Zwischen der Alten Nikolaischule und der spätgotischen Nikolaikirche erhebt sich eine weiße Säule. Die Nikolaisäule ist inspiriert von der weißen Innenausstattung der Kirche und erinnert daran, wie sich die Menschen aus der Kirche an die Öffentlichkeit wagten. Die Palmenwedel auf der Säule sind ein Friedenssymbol und sollen an die friedlichen Ziele des Umsturzes erinnern.
Entworfen wurde das Denkmal in den 90er-Jahren von Andreas Stötzner, ausgeführt wurde es 1999 vom Bildhauer Markus Gläser. Er ließ später auch eine Metalltafel in den Boden ein, auf der mehrere Fußabdrücke neben dem Schriftzug „09 Oktober 1989“ an die Demonstrierenden erinnern. Ebenfalls 2014 schuf Tilo Schulz auf dem Nikolaihof die Lichtinstallation „Public Light“. Die in den Boden eingelassenen Steine leuchten am Abend in verschiedenen Farben auf und symbolisieren eine friedliche Zusammenkunft.
Wo?
Nikolaikirchhof
04109 Leipzig
Graffiti zur Friedlichen Revolution in Leipzig-Gohlis
2014, zum 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution in Leipzig, schuf der Leipziger Graffiti-Verein in Zusammenarbeit mit dem Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen und der Sächsischen Bildungsagentur ein großes Wandbild in Leipzig-Gohlis, das an das historische Ereignis erinnern soll.
Mehrere Figuren, die aus einem Schwarz-Weiß-Foto zu stammen scheinen, befinden sich auf einem runden Rasenstück. Drei von ihnen arbeiten akribisch an einem Stück Wand, das aber bereits abzublättern droht und scheinbar schon ein Bild enthält. Rund um diese Szene rollen sich auf einem Untergrund aus Seifenblasen mehrere Bilder auf, die beispielsweise den Graffiti-Schriftzug „Freiheit“ zeigen oder ein Urlaubsfoto. Der Titel „Untold Stories“ im Bild deutet daraufhin, dass die Geschichten der sogenannten Wende vielfältig sind.
Wo?
Georg-Schumann-Straße 25
04155 Leipzig
Denkmalgeschütztes Graffito in der Südvorstadt
Dass Street-Art es oft nicht leicht hat, beweist auch die „Madonna mit Kind“ von Blek le Rat. Geboren wurde der Künstler als Xavier Prou südwestlich von Paris und studierte Grafik und Architektur in der französischen Hauptstadt. Heute gilt er als einer der Pioniere der Street Art und als Urvater der Stencil-Kunst, also das Sprayen mit Schablone, für die auch der berühmte Banksy bekannt ist. Er begann zunächst mit kleinformatigen Motiven wie Ratten. Doch später brachte er auch immer wieder religiöse Motive an die Wände.
1991 hielt sich der Künstler für ein Graffiti-Festival in Leipzig auf, wo er auch seine spätere Frau kennenlernte. Ihr widmete er seine „Madonna mit Kind“, für die er sich von Caravaggios „Madonna der Pilgerer“ inspirieren ließ. Das Werk schien den Weg aller Straßenkunst zu gehen und verschwand. Doch eine Leipzigerin entdeckte das Werk 2012 wieder, als die Wand für eine Sanierung von Plakaten gereinigt wurde.
Der Künstler kehrte nach Leipzig zurück und erneuerte seine Arbeit. Es sei seine älteste erhaltene, wie er selbst meint. Inzwischen steht das Wandbild unter Denkmal-Schutz – als eine der wenigen Graffiti-Arbeiten in ganz Deutschland. Somit ist es auch ein Sinnbild dafür, wie schmal der Grat zwischen Schmiererei und Kunst sein kann.
Wo?
Karl-Liebknecht-Straße 7
04107 Leipzig
„Friedensfenster“ von David Schnell in der Thomaskirche
Bereits 1998 entstanden Pläne für ein neues Fenster an der Südseite der Leipziger Thomaskirche. Als die Finanzierung dafür im Jahr 2006 gesichert war, konnte sich David Schnell mit seinem Entwurf durchsetzen. Der Künstler wurde 1971 in der Nähe von Köln geboren und studierte an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst unter anderem bei Arno Rink. Sein „Friedensfenster“ steht in einer Reihe mit Personalfenstern, die beispielsweise den Reformator Martin Luther oder den Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy zeigen und die dort bei einer umfassenden Umgestaltung der Kirche im 19. Jahrhundert eingesetzt wurden. Doch sollte sich das neue Fenster bewusst von dem neugotischen Stil absetzen.
