Gegenüber der EU-Aussenbeauftragten hat Wang Yi erklärt, der Ukraine-Krieg verhindere, dass die USA sich voll auf Asien fokussieren.

Der chinesische Aussenminister Wang Yi reist diese Woche durch Europa. Der chinesische Aussenminister Wang Yi reist diese Woche durch Europa.

Markus Schreiber / AP

Solche Worte hört man in der vorsichtigen Welt der Diplomatie nicht täglich: In Bezug auf die Sicherheit «sind unsere Beziehungen zunehmend belastet», sagte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas am Mittwoch vor dem Treffen mit dem chinesischen Aussenminister Wang Yi. Chinesische Unternehmen seien «Moskaus Rettungsanker, um seinen Krieg gegen die Ukraine aufrechtzuerhalten», sagte sie und beschuldigte Peking, Cyberangriffe durchzuführen, sich in Demokratien einzumischen und unfaire Handelspraktiken zu betreiben.

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Krieg in Europa zu ermöglichen und gleichzeitig engere Beziehungen zu Europa anzustreben, sei «ein Widerspruch, den Peking angehen muss», so die Chef-Diplomatin unmissverständlich. Sie bezog sich damit auf die chinesische Lieferung von Bestandteilen – teilweise aus europäischer Pr0duktion –, die Russland in Waffensystemen einbaut.

Von chinesischer Seite gab es zumindest offiziell freundlichere Worte: Zwischen Brüssel und Peking bestehe «kein grundsätzlicher Interessenkonflikt», man teile ein «breites Spektrum gemeinsamer Interessen», hiess es in einem Communiqué des chinesischen Aussenministeriums. Europa steht derzeit vor verschiedenen Herausforderungen, «aber keine davon war, ist oder wird aus China kommen», so der Wortlaut nach der mehrstündigen Sitzung.

«Eine Lektion in Realpolitik»

Hinter verschlossenen Türen hat Wang aber offenbar doch ziemlich ausgeteilt. Er habe Kallas «eine Lektion in Realpolitik» erteilt, berichtet die «South China Morning Post» am Freitag. Dabei sei es in erster Linie um den Ukraine-Krieg gegangen. Verschiedentlich hat China schon betont, dass es sich nicht als Konfliktpartei sehe. Bei der mehrstündigen Sitzung mit den EU-Vertretern habe der Aussenminister gesagt, dass der Krieg schon längst beendet wäre, wenn Peking im grossen Stil Waffen und finanzielle Hilfen an Moskau senden würde.

Für grosses Aufsehen sorgte aber eine andere Aussage Wangs: Wie EU-Diplomaten hinter vorgehaltener Hand bestätigen, sagte der Aussenminister, dass China die Niederlage Russlands nicht wolle – denn sie würde dazu führen, dass sich die USA noch stärker als bisher Asien zuwendeten. Dies liege naturgemäss nicht im Interesse Pekings. Ob Wang damit indirekt auch Chinas Unterstützung für Moskau eingestand, ist nicht klar.

Europa als wichtigste Unterstützer

Die europäisch-chinesischen Gespräche kommen in verschiedener Hinsicht zu einem brisanten Zeitpunkt: Russland greift die ukrainische Bevölkerung auf immer breiterer Front an. Zwischen Washington, Moskau und Kiew laufen derweil die Drähte heiss, um eine Waffenruhe zu erwirken, welche die Ukraine dringend braucht.

Die Europäer sind an diesen Gesprächen nicht direkt beteiligt, sie sind aber mittlerweile die wichtigsten Unterstützer des angegriffenen Landes. Das gilt für die Lieferung von Waffen, bei der die Europäer die von den USA hinterlassene Lücke bislang haben auffüllen können, aber auch bei den 17 Sanktions-Paketen gegen Russland oder bei der Aufnahme von Millionen von Flüchtlingen. Die europäischen Staaten haben ein ureigenes Interesse daran, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliert – ganz anders als China.

Zölle als Antwort auf Zölle

Ende Juli findet ein EU-China-Gipfel statt, das Treffen von Kallas und Wang diente eigentlich seiner Vorbereitung. Auf der Agenda sollen vor allem die angespannten Handelsbeziehungen stehen. In der EU sorgen die chinesischen Exportkontrollen bei seltenen Erden für Unmut, die für den Betrieb von Elektromotoren wichtig sind.

China wehrt sich seinerseits gegen die von der EU erhobenen Zölle auf Elektroautos. Die Europäer argumentieren, dass Pekings Subventionen bei deren Herstellung zu Marktverzerrungen geführt hätten. Peking erhöht jetzt den Druck: Ab Samstag belegt es europäischen Brandy mit hohen Einfuhrabgaben – was wiederum in Brüssel für rote Köpfe sorgt. Die neuen Zölle seien «unfair, unbegründet und widersprüchlich», so ein Sprecher der Kommission.