Stand: 04.07.2025 12:12 Uhr

Die Aussichten bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor dem ersten EM-Spiel sind bestens. Und am Freitag wollen die DFB-Frauen gegen Polen mit voller Überzeugung den so wichtigen guten Start hinlegen.

Voller Zuversicht und bestens gelaunt präsentierten sich Bundestrainer Christian Wück und Co-Kapitänin Janina Minge am Donnerstag in St. Gallen. Im Kybunpark startet Deutschland am Freitag (ab 20.15 Uhr im Ersten und im Livestream) gegen Polen ins Turnier. Von Nervosität ist (noch) keine Spur. „Ich glaube, ich bin so wie immer“, sagte Wück, für den es das erste EM-Spiel im Frauenbereich sein wird. Er rechne damit, gut schlafen zu können, aber auch damit, dass das Adrenalin kommen werde, wenn der Anpfiff am Spieltag näher rückt.

Dem ersten Gruppenspiel wird auf dem Weg zum angepeilten Titel in der Schweiz größte Bedeutung beigemessen. Schlechte Erinnerungen an die jüngsten Duelle mit den Polinnen, als die deutschen Frauen jeweils einem Rückstand hinterherlaufen mussten, sollen aber keine große Rolle spielen.

„Ich habe noch mal geschaut, wie viele Spielerinnen von heute damals in der Startformation standen. Es waren nur drei“, erklärte Wück. Seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres sei viel passiert. Im Team, aber auch drumherum.

DFB-Frauen: Zerstreuung mit Ausflug und Geburtstagsfeier

Um vor dem Auftakt die nötige Lockerheit reinzukriegen, hatte zuletzt noch ein bisschen Zerstreuung auf dem Programm gestanden. Am Mittwochnachmittag war das gesamte Team zusammen mit allen Betreuern und dem Trainerteam auf einem Ausflug zur Boots- und Bergfahrt nach Luzern gereist. „Wir haben es genossen, noch mal raus- und runter vom Fußballplatz zu kommen. Die Natur zu sehen und die Schweiz kennenzulernen“, beschrieb Jule Brand.

Am Abend gab es dann noch eine kleine Feier für Giulia Gwinn. Die Kapitänin feierte ihren 26. Geburtstag. Dazu hatte es bereits am Vormittag ein Ständchen und Applaus gegeben. Später folgte dann noch der Kuchen.

Und zum Abschluss des Tages schauten sich die DFB-Frauen zusammen das EM-Auftaktspiel zwischen der Schweiz und Norwegen (1:2) an. In bequemen Liegestühlen auf der Wiese vor dem Hotel. Gwinn hatte sich schon vorab gefreut, so gemeinsam in die nötige EM-Stimmung zu kommen und den richtigen „Vibe“ zu spüren.

Deutschland gegen Polen in Bestbesetzung

Doch jetzt wird es ernst. „Wir sind hier angetreten, um diesen Titel zu gewinnen. Ich glaube schon, dass es in uns drin ist“, unterstrich Wück. „Wir können es wirklich schaffen. Das Spiel gegen Polen wird das Wichtigste sein, um in den Flow reinzukommen.“ Minge erklärte, dass „natürlich ein gewisser Druck da“ sei. „Uns ist aber bewusst, wie gut wir sind. Und wir versuchen, uns möglichst wenig einen Kopf zu machen.“

Gute Nachricht für den Bundestrainer: Er kann gegen Polen personell aus dem Vollen schöpfen. Nach einigen kleinere Wehwehchen in den vergangenen Tagen habe er nun „die volle Auswahl“.

Wücks Rollenverteilung: „Ganz gut, wie das gelöst wurde“

Die endgültige Aufstellung werde er dem Team erst am Spieltag mitteilen: Nach einem gemeinsamen Frühstück und der obligatorischen Aktivierung folge die Spielbesprechung mit einem letzten Blick auf die Standardsituationen und eben die Startelf.

Allerdings wissen die Spielerinnen schon länger, wie der Bundestrainer mit ihnen plant. „Kommunikation war ein großes Thema. Wir wollten Rollen verteilen – und die sind sehr klar“, hatte zuletzt zum Beispiel Sjoeke Nüsken berichtet.

