Eigentlich ging es beim letzten Beschlusspunkt in der Ratsversammlung vom 25. Juni nur um eine simple Gebührensatzung. Wenn auch gleich für mehrere Einrichtungstypen in Leipzig: „Satzung über die Benutzung und die Gebühren in Unterkünften für Wohnungslose, Asylbewerber/-innen und Spätaussiedler/-innen sowie andere ausländische Personen in Leipzig“.
Was müssen also Bedürftige zahlen, wenn sie in diesen Einrichtungen unterkommen? Aber wer so tickt wie ein Marius Beyer aus der AfD-Fraktion, der malt bei so einem Thema gleich das Bild randalierender Asylbewerber in den Raum. Genau das hat Beyer getan, auch wenn er es am 25. Juni abstritt.
Tatsächlich hatte die AfD-Faktion nicht einmal einen Änderungsantrag zur Vorlage der Stadt geschrieben, die einfach die neuen Gebührensätze aufgrund der tatsächlich anfallenden Kosten ausgerechnet und angepasst hat. Ein simpler Verwaltungsakt.
Nein, die AfD-Fraktion hat einen Extra-Antrag verfasst, die Stadt solle auch noch einen Bußgeldkatalog aufsetzen, „der ordnungswidriges Verhalten definiert und mit einer Geldbuße belegt“. Und Beyer ließ sich eben nicht die Gelegenheit entgehen, ein Bild von randalierenden und die Einrichtung zerstörenden Asylbewerbern zu malen.
Ein Bild, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat, wie Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch feststellte. Die einfach auch daran erinnerte, dass alle Gemeinschaftsunterkünfte Hausordnungen haben, die von den Betreibern der Einrichtungen auch auf Einhaltung kontrolliert werden.
Marius Beyer (AfD) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer
Wer trotzdem Dinge beschädigt, kann auch so zur Kasse gebeten werden, wie im Lauf der Diskussion auch FDP-Stadtrat Sven Morlok in seiner schönen sachlichen Art feststellte. Und wenn richtig Schaden angerichtet wurde, könne das deutlich teurer werden als ein Bußgeld nach Bußgeldkatalog. Wobei auch er es für ziemlich irreführend hält, dass die Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften einfach so aus schlechter Laune heraus die Einrichtung zertrümmern.
Das ist dann wohl wirklich nur ein Bild aus den feurigen Träumen von AfD-Mitgliedern, die sich nicht vorstellen können, dass in diesen Unterkünften ganz normale Menschen leben, die froh sind, wenn die Haushaltsgeräte funktionieren und sie einen halbwegs normalen Alltag leben können.
Sven Morlok (Freie Fraktion/FDP) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer
Oder einmal so formuliert: Die Gespenster von den Randalierern und Zerstörern existieren vor allem in den Köpfen von AfD-Politikern und ihren Wählern. Abgekupfert hat Beyer die Idee übrigens im Landkreis Vorpommern-Rügen. Es ist einer der vielen Landkreise in Ostdeutschland, wo mittlerweile AfD und CDU die Mehrheit haben (in diesem Fall 38 von 69 Sitzen) und die CDU ganz offensichtlich keine Probleme damit hat, die Märchen der AfD zu übernehmen.
Ein zusätzlicher, völlig sinnloser Verwaltungsaufwand
Und Dr. Martina Münch wies auch ganz ruhig darauf hin, dass man solche Bußgelder von den Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften wohl gar nicht eintreiben könnte, weil kaum einer von ihnen im Monat so viel Geld zur Verfügung hat, dass er damit den Pfändungsfreibetrag von 1.400 Euro überschreiten würde.
Ein Bußgeldkatalog würde also eine regelrechte amtliche Verfolgungsmaschine in Gang setzen, jede Menge Mehrarbeit verursachen, aber am Ende schlicht kein Ergebnis haben. Und völlig nutzloser sein als die aktuelle normale Hausordnung, nach der mutwillige Zerstörungen an der Einrichtung durchaus belangt werden können.
Es ging Marius Beyer also wieder einmal nur um Show und das Ausmalen eines Weltbildes, mit dem die AfD die Mär vom gewalttätigen Ausländer immer wieder verfestigen möchte. Den Bußgeldkatalog sollte es nach AfD-Wille auch nur für die Gemeinschaftsunterkünfte geben, nicht für die Unterkünfte von Obdachlosen und Spätaussiedler/-innen. Dass auch Teile der CDU-Fraktion solche falschen Bilder von Asylsuchenden pflegen, macht die Sache nicht besser. Der AfD-Antrag wurde mit 15:37 Stimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt.
Ausnahmen für Selbstzahler sind nicht möglich
Abgelehnt wurde auch ein tatsächlicher Änderungsantrag zur Vorlage des Sozialdezernats, nämlich ein Antrag der Linksfraktion, die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft bei den nun steigenden Gebühren zu entlasten, den Linke-Stadträtin Beate Ehms vorstellte. Insbesondere die Selbstzahler/-innen, also die Personen, die es schon geschafft haben, eine bezahlte Erwerbstätigkeit zu finden, aber noch keine eigene Wohnung.
Aber auch hier warnte Martina Münch, weil selbst eine nur teilweise Übernahme der Kosten den Haushalt der Stadt belasten würde. Und vielleicht auch gar nicht motivierend wäre, denn es ist ja gewollt, dass die Menschen, die schon einen Aufenthaltstitel haben, möglichst bald eine Arbeit finden und sich eine eigene Existenz aufbauen können. Und viele finden im Lauf der Zeit dann auch eigene Wohnungen, auch wenn die Suche manchmal ein bis zwei Jahre dauert.
Auch der Linke-Antrag bekam mit 22:32 Stimmen keine Mehrheit. Obgleich wenn er davon zeugt, dass man auf die asylsuchenden Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften auch anders schauen kann als die Menschenverächter aus dem rechten Spektrum.
Die Gesamtvorlage, die jetzt im Grunde nur die neuen Gebühren für die Unterkünfte regelt, bekam dann die notwendige Mehrheit von 37:10 Stimmen bei elf Enthaltungen.