Am 26. Juni ging es in der Ratsversammlung auch um ein wichtiges Thema für Leipzigs Energiezukunft: unter anderem um die Stellungnahme zur „Teilfortschreibung Erneuerbare Energien“ des Regionalplans Leipzig-Westsachsen, in der es auch um die Ausweisung von Windvorranggebieten auf dem Gebiet der Stadt Leipzig geht. Besonders betroffen dabei: die Ortschaft Hartmannsdorf-Knautnaundorf. Dort werden die bestehenden Windkraftanlagen jetzt schon aufgerüstet. Berechtigterweise hatte der Ortschaftsrat dann auch einen Änderungsantrag eingebracht.
Zwar nicht direkt zum Repowering der sieben schon existierenden Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Ortschaft (zu denen später noch acht weitere kommen sollen), von denen vier jetzt schon neu gebaut werden. Denn natürlich ist der Wunsch des Ortschaftsrates nur zu berechtigt, dass bei Bau neuen Anlagen die Mindest-Abstandsregel von 1.000 Metern eingehalten wird.
Bei den älteren Anlagen ist das bei zweien nicht der Fall. Sie stammt noch aus Zeiten, als es in Sachsen keine 1.000-Meter-Abstandsregel gab. Und vielleicht hätte der Ortschaftsrat auch seine Zustimmung nicht gegeben, wenn man ihn gefragt hätte. Aber der Ortschaftsrat wurde nicht gefragt, wie Ortsvorsteher Matthias Kopp am 26. Juni feststellte.
Aber ein Trostpflaster bekam er: Die Stadt übernahm das Anliege des Ortschaftsrates auch ohne Abstimmung in ihre Stellungnahme für den Planungsverband Westsachsen.
Bremser am Werk
Und bis auf eine Fraktion war das ganze Thema des Windkraftausbaus auf Leipziger Gebiet auch kein Problem. Aufgrund der dichten Bebauung stehen in Leipzig sowieso nur 0,3 Prozent des Stadtgebietes zum Ausbau von Windkraft zur Verfügung. Weit entfernt vom 2-Prozent-Flächenziel, das für ganz Sachsen gilt und das die aktuelle Minderheitsregierung von CDU und SPD gern wieder aufweichen möchte.
Völlig unverständlicherweise, denn mit dem Erfüllen des 2-Prozent-Ziels würde Sachsen endlich auf einen Weg kommen, beim Windkraftausbau zu anderen Flächenländern aufzuschließen.
Aber während der Planungsverband Westsachsen mit der Diskussion um Windvorranggebiete schon so weit ist, dass gerade die Beteiligung der Kommunen läuft, kleckern gerade die Planungsverbände in Ostsachsen hinterher und beeinflussen damit die eh schon nicht mutige Landespolitik.
Ein Grund dafür ist die überall spürbare Bremserrolle der AfD, die sich längst zum Sprachrohr der sogenannten Windkraftgegner gemacht hat und auf allen Ebenen versucht, den Windkraftausbau zu bremsen oder gar zu verhindern.
Mit windigen und den bekannten alten Argumente, die an diesem 26. Juni insbesondere AfD-Stadtrat Marius Beyer ausbreitete. Der so nebenbei auch durchblicken ließ, dass er überhaupt nicht weiß, warum Windkraftanlagen heute statt nur 90 Meter hoch, bis zu 243 Meter hoch werden.
Da geht es weder um Landschaftsbild, Schlagschatten noch Infraschall, die jenseits von 1.000 Meter Abstand sowieso keine Rolle spielen. Denn gerade in der Höhe steckt das Repowering: Die Windräder kommen dadurch in wesentlich windstärkere Luftschichten und ihre Leistung kann sich bis zum Zwölffachen der Leistung der alten Anlagen erhöhen. Es geht um mehr Strom auf derselben Fläche.
Zukunftsthema: Speicheranlagen
Berechtigterweise fragte CDU-Stadtrat Karsten Albrecht, wo denn dann dieser ganze Strom gespeichert werden soll, da die Vorlage ja nun keine Angaben zum Speichern enthalte. Eine solche Angabe findet sich wohl, ist aber natürlich noch nicht konkret. Denn für Speicheranlage braucht es keine Vorranggebiete.
Und Windkraftanlagenbetreiber sind gut beraten, solche Speicher mitzuplanen, denn nur so können sie absichern, dass ihr Strom nicht abgeklemmt wird, wenn Wind und Sonne das Netz zu überlasten drohen. Heute geht dieser Strom meist verloren, obwohl man ihn gerade für die Flautezeiten gut speichern könnte. Das Thema kommt also noch.