Dass unter einer „festen“ Rolle als Ergänzungsspielerin die Motivation leiden könnte, glaubt Brand, die auf dem rechten Flügel gesetzt sein dürfte, nicht: „Es gibt Klarheit und jeder kann sich darauf einstellen. Wer auf der Bank ist am Anfang, ist für das Team da. Jeder pusht sich. Das spornt uns an, das letzte aus uns herauszuholen.“ Für sie selbst bedeute das ausgesprochene Vertrauen Sicherheit. Sie finde es „ganz gut, wie das gelöst wurde“.

Expertin Schult: „Turnier kommt zum richtigen Zeitpunkt“

Die Chance, dass es mit einem Sieg im Auftaktspiel klappt, ist in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Was die Mannschaft unter Wück vorhat, sei zuletzt deutlich klarer geworden, erklärte Almuth Schult. „Es ist einfacher geworden, eine erste Elf aufzustellen. Man hat das Gefühl, dass die Mannschaft von der Stimmung her einen riesigen Schritt nach vorn gemacht hat“, sagte die Sportschau-Expertin mit Blick auf die jüngsten Siege gegen die Niederlande (4:0) und in Österreich (6:0).

In dem Spiel gegen die Niederlande ist irgendetwas passiert. Man kann es gar nicht richtig greifen. Aber es ist etwas passiert – in der Mannschaftsstruktur und in der Überzeugung innerhalb des Teams.

Bundestrainer Christian Wück

Sie habe „das Gefühl, dass das Turnier jetzt eher zum richtigen Zeitpunkt kommt. Daran hat man im April wahrscheinlich noch gezweifelt.“

Neben der Stimmung sieht die ehemalige Nationaltorhüterin die gute Mischung im Kader als Stärke der DFB-Frauen. „Sie können sich sehr gut auf einen Gegner einstellen und das Spiel auch immer wieder verändern, durch Einwechslungen. Es ist dadurch auch unberechenbar für die Gegnerinnen.“

Polen – nicht nur Superstar Ewa Pajor

„Wir wollen uns ein gutes Gefühl holen“, betonte Nüsken. Aber: „Für Polen ist es das erste EM-Spiel. Die werden sehr heiß sein.“ Deshalb müsse man „direkt dagegenhalten“ und dem Gegner „unser Spiel aufdrücken“. So sieht es auch Kapitänin Gwinn: „Wir konzentrieren uns natürlich ein Stück weit auf Polen, wissen aber, dass das Hauptaugenmerk auf uns liegen soll. Dass wir dieses Spiel dominieren wollen.“

Ich habe schon unfassbar oft gegen Ewa Pajor gespielt. Sie ist extrem schnell. Wir müssen die Tiefenläufe unterbinden. Aber ich bin mir sicher, dass wir sie gut in den Griff kriegen.

Co-Kapitänin Janina Minge

Polen, das ist vor allem Ewa Pajor. Die Stürmerin vom FC Barcelona, die sich von 2015 bis 2024 beim VfL Wolfsburg zuvor in der Bundesliga einen Namen gemacht hatte und zweimal Torschützenkönigin geworden war, ist der Superstar im Team. Aber eine ganze Reihe von Spielerinnen wie Natalia Padilla-Bidas (Bayern München), die zuletzt gegen Deutschland getroffen hatte, oder die langjährige Frankfurterin Tanja Pawollek, die nach der EM für Aufsteiger Union Berlin spielen wird, bringen ordentlich Qualität mit.

Wück warnt vor dem Gegner

Und auch wenn die beiden jüngsten Duelle mit den Polinnen vor Wücks Zeit waren, warnte er doch noch vor dem Gegner: „Wir müssen viel arbeiten und unsere beste Leistung über 90 Minuten plus x abliefern.“ Polen habe ebenso wie sein Team eine hohe individuelle Qualität. „Wir müssen ans Limit gehen, um erfolgreich zu sein.“ Und dann dürfte sie auch bestens bleiben – die Laune bei den DFB-Frauen und ihrem Trainer.