Als ich den Beruf des Journalisten gelernt habe, galt die Devise: Bloß nicht übers Wetter schreiben! Das sei ein Indiz dafür, dass einem zu dem Termin, auf dem man war, nichts eingefallen sei. Langweilig also. Heute ist das Wetter der heiße Scheiß – zuletzt im wahrsten Sinne des Wortes.

Wir bereiten uns medial auf besondere Wetterlagen vor, planen Geschichten über die nächste Hitzewelle und das verlässlich darauf folgende Unwetter. Die beiden heißen Tage im Altkreis in dieser Woche waren schon Tage vorher Thema. Wie heiß wird es nun? Knacken wir die 40 Grad? Was darf man eigentlich bei Hitze tun – und was sollte man lieber lassen?

Ein wenig hat sich in der Öffentlichkeit ein Mix aus Sorge und Sensationslust ausgebreitet. Wie schlimm wird es diesmal? Letztlich macht auch das „Haller Kreisblatt“ beim Wetter-Hype ein wenig mit – so ehrlich müssen wir sein. Mein Kollege Uwe Pollmeier hat gerade eine – natürlich sehr lesenswerte – Reportage über einen heißen Nachmittag in der Haller Innenstadt geliefert und ist mutig durch die flirrende Hitze getapert. Andre Schneider legt mit einem launigen Bericht über den Besuch im Parkbad bei 37 Grad nach.

„Brennpunkt“ zur Hitze – geht das zu weit?

Fällt uns jetzt also auch nichts mehr ein, dass wir andauernd über das Wetter berichten müssen? Nach der Tagesschau gab es vor Kurzem sogar einen „Brennpunkt“ zum Thema Hitzewelle. Was eine Kollegin zu dem Kommentar veranlasste: „Das Klima sollte der Brennpunkt sein, nicht das Wetter!“ Da hat sie im Kern natürlich recht – aber natürlich sind in diesen Tagen vor allem im Netz auch weit plumpere Rückmeldungen unterwegs. Motto: Es ist heiß draußen? Wie überraschend, das nennt man Sommer.

Dieser Zynismus ist natürlich unerträglich. Hinter ihm verbirgt sich auch die hilflose Hoffnung, alles möge doch bitte immer so bleiben, wie es schon immer war. Bleibt es aber nicht, wie meine Kollegin ja selbst andeutete: Das Klima ist der Brennpunkt.

Hinter den hämischen Netzkommentaren steckt ja der Vorwurf, die Medien würden Panik verbreiten, um sensationsheischend ihre Klickzahlen nach oben zu treiben. Weil Wetter „gut funktioniert“, wird es unermüdlich beackert. Von mir übrigens gerade auch schon wieder …

Aus manchem Artikel trieft die Sensationslust

Trockenheit im Naturschutzgebiet Versmolder Bruch. Das Klima hinterlässt Spuren. - © Tasja Klusmeyer

Trockenheit im Naturschutzgebiet Versmolder Bruch. Das Klima hinterlässt Spuren.
(© Tasja Klusmeyer)

Und aus manchem Artikel trieft die Sensationslust tatsächlich heraus – da ist in jeder Zeile das wohlige Grausen zu spüren, das sich bei „Temperaturen von bis zu 40 Grad“ einstellt. Gefolgt von der Gänsehaut, die sich ergibt, wenn man dann vor den folgenden „schweren Unwettern“ warnt. Und schon hängen wieder alle an den Wetter-Apps und gieren nach der Info, wie stark die Orkanböen nun werden.

Also – auch wenn manche ewig Gestrigen unsachlich stänkern – liegt der Befund nicht auf der Hand? Das dauernde Reden, Schreiben und Senden übers Wetter ist nichts als geschickt kaschierte Panikmache, die Aufmerksamkeit garantiert.

Zum Thema: Temperatur-Rekord in Versmold! Freibad-Mitarbeiter sind am Limit

So einfach ist es (leider) nicht. Denn natürlich haben sich Dinge geändert. In meiner Kindheit waren 30 Grad ein echt heißer Tag – heute müssen meine Kinder (und ich natürlich auch) mit 37 Grad klarkommen. Und das sind dann auch keine „Jahrhundertereignisse“ mehr, die extremen Hitzewellen nehmen zu. Wir würden nicht mehr über Hitze berichten, wenn es sie nicht öfter geben würde.

Das Klima verändert unser aller Leben

Und die besorgniserregenden Rekorde sind nun einmal ein Fakt: 46 Grad in Südspanien gab es im Juni noch nie – nachts sanken die Temperaturen dort nicht unter 30 Grad. Ja, das ist bedrohlich. Und auch bei uns wird es dauerhaft wärmer: Klima eben, nicht nur Sommerwetter.

Über diese Entwicklungen zu berichten, ist wichtig. Weil sie Auswirkungen auf unser Leben haben. Und darum gilt es, ein Bewusstsein bei den Menschen dafür zu schaffen. Vielleicht sollten „wir Medien“ das manchmal etwas weniger aufgeheizt tun – damit die Botschaft noch verfängt und nicht als mediales Rauschen abgetan wird. Wir haben ja jetzt ein paar kühlere Tage, um alle in Ruhe darüber nachzudenken.

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