Kiel. Bei einem russischen Angriff auf Schleswig-Holstein könnten die Menschen derzeit vor Bomben und Drohnen kaum in Deckung gehen. Das geht aus der Antwort des Kieler Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hervor. Demnach hat der Bund seit 2007 öffentliche Schutzräume nach und nach rückabgewickelt. Und die bundesweit rund 600 verbliebenen Anlagen sind nicht mehr einsatzbereit.

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„Aufgrund der veränderten Bedrohungslage hat sich der Fokus geändert“, betont das Innenministerium. Wichtig sei nach Einschätzung der Bundes- und Landesregierung, dass die Bevölkerung gewarnt wird und Schutz finden kann. „Dieses Ziel ist mit den früher üblichen Bunkeranlagen nicht erreichbar.“

Nationale Schutzraumstrategie: Darum geht es

Daher erarbeite das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit der Unterstützung von Bund und Ländern zurzeit eine nationale Schutzraumstrategie: Erfasst werden sollen unter anderem öffentliche Gebäude und private Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden können – dies können unter anderem Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume sein. Bürgerinnen und Bürger sollen über Warn- und Kartendienste auf ihrem Handy den nächstgelegenen Schutzort finden.

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In Schleswig-Holstein standen laut Ministerium ursprünglich 47 öffentliche Schutzräume mit 38.680 Plätzen zur Verfügung: Die Bevölkerung sollte dort vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren Schutz finden. „Hiervon standen 30 Anlagen mit rund 25.860 Schutzplätzen im alleinigen Eigentum von Bund, Land oder Kommunen.“

Noch 14 Anlagen mit Zivilschutzbindung in SH

Derzeit unterliegen nur noch 14 Anlagen einer Zivilschutzbindung, heißt es: ein Hochbunker, zwei Tiefbunker, zwei ehemalige Hilfskrankenhäuser und neun Mehrzweckanlagen. „Zwei Anlagen befinden sich in der Stadt Flensburg, drei Anlagen in der Landeshauptstadt Kiel, eine Anlage in der Hansestadt Lübeck, eine Anlage im Kreis Dithmarschen, vier Anlagen im Kreis Ostholstein, zwei Anlagen im Kreis Plön und eine Anlage im Kreis Schleswig-Flensburg.“ Wo genau, will das Ministerium aufgrund sicherheitsrechtlicher Belange nicht mitteilen.

Sämtliche noch dem Zivilschutz gewidmeten Anlagen in Deutschland müssten vor einer Nutzung allerdings ertüchtigt werden. „Dies gilt auch für die 14 noch verbliebenen Anlagen in Schleswig-Holstein.“ Unter anderem gehe es um die Ausstattung mit Feldbetten, mobilen sanitären Anlagen sowie um die Bereitstellung von Wasser und Lebensmitteln. Neben Expertenstimmen sollen auch Erfahrungen aus dem Ausland einfließen, heißt es mit Blick auf die Ukraine.

Buchholz (FDP) wirft Landesregierung Zögerlichkeit vor

Die FDP stimmt dies alles wenig fröhlich. „Angesichts einer wachsenden Bedrohungslage ist es richtig, alle Orte zu identifizieren, an denen Menschen im Ernstfall Zuflucht finden können“, sagt der Innenpolitiker Bernd Buchholz. „Ich kann aber nicht erkennen, dass die Landesregierung dies mit dem gebotenen Tempo macht.“ Statt aufzulisten, welche Maßnahmen man bereits angeschoben habe, beantworte sie die Anfrage der Liberalen erkennbar mit Textpassagen, die vom BBK stammen.

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„Die Landesregierung ist in der Pflicht, schnellstmöglich eine Bestandsaufnahme der vorhandenen und geeigneten Gebäude in Schleswig-Holstein vorzunehmen“, sagt Buchholz. „Es ist höchste Zeit, dass sich die Landesregierung um sichere Zufluchtsorte für die Menschen in diesem Land kümmert.“

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte in den vergangenen Monaten mehrfach darauf hingewiesen, dass sich Deutschland besser schützen müsse. Schleswig-Holstein als direkter Ostseeanrainer und Drehscheibe für Nato-Truppen sei besonders im Visier des Kremls.

KN