Das Filmfestival im tschechischen Karlovy Vary, rund fünf Stunden Bahnfahrt entfernt im Süden von Leipzig, ist die kleine Schwester der großen A-Festivals in Berlin, Cannes und Venedig. Während sich die Medienschaffenden an der Côte D’Azur die Beine in den Bauch stehen und das Publikum am Potsdamer Platz friert, ist der Festivalbesuch in Vary eine echte Erholung für Cineasten. Hier sind die Highlights des Jahres zu sehen, neue Filme von Celine Song und Joachim Trier, Retrospektiven mit Filmklassikern von Michael Curtiz und John Berry oder Horrorklassiker wie »Texas Chainsaw Massacre« – Das Programm ist herrlich vielfältig. Das Herzstück ist der Wettbewerb um den Chrystal Globe mit Weltpremieren u.a. aus Tschechien, Frankreich, dem Iran und den USA. Ein Highlight in diesem Jahr ist die Präsentation einer restaurierten Kopie von »Einer flog übers Kuckucksnest« mit Produzent Michael Douglas. Stellan Skarsgård, Vicky Kriebs, Peter Sarsgaard und Dakota Johnson haben außerdem ihr Kommen angekündigt und präsentieren ausgewählte Filme. Das alles in einem entspannten, sommerlichen Kurstädtchen, das ohnehin immer eine Reise wert ist. Filmkur eben.

»59. Karlovy Vary International Film Festival«: 4.-12.7., Karlovy Vary

Film der Woche: Der kleine Staat Bhutan erlangte weltweite Berühmtheit, als dessen König Wangchuck in den 1960er Jahren erstmals das »Bruttonationalglück« seiner Bevölkerung ermitteln ließ. Seine Politik sollte nach den Bedürfnissen des Volkes ausgerichtet sein, nicht nach dem individuellen Streben nach Profit. Aber ist Bhutan deshalb heute das glücklichste Land der Erde? Die Dokumentarfilmer Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó begleiten den Beamten Amber Gurung und seinen Kollegen auf einer Reise quer durchs Land, von Tür zu Tür. Mit ihrem Kleinwagen sind sie unterwegs durch Berg und Tal und denken dabei über ihre eigenen Träume, Ziele und Wünsche nach. Sie reden mit den Menschen und ordnen ihr persönliches Glücksempfinden in ein Raster ein. Aber wie viel sagt das über das Schicksal der Menschen aus und sind die Inspektoren selbst eigentlich glücklich? Die Frage nach dem eigenen Glück stellt sich auch unweigerlich der Zuschauer dieses außergewöhnlichen Dokumentarfilms, der seine Premiere beim Sundance Filmfestival feierte. Mit wunderschönen Landschaftenpanoramen erzählt er mal heiter, mal nachdenklich vom Leben in Bhutan und vom Glück, das sich eben nicht nur am materiellen Besitz messen lässt. »Agent of Happiness« stellt ganz grundsätzliche Fragen des Lebens und zeigt, was Menschen verbindet. Ein Film, der einfach glücklich macht.

»Agent of Happiness«: ab 3.7., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling

Als sein gewalttätiger Bruder Mirko vorzeitig aus der Haft entlassen wird, beginnt für Kai ein wahnwitziger Wettlauf gegen die Zeit. Denn Kai schuldet Mirko Geld – viel Geld. Bei dem Versuch seine Schulden zu begleichen, gerät Kai in eine fatale Gewaltspirale, während die Uhr im Hintergrund bedrohlich tickt.

Regisseur Damian John Harpers Abschlussfilm »Los Angéles« wurde als »bester abendfüllender Spielfilm« mit dem First Streps Award ausgezeichnet. Mit »Woodwalkers« hat sich der Regisseur im letzten Jahr erfolgreich ins Fantasy-Genre gewagt. Mit seinem dritten FIlm »Frisch« adaptierte Harper den mit dem Arts Foundation Preis ausgezeichneten gleichnamigen Roman von Mark McNay als spannenden Gangsterthriller.

»Frisch«: ab 3.7., Passage-Kinos, Regina-Palast

Um ihren vierzigjährigen Hochzeitstag zu feiern, bekommen Gerda und Kristoffer eine Reise nach Rom geschenkt, wo Gerda vor ihrer Hochzeit Kunst studierte. Die Leichtigkeit der Reise wird unterbrochen, als ein Schatten aus der Vergangenheit auftaucht: Gerdas ehemaliger Lehrer und Liebhaber Johannes. Bezaubert und belebt von seiner charmanten Art, erinnert sich Gerda an ihren Jugendtraum, Künstlerin zu werden und ihre Geheimnisse aus dieser Zeit. Kristoffer ahnt bald, dass zwischen Gerda und Johannes mehr als nur eine freundschaftliche Beziehung besteht. Er ist verwirrt und seine Zweifel treiben ihn in absolut absurde Situationen. Die Ewige Stadt entfacht in Gerda eine neu entdeckte Lebendigkeit. Entscheidet sich auf dieser Reise die Zukunft ihrer gemeinsamen Ehe?

