Jonas Seigel: Hobbyfotograf Jonas Seigel vor seinem Bild “Hüter der frühen Stunde”, der Mini-Maus in Steenodde. Zu sehen im Strandrestaurant Am Kniep.

1,30 Meter hoch, einen halben Meter breit. Von beeindruckender Größe sind die neuen Fotografien des Amrumers Jonas Seigel, die seit einigen Wochen die Wände der Restaurants Bella Ciao in Wittdün und Am Kniep in Norddorf schmücken. Besichtigt werden darf die Serie Weite. Stille. Augenblicke. selbstverständlich auch ohne Tischreservierung.

Als Momente des Übergangs bezeichnet Jonas Seigel selbst seine Naturmotive, aufgenommen zwischen Tag und Nacht, Land und Meer, Sommer und Winter. So finden sich Szenen bei Morgendämmerung, Momente im Abendlicht oder Augenblicke des Aufbruchs. Die feinen Kontraste sind es, die den Hobbyfotografen in diesem Dazwischen besonders reizen. Da gibt es beispielsweise die Fähre, die am späten Abend hell erleuchtet in den Hafen kommt. Wild tanzen die bunten Lichter, wie ein Sternschnuppenschauer legen sie sich über das spiegelglatte Meer. Beinahe unwirklich liegen schnelle Bewegung und absolute Ruhe nebeneinander. “Nächtliche Ankunft” heißt das Bild, das kaum mehr als ein Wechselspiel aus Licht und Schatten ist.

Aufgenommen wurden die Fotografien alle auf Amrum. Doch nicht immer sind sie eindeutig der Insel zuzuordnen. “Ich suche eher nach unbekannten, versteckten Motiven. Solchen, die auf den ersten Blick vielleicht unspektakulär wirken.”, erzählt Jonas Seigel. “Beispielsweise wollte ich nie den Leuchtturm fotografieren, das war mir zu plakativ… Bis ich eines Tages da vorbeikam und eine bunte Wäscheleine dahinter entdeckte. Die Farben der Kleidungsstücke passten dann auch noch so gut zur blühenden Heide und dem Himmel, dass ich einfach abdrücken musste.” So hat es mit “Der Wächter und die Wäsche” schließlich doch ein Bild des Leuchtturms in die Serie geschafft.

Fotos Eldorado: Einen Überblick über Motive, Größen und Rahmen der Fotografien können Interessierte sich auch im Fahrradverleih Eldorado verschaffen.

Jonas Seigel aber geht es vor allem darum, selbst Freude an den Motiven und deren Entstehungsprozess zu haben – auch wenn neben Vollzeitjob und Familie nur wenig Zeit für seine Leidenschaft bleibt. “Ein- bis zweimal im Monat schaffe ich es, für ein paar Stunden rauszugehen und mich einfach treiben zu lassen. Jetzt im Sommer kommt mir natürlich die lange Helligkeit zugute.”, erzählt Jonas. Wohin er geht, entscheiden Lust, Laune und Wetter. Vielmehr finden die Motive ihn, als dass er gezielt nach ihnen sucht. Außerdem ein wichtiger Faktor seiner Arbeit: Zeit. “Ich bewundere Menschen, die diese schnelle Straßenfotografie beherrschen, in wuseligen Städten Menschen im richtigen Moment zu erfassen. Aber für mich ist das nichts.” Neben der inneren Ruhe, die er braucht und sucht, ist es aber auch die Technik, die seine Zeit benötigt, gibt Jonas zu: “Ich habe mir das alles selbst beigebracht. Anfangs sind von 20 Motiven vielleicht vier gelungen. Zwar werde ich langsam besser, aber es gibt noch so vieles, das ich lernen möchte.” Nachdem er gut 15 Jahre lang nur mit der Idee im Kopf durchs Leben gegangen war, die Fotografie zu erlernen, brachte ein Aufenthalt in den Alpen schließlich den entscheidenden Anstoß. Um die gigantischen Berge in ihrem vollen Ausmaß darstellen zu können, kaufte er letztlich eine analoge Hasselblad X-Pan-Kamera aus den Neunzigern, die es ermöglichte, Panoramaaufnahmen zu erzeugen. Tausende Meter Höhe auf 35 mm. Für Jonas der Beginn einer lebenslangen Leidenschaft. So zumindest schaut er selbst in die Zukunft: “Mein Traum wäre, irgendwann von der Fotografie leben zu können. In jedem Fall möchte ich das aber so lange machen, wie ich sehen und gehen kann!”, lacht er.

Das Panorama der Berge, das sich größtenteils in Hochformataufnahmen niederschlug, hat sich auf der Insel um 90 Grad gedreht: die meisten von Jonas Seigels Amrum-Bildern sind im Querformat aufgenommen. Leuchtturm und Steenodder Mini-Maus bilden da beinahe die Ausnahme. Was alle Aufnahmen eint, sind neben dem Format auch die besondere Farbgebung und Struktur: “Ich mag die Körnung des Analogen, die gerade bei den großen Aufnahmen deutlich sichtbar wird. Und die pastelligen Farbtöne, die der Negativfilm vorgibt, den ich verwende.”, erzählt Jonas. Digital nachbearbeitet, ist an seinen Fotos nichts. “Der größte Reiz meiner Fotografien für mich ist die Kombination aus Kunst, Natur und Physik.”, fasst er seine Motivation zusammen.

Wem die Aufnahmen mit über einem Meter Breite zu groß sind, bekommt sie natürlich auch kleinformatiger. Denn trotz aller künstlerischen Freiheit denkt Jonas den Kunden stets mit. So bietet er Interessierten die Möglichkeit der “digitalen Hängung”. Dabei lässt Jonas sich von den Gästen ein Foto des Ortes, beispielsweise dem Wohnzimmer, schicken, an dem eines seiner Bilder hängen soll. Mit ein wenig Geschick bastelt er schließlich digital das Wunschbild in der entsprechenden Größe an den auserwählten Platz. “Das hilft den Kunden enorm bei der Entscheidung.”, sagt er. Bestellt werden kann schließlich über seine Webseite Seeigelphoto.

Wer sich aber live und in Farbe einen Eindruck von den kunstvollen Fotografien machen möchte, hat noch die ganze Saison über im Bella Ciao und Am Kniep Gelegenheit dazu. Kleine Formate hängen außerdem in Jonas Seigels Norddorfer Fahrradgeschäft Eldorado.