„Buy the dip“ („Kauf beim Kursabsturz“) ist eine seit Jahrzehnten gültige Investmentregel. Die Idee dahinter lautet, dass einbrechende Kurse der ideale Zeitpunkt sind, um Aktien zuzukaufen.
Denn meistens handelt es sich beim schlagartigen Absturz um eine panische Kettenreaktion, von der sich die Aktienkurse mittelfristig, häufig aber schon in den nächsten Tagen, erholen. Wer am Tiefpunkt gekauft hat, dessen Aktien sind im Idealfall kurz darauf ein Vielfaches wert.
Doch eine Datenanalyse des „Wall Street Journals“ zeigt, dass die Strategie dieses Jahr – zumindest bisher – nicht mehr aufzugehen scheint. Die Daten zeigen, dass die „Buy the dip“-Strategie auf den Aktienindex S&P 500, in dem die wichtigsten US-Unternehmen gelistet sind, zuletzt 1920 so schlecht funktioniert hat wie 2025.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Eine Woche nach einem „dip“ von über einem Prozent standen die Kurse im Durchschnitt 1,3 Prozent tiefer. Sprich: Auf den „dip“ folgte ein noch tieferer Einbruch.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Das lässt sich bei größeren Einbrüchen noch deutlicher beobachten. Im Durchschnitt ist der S&P 500 in der Woche nach einem eintägigen Rückgang von mindestens drei Prozent um weitere zwei Prozent gefallen – das wäre laut Dow Jones Market Data der größte Rückgang dieser Art seit 1998.
US-Aktien schneiden schlechter ab
Investoren, die beim fünfprozentigen Einbruch nach der ersten Zollankündigung zuschlugen, mussten eine Woche später einen weiteren Einsturz um sechs Prozent verkraften.
Auch im internationalen Vergleich zeigt sich eine Anomalie. Hatten amerikanische Aktien in den vergangenen Jahren immer deutlich besser performt als der weltweite Durchschnitt, hat sich dieses Verhältnis heute so drastisch verkehrt wie zuletzt 2009. Stand 9. April performten US-Papiere 3,14 Prozent schlechter als der Weltdurchschnitt – im Vorjahr lagen sie noch 21,2 Prozent darüber.
„Bewegen uns in einer völlig anderen Welt“
Nun gibt es kein Naturgesetz, dass US-Indizes den Rest der Welt abhängen müssen oder ein Zukauf sich schon nach einer Woche rentiert. Für private Anleger, die Aktien langfristig halten, wird sich ein Zukauf nach Kurseinsturz mittelfristig immer noch mit sehr hoher Sicherheit lohnen.
Thank God It’s International Friday 30 Trumps gefährliches Handelsroulette
Der vergleichsweise langsame Kursanstieg nach einem Einbruch wird eher zu einem Problem für institutionelle Anleger, die in den vergangenen Jahrzehnten mit dieser Strategie konstant hohe Gewinne einfuhren.
Doch die Daten zeigen, dass „wir uns in einer völlig anderen Welt bewegen, durch die wir uns nun hindurch manövrieren müssen“, wie Christopher Marangi, Co-Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Gamco Investors, dem „Wall Street Journal“ sagt.
Was also hat sich verändert? Zum einen verweisen Analysten darauf, dass bei früheren Krisen – etwa dem Börsencrash 2007 oder dem Ausbruch der Pandemie – der Staat unmittelbar Fiskalprogramme und umfassende Maßnahmen der US-Notenbank zur Beruhigung der Märkte auflegte.
Dieses Vertrauen in staatliche Rettung wurde über die Jahre zu einer Selbstverständlichkeit an der Wall Street. Doch aktuell greift der amerikanische Staat nicht nur nicht stabilisierend in die Märkte ein, sondern verursacht die Turbulenzen an den Märkten selbst – sei es der Bitcoin-Hype nach Donald Trumps Amtseinführung als US-Präsident oder das aktuelle Beben durch die Zollankündigungen.
Trump selbst inszeniert sich als börsenfern und sagt, er sei „stolz darauf, der Präsident der Arbeiter zu sein, nicht der Wall Street“.
Noch kaufen Anleger den „dip“
Auch die unabhängige US-Notenbank Fed scheint die Schwelle für stabilisierende Markteingriffe deutlich höher anzusetzen als bisher. Den Zollankündigungen wurde beispielsweise nicht durch ein massives Angebot der Fed entgegengewirkt.
Doch noch sind die Anleger offenbar nicht verschreckt. In den fünf Tagen zwischen der Zollankündigung und der Aussetzung der Zölle investierten Investoren viermal so viel in den US-Aktienmarkt wie normalerweise im selben Zeitraum. Noch kaufen die Investoren also den „dip“ und hoffen auf ein gutes Geschäft.
Man sollte nicht darauf wetten, dass alles irgendwie gut wird, wenn diese Zölle bestehen bleiben – denn das wird es nicht.
David Kelly, Chefstratege bei J.P. Morgan Asset Management
„Es gibt sicher Leute, die weiterhin sagen: ‚Wenn der Markt so stark fällt, war das bisher immer eine gute Kaufgelegenheit – also steige ich jetzt ein‘“, sagt David Kelly, Chefstratege bei J.P. Morgan Asset Management.
Doch er warnt: „Man sollte nicht darauf wetten, dass alles irgendwie gut wird, wenn diese Zölle bestehen bleiben – denn das wird es nicht. Wenn sie in Kraft bleiben, werden wir in den USA eine schwere Rezession erleben, und auch global wird es eine Rezession geben.“
Mehr zu den Zöllen lesen Sie hier Wie ich mit dem Börsensturz umgehe Ich habe Tausende Euro verloren – na und? Was das Börsenbeben für Anleger bedeutet Soll ich jetzt meinen Aktien-ETF verkaufen? Die Krise nutzen Wie kann ich nach dem Börsen-Absturz jetzt investieren?
Doch selbst wenn die Zölle wieder vollständig aufgehoben werden, ist fraglich, ob der US-Markt nahtlos an seine jahrzehntelange überdurchschnittliche Performance anschließen kann. Was Trump einmal getan hat, kann er wieder tun. Und Investoren fürchten Unsicherheit. „Zumindest etwas Schaden ist bereits angerichtet“, resümiert Marangi. (Trf)