Armes Leipzig. Mit Ach und Krach haben Verwaltung und Stadtrat für die Jahre 2025 und 2026 einen Haushalt zusammengeschnürt, der aus Sicht der Stadt eigentlich genehmigungsfähig ist. Beschlossen hat ihn der Stadtrat im März. Genehmigt hat ihn die Landesdirektion bis heute nicht. Stattdessen werden immer neue Konsolidierungsprogramme nachgeschoben. Und am 26. Juni ging es in der Ratsversammlung eigentlich um Geld, das 2024 nicht ausgegeben wurde, also ins Jahr 2025 übertragen werden könnte.
Die Summe war freilich schon um ein Vielfaches kleiner als in den Vorjahren: 14.500.814,30 Euro aus Projekten, die 2024 begonnen, aber noch nicht abgerechnet waren. Entscheidend ist dafür ist ihre Zweckgebundenheit. Dazu dann noch 5.288.184,13 Euro, die „aufgrund der Notwendigkeit ihrer Fortführung zwingend in das Haushaltsjahr 2025 zu übertragen“ sind. „Sie werden deshalb nachträglich für das Haushaltsjahr 2024 für übertragbar erklärt.“
Dabei scheint Finanzbürgermeister Torsten Bonew noch strenger vorgegangen zu sein als in den Vorjahren. Sodass es auch Finanzposten erwischte, die im Vorjahr noch problemlos übertragbar waren – wie etwa 44.475 Euro für die Förderung von freier Kunst und Kultur. Damit werden in der Regel Klein- und Kleinstprojekte gefördert. Für diesen Posten machten sich sowohl Grüne wie Linke stark. Und Linke-Stadträtin Mandy Gehrt wollte einfach nicht fassen, dass diesmal eine Übertragung der Mittel nicht möglich sein sollte.
Ein drohendes Defizit?
Das Problem – so OBM Burkhard Jung: Den Geldern fehlt ihre konkrete Zweckgebundenheit. Ein Wort, das in der Debatte am 26. Juni immer wieder aufkam. Nur ist etwas anders als vor einem Jahr: Leipzig hat keinen genehmigten Haushalt. Und steckt – wie Burkhard Jung es ausdrückte – in einer „angespannten Haushaltslage“. An einer Stelle der Diskussion sprach er sogar von einem Defizit.
Aber ob Leipzig 2025 überhaupt in ein Defizit hineinfährt, ist völlig offen. All die rigiden Sparmaßnahmen können am Ende auch dazu führen, dass Leipzig – wie in den letzten Jahren – wieder ein Plus im Haushalt erwirtschaftet.
Statt eines (geplanten) Defizits hat Leipzig 2024 ein Plus erwirtschaftet. Grafik: Stadt Leipzig
Und 2024 war – genauso wie 2023 – ein Jahr, in dem Leipzig ein deutliches Plus im Ergebnishaushalt erwirtschaftet hat. Nach den ersten Hochrechnungen, die dem Stadtrat ebenfalls am 26. Juni vorgelegt wurden – klare und eindeutige 30,4 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt waren es 22 Millionen Euro.
Für 2024 gibt es also kein Defizit, wenn man davon absieht, dass Leipzig seine Investitionen fast vollständig aus neu aufgenommenen Krediten finanzieren musste. Ein klares Zeichen dafür, dass die Stadt nicht mehr auskömmlich finanziert ist.
Mit einer Kreditneuaufnahme von 482 Millionen Euro hat Leipzig binnen eines Jahres seine Schulden von 524 Millionen Euro auf 1.007 Millionen Euro erhöht. Die Ängste von OBM Burkhard Jung, dass Leipzig auf diese Weise bald nicht mehr handlungsfähig ist, sind nur zu berechtigt. Und auch sein Bemühen, jede auch noch so kleine Erhöhung der Ausgaben zu vermeiden.
Leipzigs Schulden explodieren. Grafik: Stadt Leipzig
Weshalb er mehrfach betonte, dass er keinen einzigen der vier Wünsche aus dem Antrag der Grünen-Fraktion zustimmen könnte und auch die Übertragung der Mittel für die Kultur, wie sie auch die Linksfraktion beantragt hatte, nicht genehmigungsfähig wäre.
Anders als die 5,1 Millionen Euro für die Tourismusförderung, die Mandy Gehrt infrage stellte. Aber diese 5,1 Millionen Euro stammen nicht aus Steuereinnahmen im allgemeinen Sinn, sondern aus der Beherbergungssteuer, für die der Stadtrat beschlossen hat, dass die Hälfte dieser Einnahmen direkt in die Tourismusförderung fließen sollen.
Strenge Auflagen durch die Landesdirektion
Aber es gibt wohl auch schon eine Stellungnahme der gestrengen Landesdirektion zu dieser Übertragung von Mitteln aus dem Jahr 2024 ins Jahr 2025. Danach – so stellte selbst Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) fest – würde ein möglicher Stadtratsbeschluss zu weiteren Übertragungen sofort kassiert werden. Die Spielräume des Stadtrates, weitere Mittel ins Jahr 2025 zu übertragen, waren also gleich null. Auch wenn selbst OBM Jung die Anträge durchaus sympathisch fand.
Das Ergebnis: Alle vier Anträge der Grünen, weitere Gelder ins aktuelle Haushaltsjahr zu übertragen, wurden von der Stadtratsmehrheit abgelehnt. Neben den 44.000 Euro für die freie Kunst und Kultur waren das 300.000 Euro für Vorplanungen der Stadt, 83.000 für die Verkehrsplanungen und rund 7.500 Euro für Projekte der Stadtbezirksbeiräte. Und Katharina Krefft, die für den Grünen-Antrag warb, hat wohl gerade in Bezug auf die Vorplanungen recht, dass das Leipzig später auf die Füße fallen wird, wenn Vorplanungen für wichtige Bauprojekte fehlen.
Die dann aber wohl auch nicht umgesetzt werden, weil auch die Kreditgrenze, die der Freistaat der Stadt setzt, alsbald gerissen wird. Eine tatsächlich beängstigende Situation, die durch eine völlig aus dem Lot geratene Finanzpolitik auf Bundes- und Landesebene ausgelöst wurde, in der den Kommunen milliardenschwere Sozialkosten aufgehalst wurden, die diese aus ihrem eigenen Budget bestreiten müssen, ohne dafür Kompensation zu erhalten. Das kann nicht gut gehen.
Und eigentlich ist jetzt schon absehbar, dass auch in Sachsen bald die ersten Kommunen Insolvenz anmelden müssen, weil diese Art Geldpolitik sie in die Knie zwingt. Die Sonntagsreden um eine Stabilisierung der Kommunalfinanzen können sich die zuständigen Politiker einfach sparen, wenn sie nicht den Mumm haben, das deutsche Steuersystem endlich wieder in Ordnung zu bringen.
Die kleinen Einsparmaßnahme wie in diesem Fall der abgelehnten Übertragungen sind da bestenfalls ein Tropfen auf einem heißen Stein. Und irgendwie fehlte dann auch noch Linke-Stadträtin Olga Naumov eine transparente Übersicht darüber, welche Finanzposten alle nicht übertragen wurden. So eine Übersicht dürfte noch einige Überraschungen beinhalten. Und noch deutlicher machen, wie eine falsche Geldpolitik in Bund und Land Städte wie Leipzig an den Rand der Handlungsunfähigkeit drängt.
Die Vorlage der Stadt selbst wurde mit 51 Ja-Stimmen bei acht Enthaltungen angenommen.