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Frank-Walter Steinmeiers Besuch stößt im Baltikum auf großes Interesse. Aber der Bundespräsident hat zu kämpfen – einmal mehr geht es um Russland.
„Eure Sicherheit ist unsere Sicherheit“: Frank-Walter Steinmeier versprach Litauen am Sonntag nochmal ausdrücklich Deutschlands Unterstützung bei der Verteidigung. Das kam, just am Nationalfeiertag, im Präsidentenpalast von Vilnius gut an. Und doch – der Bundespräsident stößt im Baltikum weiter auf Vorbehalte, wie die Frankfurter Rundschau erfahren hat. Der Grund liegt einige Jahre in der Vergangenheit. Und er hat einen Namen: Russland.
„Darüber sprachen Gäste im Publikum“: Steinmeier sucht im Baltikum Vertrauen – Russland-Historie stört
„Viele Gesprächspartner in den baltischen Staaten trauen auch nach der prägnanten Rede den Worten von Bundespräsident Steinmeier nur bedingt“, sagte Julius von Freytag-Loringhoven unserer Redaktion. Noch 2016 – nach Krim-Annexion und Invasion im Donbas – hatte Steinmeier ein Nato-Manöver unter Beteiligung baltischer Partner als „Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ eingeordnet, wie der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk zuletzt im Tagesspiegel erinnerte. Steinmeiers russlandpolitische Rolle unter anderem als Außenminister von 2005 bis 2009 steht auch in Deutschland (und der Ukraine) immer wieder in der Kritik.
Frank-Walter Steinmeier (Mitte links) vor dem Präsidentenpalast in Litauens Hauptstadt Vilnius. © picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka
Insofern sei vor der Rede des Bundespräsidenten am Sonntag eine große Frage im Raum gestanden: „Im Publikum sprachen verschiedene Gäste darüber, ob Steinmeier denn auch auf Russland und seine eigene Russlandpolitik zu sprechen käme“, sagt von Freytag-Loringhoven, Büroleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Vilnius.
Steinmeier erklärte schließlich unter anderem: „Wer Litauen verteidigt, verteidigt Europa und verteidigt Europas Werte.“ Das Publikum goutierte das mit Applaus. Russland sprach der Bundespräsident aber nicht direkt an. Trotz positiven Reaktionen auf die Rede blieben dem Experten der FDP-nahen Stiftung zufolge so auch Hoffnungen unerfüllt.
Steinmeier in Litauen und Lettland: Wichtiger Besuch – auch wegen der Bundeswehr-Brigade
Steinmeier habe im ersten Teil seiner Reise schon den richtigen Ton getroffen, urteilte von Freytag-Loringhoven. Allerdings habe etwa Willy Brandt durch seinen Kniefall in Warschau mehr Vertrauen geschaffen als durch Worte allein: „Vielleicht kommt ja in Zukunft auch noch eine gehaltvolle Geste, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.“
Der Bundespräsident sollte am Montag zunächst nach Klaipeda und Nida an der litauischen Ostseeküste weiterreisen, am Dienstag steht ein Besuch in Lettlands Hauptstadt Riga auf dem Programm. Der Besuch in Vilnius hatte aber besonderes Gewicht: Unweit der Hauptstadt erreicht die Bundeswehr Basen für die Panzerbrigade 45. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zum offiziellen Start prägnant formuliert: „Der Schutz von Vilnius ist der Schutz von Berlin.“ Diesen klaren Kurs habe Steinmeier nun versucht zu unterstützen, sagt von Freytag-Loringhoven.
Laut Sicherheitsexpertin Minna Ålander ist die deutsche Brigade in Litauen durchaus ein wichtiger Beitrag zur Abschreckung. Litauens einziger jüdischer Parlamentsabgeordneter blickte im Gespräch mit unserer Redaktion ebenfalls positiv auf die Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland – mahnte aber auch: „Diese ‚Militarisierung‘ Europas muss einen Inhalt haben.“ (fn)