Das „Friedensfenster“ bildet einen Gegenpol zum Kriegsgedächtnisfenster, das an die Soldaten des Ersten Weltkriegs erinnerte. David Schnell beschäftigt sich in seiner Kunst mit der friedlichen Demonstration als eine Art Gegenpol zur Gewalt. In den 80er-Jahren wurden Kirchen in der DDR zu wichtigen Orten des gesellschaftlichen Austauschs und aus den immer politischer werdenden Friedensgebeten entwickelten sich Ende der Achtziger die Montagsdemonstrationen.
Das Fenster von David Schnell versucht, das widerzuspiegeln: Es besteht aus kleinen länglichen Flächen, die vor allem in Rot und Grün gehalten sind. Was auf den ersten Blick wie abstrakte Farbspielereien wirkt, mutet dann an als hätte sich ein Gebäude aufgelöst und würde sich nun mit der Natur verbinden. Darum ging es dem Künstler: Die Menschen blieben nicht im Kirchenhaus, sondern gingen nach draußen. Auch die Dynamik des Glasbildes ist wichtig: Für Schnell ist Frieden ein aktiver Prozess, der gestaltet werden muss.
Wo?
Thomaskirche
Thomaskirchhof 18
04109 Leipzig
Öffnungszeiten:
täglich: 10 bis 18 Uhr
Figurenreliefs in der Leipziger Messehofpassage
Die Leipziger Innenstadt ist geprägt von hohen Fassaden und allerlei Durchgängen, sogenannten Passagen. Sie verbinden die verschiedenen Gebäude und bieten zahlreichen Geschäften Platz. Eine dieser Passagen befindet sich im Messehof: Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Pläne ausgearbeitet, die Leipziger Mustermesse wiederzubeleben. Sie war immerhin die erste ihrer Art und deswegen bleibt das berühmte Doppel-M bis heute das Emblem der Leipziger Messe. Zwischen der Petersstraße und dem Neumarkt wurde daher neuer Baugrund erschlossen und bis 1950 ein siebengeschossiges Messehaus mit schlichter Fassade geschaffen.
An der Petersstraße wird der Eingangsbereich von einer Reliefsäule gestützt. Mit feinen Vertiefungen, in schlichtem, fast schon schematischem Stil sind darauf vier Personen in voller Statur abgebildet. Gezeigt werden vier arbeitende Menschen: Ein Bergarbeiter, eine Spinnerin, ein Bauer und ein Intellektueller (also ein Mensch, der mit seinem Verstand arbeitet). Das Relief passt zum Sozialistischen Realismus, der die Lebensumstände der arbeitenden Bevölkerung widerspiegeln sollte und vom DDR-Staat gefördert und gefordert wurde. Geschaffen wurde das Relief von Alfred Thiele, der sich zuvor schon in der Kunstkammer der Nazis integriert hatte.
Wo?
Petersstraße 15
04109 Leipzig
Wandbild für Comic-Künstler Ralph Niese im Leipziger Westen
Unter Comic-Fans war er auf der ganzen Welt angesehen: Ralph Niese. Von anderen Comic-Artists wie Schwarwel wurde er für seine freundliche Art und für seinen überbordenden Stil geschätzt. Niese war geprägt von Underground-Comics. Seine Panels waren immer abgerundet und die Schrift in den Sprechblasen war immer etwas übertrieben. Auch seine Figuren waren bunt und irgendwie laut. 2020 starb er im Alter von nur 37 Jahren in seiner Geburtsstadt Leipzig.
Seit 2022 erinnert ein großes Wandbild im Leipziger Westen an den Comic-Künstler. 24 Leipziger Künstlerinnen und Künstler haben an dem riesigen Gemälde gearbeitet, das zahlreiche von Nieses Figuren unter einem pink-roten Himmel versammelt. Da steht eine struppige, düster-dreinschauende Gestalt ganz in schwarz. Von oben schaut ein Kopf in einem futuristischen Helm und darunter ist ein zorniges Gesicht zu sehen, dessen Kopfbedeckung an die albernen Zeiten von Marvel-Comics erinnert. Weiter unten staksen ein Mann mit einem weißen Zaubererhut und eine Frau mit einem dunklen Hexenhut durch ein Flüsschen. Es ist ein Denkmal für die wilde Fabulierlust und die Comic-Stadt Leipzig.
Wo?
Angerstraße 55
04177 Leipzig