Mit »Bella Roma – Liebe auf Italienisch« lieferte Regisseur Niclas Bendixen einen Kino-Hit in seinem Heimatland Dänemark. Mit über 300.000 Besuchern avancierte der Film zum erfolgreichsten dänischen Film des Jahres 2024.

»Bella Roma – Liebe auf Italienisch«: ab 3.7., Passage-Kinos

Weitere Filmtermine der Woche

Eat Pray Love
USA 2010, R: Ryan Murphy, D: Julia Roberts, Javier Bardem, Richard Jenkins, 133 min

Selbstfindungstrip à la Hollywood mit Julia Roberts.

Pauluskirche Grünau, 04.07. 21:00 (Grünauer Kultursommer)

Every Note You Play
FIN 2024, Dok, R: Mika Kaurismäki, 82 min

Ein musikalisches Experiment, bei dem 16 Musikerinnen und Musiker vor Publikum zusammenkommen. Einen Plan gibt es nicht, alles muss sich über drei Tage hinweg organisch formen.

Passage-Kinos, 03.07. 18:00 (Musikkiste)

Land and Freedom
GB/ESP/D/I 1994

„Ein im dokumentarischen Stil inszeniertes, von überzeugenden Darstellern getragenes Plädoyer für Demokratie und Freiheit, das die Utopie von einer gerechteren Welt beschwört.“

Raum der Zeit, 04.07. 20:00 (im Anschluss Diskussion/Gespräch)

Memoiren einer Schnecke
AUS 2024, R: Adam Elliot, 95 min

Zehn Jahre nach seinem preisgekrönten Erfolg »Mary & Max« beschenkt uns der Australier Adam Elliot erneut mit einem herzzerreißend schönen Stop-Motion-Juwel.

Kinobar Prager Frühling, 04.07. 19:00 (OmU, Preview)
Passage-Kinos, 07.07. 20:30 (Freaky Monday, OmU)

Der Weedtrain der never ancame
D 2025, 45 min

Eine Kartoffel-Western-Mockumentary über den Untergang der Industriekultur in den quirligen Zeiten der Cannabislegalisierung.

Kinobar Prager Frühling, 04.07. 21:00 (mit Gästen und Gespräch)

Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück
CAN/D/GB/USA/ZA 2014, R: Peter Chelsom, D: Simon Pegg, Rosamund Pike, Tracy-Ann Oberman

Eines Tages, ausgerüstet mit eimerweise Mut und kindlicher Neugier, beschließt der Londoner Psychiater Hector seine Praxis und seinen Alltag hinter sich zu lassen und sich nur noch dieser Frage zu widmen: Gibt es das wahre Glück?

Pauluskirche Grünau, 04.07. 21:00 (Grünauer Kultursommer)

Sisterqueens
D 2024, Dok, R: Clara Stella Hüneke, 97 min

Doku über drei jugendliche Mädchen – Jamila, Rachel und Faseeha – die an einem Rap-Projekt in Berlin teilnehmen.

2cl – Sommerkino auf Conne Island, 10.07. 21:30 (OmeU, DOK Leipzig Sommerkino)

A Bigger Splash
I/F 2015, R: Luca Guadagnino, D: Tilda Swinton, Matthias Schoenaerts, Ralph Fiennes, 125 min

Pantelleria im Süden Italiens, eine Oase der Ruhe für die Rocksängerin Marianne und ihren Freund Paul. Bis ihr alter Freund Harry mit seiner attraktiven Tochter Penelope in das Idyll einfällt – mit fatalen Folgen. Hommage an Jacques Derays »Der Swimmingpool« von Luca Guadagnino.

Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 05.07. 22:00 (OmU)

Weisheit des Glücks
CH 2024, Dok, R: Barbara Miller, Philip Delaquis, 90 min

Doku über Leben und Wirken sowie die Gedankenwelt des Dalai Lama.

Passage-Kinos, 06.07. 13:00 (Special zum 90. geburtstag des Dalai Lama, OmU)

Barbie
USA/GB 2023, R: Greta Gerwig, D: Margot Robbie, Ryan Gosling, Emma Mackey, 115 min

Aus dem weltbekannten Plastikpüppchen machen Greta Gerwig und Noah Baumbach eine kluge, kämpferische Komödie für die Rechte und Wahrnehmung von Frauen in der Gesellschaft.