Und während Baubürgermeister Thomas Dienberg und OBM Burkhard Jung kein Problem damit hatten, den Antrag aus Hartmannsdorf-Knautnaundorf mit in die Stellungnahme der Stadt zu übernehmen, war das bei den Anträgen aus dem Ortschaftsrat Engelsdorf völlig anders.
Nicht nur, dass Engelsdorf von den Leipziger Windvoranggebieten überhaupt nicht betroffen ist – alle fünf Änderungsanträge aus dem Ortschaftsrat im Osten Leipzigs zielten letztlich darauf ab, die Vorschläge des Planungsverbandes Westsachsen wieder aufzuweichen – unter anderem durch die Einforderung, das Ausweisungsziel wieder von 2 Prozent der Landesfläche auf 1,3 Prozent zu senken.
Das hätte für den Planungsverband bedeutet, den ganzen Planungsprozess zu stoppen und wieder von vorn anzufangen.
Engelsdorfer Bremsklötze
AfD-Stadtrat Marius Beyer deutete zumindest an, dass genau das auch Ziel dieser Anträge war. Er ist genauso Mitglied in diesem Ortschaftsrat wie SPD-Stadträtin Anja Feichtinger, die in der Sitzung am 26. Juni bestätigte, dass sie selbst gegen diese Änderungsanträge gestimmt hatte.
In der Ratsversammlung fielen dann auch sämtliche Anträge aus dem Ortschaftsrat Engelsdorf durch. Auch ein Antrag, der durchaus ein wichtiges Kriterium in die Diskussion brachte: die Berücksichtigung von Bodenrichtwertzahlen bei der Planung von Photovoltaik-Anlagen.
Aber dazu hatte Anja Feichinger selbst einen eigenen Antrag geschrieben, den OBM Burkhard Jung als Prüfauftrag für die Stadt übernahm. Denn natürlich ergibt es Sinn, Photovoltaik möglichst nur dort zu planen, wo dann nicht gerade die wertvollen Böden mit einer Bodenrichtwertzahl über 50 verschattet werden.
Der Stellungnahme der Stadt zum Entwurf der „Teilfortschreibung Erneuerbare Energien“ des Regionalplans Leipzig-Westsachsen stimmten am Ende 41 der anwesenden Städträtinnen und Stadträte zu. Nur die AfD-Fraktion stimmte mal wieder dagegen. Da helfen auch keine guten Argument, wie sie Baubürgermeister Thomas Dienberg zur Begründung der Vorlage vorgebracht hatte.
Denn hier geht es nicht nur um die künftige Energieversorgung und die Sicherung des nötigen Stroms für eine Stadt, die schon heute 2.000 Gigawatt Strom verbraucht – künftig aber wohl 4.000 Gigawatt braucht und dringend auf Stromlieferungen aus den Landkreisen angewiesen ist. Da sei es nur fair, dass die Stadt das Mögliche tue, um so viel Strom wie möglich auch auf eigenem Gebiet zu erzeugen.
Aber die AfD-Fraktion stimmte auch gegen die Vorlage, die sichern soll, dass die direkt betroffenen Ortschaften künftig auch finanziell an den Erträgen der Windkraftanlagen auf ihrem Gebiet beteiligt werden. So gesehen war die Lobhudelei von AfD-Stadtrat Christian Kriegel auf den Ortschaftsrat Hartmannsdorf-Knautnaundorf schlicht unanständig. Denn ganz offensichtlich gönnt die AfD den betroffenen Ortschaften auch dieses Geld nicht. Die Vorlage bekam mit 45:10 Stimmen trotzdem die nötige Mehrheit.
Genauso wie die dritte Vorlage zum Repowering der Windkraftanlagen in Hartmannsdorf-Knautnaundorf. Hier geht es auch um die zwei Anlagen, die weniger als 1.000 Meter entfernt zur Ortslage stehen und nun deutlich erhöht werden sollen. Auch das bekam mit 42:10 Stimmen bei sechs Enthaltungen die nötige Zustimmung.
Nur die Kommunikation bei solchen Themen müsse besser werden, mahnte CDU-Stadtrat Markus Mündlein an. Die betroffenen Ortschaftsräte hätten schlicht ein Recht darauf, frühzeitig in solche Entscheidungen einbezogen zu werden.