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Öffentlich dringt China auf ein Ende des Ukraine-Kriegs. Hinter verschlossenen Türen aber verbreitet Peking offenbar eine ganz andere Botschaft.

Am Donnerstag war es Außenminister Johann Wadephul, der sein Glück versuchte. Peking müsse seinen Einfluss auf Russland nutzen, um Kremlchef Wladimir Putin zu einem raschen Ende des Ukraine-Kriegs zu bewegen, forderte der CDU-Politiker in Berlin von seinem Gast, dem chinesischen Außenminister Wang Yi. „Wir setzen auf glaubwürdige und konkrete Anstrengungen von China, auf seinen großen Einfluss auch auf Russland, um diesen Konflikt zu beenden.“

Wadephul gesellte sich damit in die lange Reihe all derer, die glauben, China habe trotz seiner Nähe zu Russland ein Interesse an einem Ende des Krieges. Vor Wadephul hatte etwa Vorgängerin Annalena Baerbock im Dezember in Peking auf China eingeredet, Russland nicht weiter zu unterstützen. Und auch der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz drängte den chinesischen Präsidenten Xi Jinping bereits zu einer aktiveren Rolle im Krieg Russlands gegen die Ukraine.

China unterstützt Russland im Ukraine-Krieg

China allerdings tut das Gegenteil – und unterstützt Moskau diplomatisch, wirtschaftlich und mit der Lieferung sogenannter Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Bei ihrem Treffen in Kanada im März warfen die G7-Außenminister China sogar vor, Russland Waffen zu liefern. Peking hingegen behauptet stets, keine Kriegspartei zu sein. Man setze auf ein rasches Ende des Konflikts durch Verhandlungen, heißt es aus China; zusammen mit Brasilien hatte Peking sogar einen Friedensplan vorgelegt. Aussagen des chinesischen Außenministers lassen allerdings Zweifel daran aufkommen, dass Peking es ernst meint mit seinen Friedensbemühungen.

Wang Yi am Donnerstag in BerlinWang Yi am Donnerstag in Berlin: Chinas Außenminister hat überraschend offen über die Interessen seines Landes im Ukraine-Krieg gesprochen. © Odd Andersen/AFP

So soll Wang Yi am Mittwoch – einen Tag vor seinem Treffen mit Wadephul – gegenüber der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas erklärt haben, China habe gar kein Interesse an einem schnellen Ende des Krieges. Sollte Russland den Krieg verlieren, würde die USA ihre Aufmerksamkeit ganz auf die Rivalität mit China richten, soll Wang laut Quellen aus dem Umfeld Kallas‘ gesagt haben. Das berichten die South China Morning Post aus Hongkong sowie CNN. Angesprochen auf Wangs angebliche Äußerungen hieß es aus dem chinesischen Außenamt lediglich: „Eine lang anhaltende Krise in der Ukraine dient niemandes Interessen. China unterstützt eine möglichst baldige politische Lösung der Krise.“ Zurückweisen wollte das Außenamt die Medienberichte nicht.

„China wünscht sich keine russische Niederlage“ im Ukraine-Krieg

Auch wenn Wang Yis Äußerungen wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren: Sie bestätigen, was Experten schon länger vermuten. „Peking will eine schwache Ukraine, die sich wirtschaftlich auspressen und formen lässt“, sagte etwa der China- und Osteuropa-Experte Sören Urbansky im Interview mit unserer Redaktion. „China verfolgt in der Ukraine schon länger handfeste wirtschaftliche Interessen.“ Und die georgische Diplomatin Natalie Sabanadze sagte bereits im vergangenen Jahr im Gespräch mit dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA: „China wünscht sich keine russische Niederlage.“ Im Interesse Pekings sei vielmehr „ein Konflikt, der sich lange hinzieht und den Westen auf lange Zeit bindet“.

Die USA haben China schon länger als ihren wichtigsten Rivalen ausgemacht, seit Jahren überzieht die Regierung in Washington die Volksrepublik mit Zöllen und Handelsbeschränkungen. Zuletzt erklärte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, oberste Priorität habe für sein Land, eine mögliche chinesische Invasion Taiwans zu verhindern. Peking betrachtet den demokratisch regierten Inselstaat als Teil seines eigenen Staatsgebiets und droht damit, sich Taiwan notfalls mit militärischer Gewalt einzuverleiben. Ein Konflikt um Taiwan hätte massive Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, US-Unternehmen sind in hohem Maße auf Halbleiter angewiesen, die in Taiwan produziert werden.

Im Ukraine-Krieg rückten die USA unter Trump derweil immer weiter von Kiew ab, zuletzt stoppte Hegseth bereits zugesagte Waffenlieferungen an das Land.