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Die Empfindung für eine Szene will Manfred Lenzer in seinen Bildern zeigen. © Thomas Plettenberg
Der Künstler Manfred Lenzer stellt derzeit im Kultur im Oberbräu aus. Der Fotograf hat gelernt, genau hinzusehen – als forensischer Fotograf für das Landeskriminalamt. Jetzt aber zeigt er keine Bilder des Schreckens, sondern der Schönheit.
Eine Überraschung erwartete die Besucher, die zur Vernissage von Manfred Lenzers Ausstellung im Fools-Bistro gekommen waren. Was ist da los? Viele dachten wohl erst, sie seien hier falsch, denn die Bilder von Lenzer muten beim ersten Blick nicht wie Fotos, sondern wie Gemälde. Der zweite Blick bringt Licht ins Dunkel. Fotos, die Bildausschnitte in geringer Auflösung zeigen, laden zum Verweilen und Interpretieren ein. Genau das mag der 70-jährige Künstler, der seine Exponate in vier Kategorien einteilt: „Bella Italia“, „Völlig losgelöst“, „Reduziert auf das Maximum“ und „Vergängliche Schönheiten“.
Lenzer blickt auf eine beeindruckende berufliche Karriere. Als forensischer Fotograf war er 35 Jahre für das Landeskriminalamt (LKA) in München tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten neben der Abteilungsleitung auch die fotografische Auswertung, ob beispielsweise der Abdruck eines Schuhes zur Gesichtsverletzung eines Opfers passt, wie groß ein Bankräuber gewesen sein muss, wie hoch ein Flugzeug vor dem Absturz flog.
„Die Arbeit als Fotograf beim LKA war Liebe auf den ersten Blick, auch wenn es teilweise schon schlimm war, besonders, wenn Kinder misshandelt wurden, das konnte ich nicht einfach nur fotografieren, das ging mir sehr unter die Haut“, sagt Lenzer. In seiner Arbeit hat er gelernt, genau hinzusehen, so entstand seine Liebe zu Details. „Ich habe die Fotografie von schönen Dingen als guten Ausgleich zu meiner Arbeit und dem Elend gesehen.“
In der Reihe „Bella Italia“ entstand ein Foto von einer Treppe in Ligurien, welches er mit einem speziellen Polaroid-Film schoss. Die groben Pixel zeigen vereint eine typisch italienische Gasse, im Vordergrund eine Treppe. Die Hauswand, an der die Stufen entlang führen, blättert ab und lässt vermuten, dass dort ein Plakat oder ein Bild zu sehen war. Am Fuß der Treppe steht eine rote Vespa auf kleinen Pflastersteinen. „Ich war damals mit meiner Familie dort und habe das Foto später digital weiterverarbeitet.“ Schon wenn er die Kamera ans Auge hält, hat er das fertige Bild im Kopf und weiß genau, was daraus entstehen soll. „Diesen Look bekommt man mit der modernen heutigen digitalen Technik nicht hin, behaupte ich“, so Lenzer. Die Bilder erhalten eine Abstraktion durch die Sichtweise des Künstlers und seine Präsentation.
Aus der Reihe „Völlig losgelöst“ stammt die Serie „Atlantis“. Der Betrachter entscheidet, was er sieht, einen Balkon vor blauem Himmel, ein Fenster, eine Türe, einen Teil eines Gebäudes. Diese Bilder wurden in Griechenland geschossen. Die Objekte, die wohl Teile eines Gebäudes sind, erstrahlen in hellem Weiß vor einem makellos blauen Himmel, so wie man es von Santorini kennt, eben typisch griechisch. „Diese Objekte sind real existierende, bei denen ich gezielt einen Ausschnitt und natürlich die Position meiner Kamera einsetze.“ Auch das Bild „roter Stuhl“ sieht beim ersten Hinsehen wie ein Gemälde aus. Vor dem Ufer eines Gewässers steht ein roter Stuhl, dessen Konturen unklar und verschwommen sind, im Hintergrund eine Bergkette. „Wenn man irgendwo hinkommt, sieht man erst mal keine Details, man sieht das grobe Ganze. Ich nehme meinen Bildern Details und zeige meine Empfindung für eine Szene.“ Alle Bilder sind Hingucker, die zum Verweilen und Interpretieren einladen. Sie versetzen in eine andere Welt und verzaubern mit losgelöster Klarheit.
Die Ausstellung ist noch bis Donnerstag, 31. Juli, im Kultur im Oberbräu zu sehen, anschließend während der Sommerpause der Kulturstätte nach Vereinbarung mit Manfred Lenzer, bis zum 18. September.