Berlin – Ein grauer Klotz mit 105 Wohnungen aus den 1980ern. Seit Jahren wird über das Schicksal des Plattenbaus in der Nachbarschaft von Ministerien und dem Bundesnachrichtendienst (BND) gestritten. Der Eigentümer will es abreißen und neue Wohnungen bauen, bekam dafür grünes Licht. Doch jetzt sind plötzlich 82 neue Bewohner eingezogen. Angeblich.

Dem Bezirksamt Berlin-Mitte kam das merkwürdig vor. Es machte Stichproben in der Habersaathstraße 40-48, schaltete jetzt die Polizei ein.

Der Eigentümer der Habersaathstraße 40-48 will den Plattenbau abreißen lassen. Er steht vis-a-vis vom BND-Komplex in Mitte, deshalb warnt das Schild vor dem Abstellen von Fahrzeugen und Gegenständen aller Art vor dem Gebäude

Der Eigentümer der Habersaathstraße 40-48 will den Plattenbau abreißen lassen. Er steht vis-à-vis vom BND-Komplex in Berlin-Mitte. Deshalb warnt ein Schild vor dem Abstellen von Fahrzeugen und Gegenständen aller Art vor dem Gebäude

Foto: Hildburg Bruns

Rätsel um Haus an der Habersaathstraße

Im Gebäude wohnen nur noch vier bis sechs Mieter mit Altverträgen. Sie dürfen bleiben – zumindest vorerst. Allerdings laufen zivilrechtliche Verfahren, weil der Eigentümer sogenannte Verwertungs-Kündigungen verhängt hat. An der Fassade des Hauses hängen Protest-Banner: „Gegen Räumung, gegen Abriss“, „Hands off“, „Habersaath stays queer“. Aktivisten und Obdachlose haben immer wieder leer stehende Wohnungen besetzt. Doch im Mai und Juni geschah Seltsames: 82 neue Mieter meldeten sich plötzlich in den Eingängen 44 und 48 an.

Blick auf einen der Aufgänge des Gebäudekomplexes Habersaathstraße

Der Blick auf einen der Aufgänge des Gebäudekomplexes Habersaathstraße

Foto: Hildburg Bruns

„Bei den angemeldeten Personen handelt es sich fast ausschließlich um Personen mit bulgarischer Staatsangehörigkeit, welche mindestens teilweise mit einem ,Betreuer‘ beziehungsweise ,Sprachmittler‘ beim Bürgeramt persönlich vorgesprochen haben“, so der zuständige Stadtrat Carsten Spallek (54, CDU) zu BILD.

Meldebescheinigungen offenbar gefälscht

Der Hintergrund: Für eine Anmeldung in Berlin braucht man eine sogenannte Wohnungsgeber-Bescheinigung – ein Papier vom Vermieter. Alle 82 hatten eine. Ausgestellt von der Hausverwaltung D. & K. Doch diese Hausverwaltung wurde schon im Juli 2023 vom Hauseigentümer rausgeworfen. Sie soll inzwischen insolvent sein. Die Bescheinigungen waren also offenbar gefälscht.

Die Spur führt ins kriminelle Milieu

Solche gefakten Meldeadressen sind kein Einzelfall. Sie werden gezielt genutzt und sind beliebt bei organisierten Betrügerbanden, zum Beispiel für Konto-Eröffnungen oder bei der Beantragung von Sozialleistungen. Fakt ist laut Stadtrat Spallek auch: „Die angemeldeten Personen halten sich nach unserer Kenntnis nicht an den Meldeanschriften auf.“ Geister-Mieter in einem Geister-Haus mitten in Berlin.

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Das Amt setzte sich inzwischen mit dem zuständigen Polizeiabschnitt in Verbindung. Spallek: „Es besteht der Anfangsverdacht der Urkundenfälschung sowie Verstoß gegen das Bundesmeldegesetz.“ Die Polizei erstattet nun Anzeige. Die 82 Fake-Anmeldungen werden von Amts wegen gelöscht und vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten mit einem Sperrvermerk versehen.