Solange es keine anderen Baugesetze gibt, werden Beschlüsse zu Bauvorhaben in der Stadt immer nur Kompromisse sein. Nicht ganz einfache Kompromisse, schon gar nicht da, wo nach Paragraf 34 des Baugesetzes sowieso schon Baurecht besteht. Und das besteht auf vielen Leipziger Brachen, auf denen in den letzten 35 Jahren kühlendes Grün gewachsen ist. Grün, das man eigentlich in einer sich aufheizenden Stadt dringend braucht. Weshalb gerade die Anwohner der Fläche am Gerichtsweg / Ecke Täubchenweg vehement um den Erhalt der Grünfläche gekämpft haben.

Doch die Fläche gehört nicht der Stadt. Die Spielräume der Stadt sind also eng, wenn sie hier etwas anderes will als ein einfaches „Ja“ zu den Bauplänen der Grundstückseigentümers, der auf dem einst hier befindlichen Fabrikgelände neue Wohnungen bauen will. Man habe mit dem Eigentümer AOC auch intensiv verhandelt, berichtete Baubürgermeister Thomas Dienberg in der Ratsversammlung am 25. Juni. Und man habe dabei auch eine kooperative Haltung des Bauherren vorgefunden, der sich bereit zeigt, nicht die ganze Fläche zu bebauen.

Auch wenn dann der verbleibende Grünstreifen von 2.000 Quadratmetern deutlich weniger ist als das, was Erholungssuchende heute auf der Fläche vorfinden, die nach 1990 als Zwischennutzung zu einer der beliebten Leipziger Brachen wurde, die für jüngere Menschen gar nicht mehr aus dem Stadtbild weggedacht werden können.

Aber es ist eben kein gestalteter Park, betonte auch Dienberg. Auch wenn er den Wunsch der Anwohner nach deutlich mehr Grün oder gar dem Gesamterhalt der Grünfläche nur zu gut versteht.

Um Spielräume zu erhalten, hat die Stadt sowieso schon eine Veränderungssperre auf das Gelände gelegt, eine Veränderungssperre, die am 25. Juni mit allen Stimmen der anwesenden Stadträte verlängert wurde.

Ein bisschen Grün

Gleichzeitig aber nutzt die Stadt hier nun die Möglichkeit, mit einem Bebauungsplan steuernd einzugreifen, sodass eben nicht – wie ursprünglich geplant – die gesamte Fläche wieder bebaut wird, sondern eben auch ein bisschen Platz für Grün erhalten bleibt. Ganz offensichtlich geht der Grundstückeigentümer diesen Weg mit.

Frau Elisa Gerbsch (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan KaeferElisa Gerbsch (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer

Wobei ein Thema besonders die Linksfraktion beschäftigte. Denn wenn hier 5.000 Quadratmeter neue Wohnfläche entstehen sollen, wäre es doch – den Entwicklungszielen der Stadt entsprechend – nur folgerichtig, wenn davon auch wieder 30 Prozent als geförderter Wohnraum entstehen.

„Das Problem ist nicht Wohnraummangel, sondern das bezahlbarer Wohnraum fehlt“, brachte Linke-Stadträtin Dr. Elisa Gerbsch das Problem auf den Punkt. Denn wenn der Eigentümer hier baut, werden wohl nur Eigentumswohnungen gebaut, die für normalverdiendende Leipziger uneschwinglich sind.

Was ja auch ein Kritikpunkt der Anwohner war. Denn hochpreisige Eigentumswohnungen sorgen dann wohl wieder dafür, dass auch in dieser Gegend das Mietniveau weiter anzieht. CDU-Stadträtin Dr. Sabine Heymann suggerierte zwar, dann würden ja vielleicht ein paar gut verdienende Leipziger ihre Mietwohnung in Schleußig aufkündigen und in eine Eigentumswohnung ziehen.

Nur dominieren den Eigentumswohnungsmarkt in Leipzig eben nicht die Leipziger, die oft gar nicht in den Dimensionen verdienen, mit denen sie sich eine Eigentumswohnung leisten könnten. Es sind größtenteils gut verdienende Käufer aus Süd- und Westdeutschland, die die Eigentumswohnungen kaufen. Und für den Bauherrn ist es der schnellste Weg, seine Investitionskosten wieder reinzuholen.

Mehr Grün in den Nebenstraßen

Aber aus Sicht der Linken war auch die verbleibende Grünfläche zu klein. Die Linksfraktion beantragte deshalb eine Verdoppelung der Fläche. Was dann eigentlich bedeutet hätte, dass der Bebauungsplan noch einmal aufgeschnürt hätte werden müssen.

Tobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan KaeferTobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer

Einen anderen Weg, den Grünverlust ein wenig zu kompensieren, schlug Dr. Tobias Peter für die Grünen vor. Die Grünen sahen eine mögliche Kompensation nicht im Plangebiet selbst, sondern in zwei Nachbarstraßen, die verkehrsberuhigt werden könnten und mehr Grün bekommen sollten. I

n der Formulierung des Grünen-Antrags: „Die Perthesstraße und die Fromannstraße werden in den dem Bebauungsplangebiet entsprechenden Abschnitten verkehrsberuhigt und begrünt. Eine teilweise oder vollständige Entwidmung der Straßenabschnitte wird geprüft. Die Maßnahmen werden zeitlich abgestimmt mit der Realisierung der Bauvorhaben im Bebauungsplangebiet umgesetzt. Der Vorhabenträger ist durch Städtebaulichen Vertrag finanziell zu beteiligen.“

Dieses Anliegen zu übernehmen, sahen weder Baubürgermeister Thomas Dienberg noch OBM Burkhard Jung ein Problem. Dafür sah AfD-Stadtrat Udo Bütow darin ein Problem und wünschte die Einzelabstimmung über den Grünen-Antrag.

Aber eine Stadtratsmehrheit von 30:25 bei fünf Enthaltungen sah sehr wohl einen Gewinn, wenn die Stadt sich um Begrünung und Verkehrsberuhigung in diesen beiden Straßen bemüht. Das Anliegen wurde also Teil der Vorlage selbst, die mit 39:10 Stimmen bei 12 Enthaltungen auch die nötige Mehrheit fand. Sodass jetzt klar ist, in welchem Ausmaß der Grundstückseigentümer hier bauen darf.

Nur die beiden Anliegen der Linksfraktion fanden an diesem Tag keine Mehrheit. Auch mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass überhaupt nicht sicher ist, ob es künftig überhaupt noch Wohnungsbauförderung vom Freistaat Sachsen geben wird. Der Antrag wurde mit 11:34 Stimmen bei 15 Enthaltungen abgelehnt. Wobei die Enthaltungen durchaus von Sympathie für das Anliegen sprechen, aber auch von der Unmöglichkeit, das im Bebauungsplan mit unterzubringen.