Berlin. Eine Stiftung beansprucht ein teures Areal am Roten Rathaus. Statt zu kämpfen stimmt das Land Berlin einem Vergleich zu.
Direkt hinterm Roten Rathaus befinden sich die Überreste einer ehemaligen Franziskanerklosterkirche. Wem das Grundstück und die Ruine nahe dem U-Bahnhof Klosterstraße, die bis zum Mauerfall zur DDR gehörten, heute zusteht, ist offenbar nicht ganz eindeutig. Eine private Stiftung hat Ansprüche an das Land Berlin angemeldet, forderte zunächst elf Millionen Euro Restitution.
Anfang Juli hat sich der Senat auf einen Vergleich eingelassen, mit dem die Stiftung laut einem Dokument, das dem Tagesspiegel vorliegt, zwei kleine Teile des 6472 Quadratmeter großen Grundstücks, sowie eine Million Euro erhalten soll. Der Rest des Grundstücks verbleibt beim Land.
Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen bestätigte den Vorgang auf Anfrage der Morgenpost: „Mit der Kenntnisnahme des Vorgangs durch den Unterausschuss Vermögensverwaltung des Abgeordnetenhauses von Berlin am 2. Juli 2025 kann die Einigung in der kommenden Woche vollzogen werden“, hieß es.
Architekt: „Es ist ein Immobilienskandal“
Ruine des Grauen Klosters in Berlin-Mitte im Sommer 2024.
© BM | Iris May
Die Berliner Morgenpost sprach mit Professor Philipp Oswalt. Der Architekt hat sich im Auftrag des Bezirksamts Mitte Gedanken über die Zukunft des Areals gemacht. „Dadurch bin ich auf den Sachverhalt gestoßen“, erklärt Oswalt. Seiner Meinung nach sind die Restitutions-Forderungen der Stiftung „Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster“ nicht rechtmäßig, da nie eine Enteignung stattgefunden hat. Die Stiftung, die das Land um eine Berichtigung des Grundbucheintrages bat, wolle öffentliches Eigentum zu Unrecht privatisieren.
In einer Anfrage an das Abgeordnetenhaus legt Oswalt dar, dass die Stiftung in Folge einer Satzungsänderung im Jahr 1961 nicht mal mehr eine Stiftung öffentlichen Rechts sei, sondern in eine „Stiftung bürgerlichen Rechts“ umgewandelt wurde. Während das Gymnasium des Grauen Klosters seit seiner Gründung 1574 eine öffentliche Einrichtung war, würde eine jetzige Übertragung der Grundstücke an die heutige Stiftung eine Privatisierung dieser bedeuten und diese dem öffentlichen Eigentum entziehen, so Philipp Oswalt. Für den Architekten ein „Immobilienskandal“.
Die ehemalige Klosterkirche auf einem Holzstich aus dem Jahr 1883. Das Gebäude soll in ähnlicher Form wieder aufgebaut werden und zum Kulturzentrum werden.
© picture alliance / akg images | AKG images
Der Standort für ein Kulturzentrum wäre überaus reizvoll: Über 400 Jahre lang beherbergte das Gemäuer die angesehenste Schule im Herzen von Berlin, das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster. Diese ist übrigens nicht zu verwechseln mit einem gleichnamigen Gymnasium in Schmargendorf. Auch der Historiker Benedikt Goebel, der 2022 mit der inzwischen verstorbenen Volkswirtin Marie-Luise Schwarz-Schilling die Stiftung „Berlin-Mitte“ gegründet hat, sagte der Morgenpost: Wenn er von Bausenator Gaebler grünes Licht erhielte, die Mitte zu gestalten, würde er mit dem Grauen Kloster beginnen. „Wenn die Klosterruine wieder ein Dach hat, kann sie ein Schul- und Kulturstandort werden“.
Kritik an „unverständlichem Wohlwollen“ des Senats
2004 wurde die Klosterruine im Herzen Berlins restauriert.
© Hajo Eckert
Für Professor Philipp Oswalt gibt es eine Erklärung für das „unverständliche Wohlwollen des Senats“ gegenüber dem Vorgehen der Stiftung: „Schließlich fügt sich Profil und Zielsetzung der Stiftung bestens in den konservativ-elitären Anspruch der Rekonstruktionsbefürworter an dem Ort.“
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Benedikt Goebel, Vorstand der Stiftung Mitte-Berlin, wünsche sich, so Oswalt dass das Quartier das ehemalige Graue Kloster nach dem Vorbild der Frankfurter Neuen Altstadt für und durch die „Reichen und Schönen“ rekonstruiert wird. Mit Social Media Beiträgen unterstütze Goebel die Restitutions-Forderungen der Stiftung.