bei so einem Projekt geht einem doch das Herz auf. Hier wurde über Generationen hinweg zusammen gearbeitet. Dieses Konzept ist international seit Jahren erfolgreich und wird in Stuttgart hoffentlich weitergehen.“
Dass es eine zweite Auflage von MyMachine geben wird, daran ließen die Beteiligten keinen Zweifel. „Es geht mit der Uni Stuttgart auf jeden Fall weiter“, betonte Nana Moutafidou aus der Abteilung Innovationen und Projekte in Studium und Lehre der Uni Stuttgart. Aufgrund ihres großen Einsatzes und Engagements für das Projekt nannte sie Gordon Sommer „meine Prinzessin, meine Superheldin“. Sie habe maßgeblichen Anteil daran, dass die Premiere von MyMachine so gut geklappt habe – und das auch noch in der Hälfte der Zeit, die man normal für das Projekt veranschlagen müsse.
MyMachine bleibt keine Eintagsfliege
Es sei sehr herausfordernd gewesen, sagt Nana Moutafidou. Doch schon jetzt habe sie für die Fortsetzung des Projekts mehr Studenten zur Verfügung als bei der Premiere. Der Bachelor-Studiengang Technologiemanagement habe bereits zugesagt, die Max-Eyth-Schule wolle auch weitermachen und man suche noch eine zweite Berufsschule. Die Weichen sind gestellt. „Und wer das Galileo Bildungshaus kennt, der weiß, dass wir viele langjährige Kooperationspartner haben und keine Eintagsfliege sind“, sagte Petra Ferrari, Gründerin und Schulleiterin des Galileo Bildungshauses. Alle weiteren Details und wie viele Grundschulen mitmachen können, wird in den nächsten Wochen besprochen.
Zunächst sind allerdings alle vier Traummaschinen noch auf dem Kessel Festival auf dem Cannstatter Wasen zu sehen. Die Ausstellung ist Teil eines lebendigen Zukunftsparcours. Neben den MyMachine-Erfindungen können Besucherinnen und Besucher den Warka Warka Tower des internationalen Bildungsforschers Kristof Fenyvesi aus Finnland bestaunen oder sich von einer Ausstellung des Max-Planck-Instituts in neue Denkräume entführen lassen.
Danach werden die vier Traummaschinen ein neues Zuhause finden. Zum Freund fürs Leben wird sich am Galileo Bildungshaus „Das Traumschloss“ gesellen. Warum braucht es diese Erfindung? Für die Grundschüler liegt das auf der Hand: Wer als Erster in der Schule sein, aber deswegen nicht unbedingt früh aufstehen möchte, der braucht das Traumschloss. Wer dort hinein geht, kommt schnell gestylt und gut angezogen wieder heraus.
Diese Studentin zeigt, wie das Traumschloss funktioniert. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Das Schatz-vom-Meeresboden-Sammler-Boot wird den Hof des Galileo Bildungshauses bereichern. Und der Plastik-aus-dem-Meer-fisch-Katamaran wird entweder an der Uni Stuttgart oder an der Max-Eyth-Schule untergebracht.
Gordon Sommer vor dem Müll-sammel-Katamaran (l.). Neben ihm stehen Peter Middendorf (Rektor der Uni Stuttgart), Studierende, Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer und Martin Engstler von der Hochschule der Medien Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Noch am heutigen Freitag und am morgigen Samstag findet das Zukunftsfestival Futuromundo in der Liederhalle statt. Weitere Informationen und Tickets gibt es unter www.futuromundo.com.