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Putin reduziert eine wichtige russische Reserve kontinuierlich. Ein Grund dafür sind einbrechende Gasverkäufe. Ökonomen mahnen zur Vorsicht.
Moskau – Russland verdient zu wenig Geld aus dem Verkauf seiner Gas-Exporte. Das Problem ist für den Kreml gravierend genug, um jetzt die Bürger zur Kasse zu bitten. Seit dem 1. Juli 2025 kostet Gas 10,3 Prozent mehr als zuvor. Der schwachen Verkäufe haben Auswirkungen auf eine wichtige finanzielle Reserve: den National Wealth Funds. Medienberichten zufolge bedient sich die Regierung zunehmend an diesem Instrument.
Putin bedient sich am NWF – und will massiv Yuan verkaufen
Berichten zufolge plant der Kreml, ausländische Reserven in Milliardenhöhe aus dem National Wealth Fund (NWF) abzuziehen und zu verkaufen. Damit will der russische Präsident Wladimir Putin das wachsende Defizit schließen, das unter anderem durch den Preisverfall bei Öl und Gas entstanden ist.
Probleme beim Gas zwingen Putin zum Ausverkauf – Kreml leert eiserne Reserve © IMAGO / Russian Look & IMAGO / ZUMA Press
Konkret sieht das so aus: Zwischen dem 7. Juli und dem 6. August will Russlands Zentralbank täglich chinesische Yuan an der Moskauer Börse verkaufen. Die Geldmenge soll sich auf rund 9,8 Milliarden Rubel pro Tag belaufen, umgerechnet rund 105,5 Millionen Euro. Nach Angaben des russischen Nachrichtenportals Moscow Times ist die verkaufte Menge um 2,5 Milliarden Rubel pro Tag höher als noch im Juni (26,9 Millionen Euro).
Das ist bereits das zweite Mal, dass der Kreml sich im Jahr 2025 ausgiebig am NWF bedient. Ökonomen warnen davor, dass die liquiden Reserven schnell schrumpfen. Unter Berufung auf finanzielle Analysten von der Russland Presidential Academy of National Economy and Public Administration (RANEPA) berichtete die MT, dass die Reserven innerhalb von 14 Monaten zur Neige gehen, sollte Russland das Tempo der Ausgaben so hochhalten. Die Bedingung dafür ist, dass die aktuellen wirtschaftlichen Trends anhalten. 2026 könnte der NWF zur Neige gehen.
Risiken um den NWF – wie schwer trifft das Russlands Wirtschaft?
Alexandra Prokopenko und Alexander Kolyandr, zwei Analysten beim Thinktank Carnegie Endowment for Internationale Peace, gehen allerdings nicht von allzu schweren Konsequenzen aus, sei es eine vollständige Leerung des NWF oder gar ein russischer Staatsbankrott. Ja, der NWF verfügte zum 1. März 2025 nurmehr über weniger als 50 Prozent der liquiden Reserven, die er vor der Invasion der Ukraine noch gehalten hatte. Die Funktionsweise des NWF verhindere jedoch, dass eine Leerung Russlands Wirtschaft kurzfristig schadet.
Das sieht aus wie folgt: Bei der Budget-Planung für ein Jahr geht der Kreml von einem bestimmten Wert aus, zu dem es seine Öl- und Gasexporte verkaufen kann. Sind Öl und Gas teurer als der erwartete Wert (also wenn Russland mehr Geld am Exportverkauf verdient als kalkuliert), fließt das überschüssige Geld in den NWF. So konnte das Land erhebliche Reserven ansammeln. Nach der Invasion überarbeitete Russland diese Regeln und nutzte die Öl- und Gaseinnahmen zunehmend dazu, um die Kriegskasse zu füttern.
Das Ganze gilt aber auch andersherum. Sind die Einnahmen aus Öl und Gas zu niedrig, kann der NWF herhalten, um die Finanzen zu stützen. Selbst wenn der NWF langfristig geschwächt würde, könnten die Offiziellen die nicht-liquiden Assets des Fonds verkaufen (zu denen etwa Anteile an der Sberbank gehören) oder gar Teile von Russlands Gold- und Fremdwährungsreserven hineinverlagern. Auf diese Weise könnte der NWF über lange Zeit am Leben gehalten werden. Reißen alle Stricke und die Reserven sind aufgebraucht, kann Russland immer noch Schulden aufnehmen. Das erklärten die beiden Experten gegenüber dem Nachrichtenportal The Bell.
Opec will mehr Öl fördern – Konsequenzen für Russlands Wirtschaft stehen bevor
Das heißt im Klartext: Der NWF ist in hohem Maße davon abhängig, dass Russland sein Öl und Gas möglichst teuer verkaufen kann. Aktuell hat der Kreml aber mit niedrigeren Einnahmen genau dieser Exporte zu kämpfen. Sollten die Ölpreise unter 50 US-Dollar pro Barrel fallen, würde sich der NWF noch schneller leeren als bisher. Das wiederum könnte, auch wenn ein Bankrott ausbleibt, dazu führen, dass Russland gezwungen ist, wichtige Ausgaben zu kürzen.
Wie das aussieht, hat sich ebenfalls erst kürzlich gezeigt. In Reaktion auf den Verfall beim Ölpreis strich der Kreml einige wichtige Investitionen. Diese Entwicklung könnte angesichts der neuen Maßnahmen des Ölförder-Kartells Opec+ weiter anhalten. Kürzlich kündigte das Kartell an, ab August täglich 548.000 Barrel mehr zu fördern als bislang.
Die Opec+ selbst begründete das mit „stabilen globalen Wirtschaftsaussichten“ und „gesunden Marktgrundlagen“. Die weltweiten Ölvorräte seien niedrig. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Opec+ damit einen internen Konflikt austrägt. Kasachstan fördere mehr Öl als vereinbart – die erhöhte Fördermenge soll jetzt Druck auf das Land ausüben. Das Handelsblatt berichtete und bezog sich dabei auf den Ölanalysten Giovanni Staunovo von der Schweizer Bank UBS. Ähnlich hatte die OPEC schon 2020 reagiert, als Russland zu viel Öl förderte. Wegen der Ölmenge, die den Markt flutete, gingen Russlands Einnahmen zurück.