Marktplatz Schkeuditz, 11.07. 22:00 (DHL Sommerkino)

John Wick
USA 2014, R: Chad Stahelski, D: Keanu Reeves, Michael Nyqvist, Alfie Allen, 101 min

Ein Ex­-Auftragskiller sinnt auf Rache für die Ermordung seines ge­liebten Hundes. Actionfest mit Keanu Reeves.

Parkschloss Leipzig, 10.07. 19:30

Dirty Dancing

Eine Tochter aus gutem Hause verliebt sich in einem Ferienhotel in den sechziger Jahren in einen Tänzer. Rhythmische Romanze, die inzwischen ebenso Kultstatus genießt wie ihr Soundtrack.

Parkschloss Leipzig, 11.07. 19:30

Apocalypse Now
USA 1979, R: Francis Ford Coppola, D: Martin Sheen, Marlon Brando, Dennis Hopper, 183 min

Francis Ford Coppolas Albtraum Vietnam in einer neuen, restaurierten Schnittfassung

Bibliotheca Albertina, 09.07. 19:00 (OmU, Reihe »New Hollywood«)

Cassia
D 2024, Dok

Cassia Curiouss, eine junge Drag Queen aus Halle (Saale), erzählt geschminkt und ungeschminkt von ihrer Gender Identity, von Akzeptanz, vom Anecken innerhalb der Community, von der Beziehung zu ihrer Familie und vom Aufwachsen als queere Person in einem kleinen Dorf im Osten Deutschlands.

Ost-Passage-Theater, 09.07. 20:00

Der Gesang der Flusskrebse
USA 2022, R: Olivia Newman, D: Daisy Edgar-Jones, Taylor John Smith, Harris Dickinson, 125 min

Krimi in den Sümpfen von North Carolina, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Delia Owens.

Passage-Kinos, 11.07. 20:00 (mit anschließender psychoanalytischer Betrachtung, Psychoanalyse trifft Film)

Elvis
USA 2022, R: Baz Luhrmann, D: Austin Butler, Alton Mason, Kodi Smit-McPhee, 159 min

Elvis-Biografie vom überbordenden Kino-Magier Baz Luhrmann (»Moulin Rouge«).

Cineplex, 09.07. 19:30

Eraserhead
USA 1977, R: David Lynch, D: Jack Nance, Charlotte Stewart, Allen Joseph, 89 min

Der Nobody Henry und seine Freundin Mary bekommen ein Kind. Das ist allerdings ein wahres Monstrum und lässt das Paar einen Albtraum erleben, aus dem es nur ein böses Erwachen geben kann.

Kinobar Prager Frühling, 06.07. 20:00 (In Memoriam David Lynch, OmU)

Heimat To Go − Vom Glück im Schrebergarten
AU 2021, R: Stanislaw Mucha, 89 min

Refugium, Projektionsfläche, Sehnsuchtsort: Schrebergärten boomen, besonders in der heutigen Zeit. Das verstaubte Spießerimage von Kleingartenanlagen ist passé.

Zeitgeschichtliches Forum, 07.07. 19:00 (Reihe »Alles im grünen Bereich? Freud und Leid im Garten«)

Nope
USA 2022, R: Jordan Peele, D: Daniel Kaluuya, Keke Palmer, Barbie Ferreira, 130 min

Über den dritten Spielfilm von »Get Out«-Regisseur Jordan Peele sollte man im Vorfeld möglichst wenig wissen, aber wer seine Werke kennt, darf sich auf außergewöhnlichen Horror mit gesellschaftskritischen Untertönen freuen.

Passage-Kinos, 11.07. 20:30 (mit Einführung und Gespräch, OmU, Passagen Werke Alien Invasion)

Schwesterlein
D/CH 2020, R: Stéphanie Chuat, Véronique Reymond, D: Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, 101 min

Lisa gibt ihre eigene Familie auf, um sich um ihren krebskranken Bruder Sven zu kümmern. Schauspielerkino mit Nina Hoss und Lars Eidinger.

Passage-Kinos, 07.07. 18:15 (Special zum 50. Geburtstag von Nina Hoss)

The Property
IL/PL 2024, R: Dana Modan, D: Rivka Michaeli, Sharon Strimban, Andrzej Seweryn, 110 min

Regina und ihre Enkelin Mika begeben sich auf eine Reise nach Polen, um ihren im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten Familienbesitz zurückzuholen. Doch ihr Vorhaben gerät schnell aus den Fugen.

Passage-Kinos, 09.07. 18:00 (Film und Gespräch, Filmreihe Rückkehr, OmeU)