Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
8. Juli 2025
Das Premiumsegment bleibt weiterhin ein wichtiger Wachstumsmotor in Europa, doch wird es durch die Konjunkturlage und geopolitische Spannungen bedroht. Zu diesem Schluss kommt die Allianz der Europäischen Kultur- und Kreativwirtschaft (ECCIA) in ihrem jüngsten Bericht, der in Zusammenarbeit mit Bain & Company erstellt wurde. Die Studie bestätigt das kräftige Wachstum und die Bedeutung der Luxusindustrie in Europa. Die Branche erzielte 2024 einen Gesamtumsatz von EUR 986 Milliarden, im Vergleich zu EUR 856 Milliarden im Jahr 2019. Dies entspricht einem Anstieg um 15 Prozent – trotz der Corona-Krise. Damit trägt die Branche 5 Prozent zum BIP bei, gegenüber 4 Prozent im Jahr 2018.
Die Luxus- und Kreativbranche ist ein Wachstumsmotor in Europa – ph Pexels
Europäische Luxusunternehmen machen 70 Prozent des EUR 1.417 Milliarden schweren globalen Luxusmarktes aus. Der Wert der Branche könnte laut Prognosen der Analysten von Bain & Company bis 2030 EUR 2.000 bis 2.500 Milliarden erreichen.
Allein im Bereich Luxusgüter, also Mode, Lederwaren, Schmuck, Uhren und Kosmetik, stieg der Marktanteil europäischer Marken auf 80 Prozent bzw. einen Umsatz von EUR 289 Milliarden, laut der ECCIA. Die Allianz besteht aus sieben Institutionen (Altagamma – Italien, Circulo Fortuny – Spanien, Comité Colbert – Frankreich, Gustaf III Kommitté – Schweden, Laurel – Portugal, Meisterkreis – Deutschland und Walpole – Vereinigtes Königreich) und vertritt 750 Marken.
Die Exporte der europäischen Luxusgüterindustrie erreichten im Jahr 2024 EUR 306 Milliarden, was 11,5 Prozent der gesamten Warenexporte der Europäischen Union entspricht. In Europa beschäftigt die Branche insgesamt 2 Millionen Menschen, gegenüber 1,7 Millionen im Jahr 2013. Seit 2019 wurden 160.000 Arbeitsplätze geschaffen, wie der Bericht weiter hervorhebt. Dabei wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Branche zunehmend Schwierigkeiten hat, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, und jedes Jahr traditionelles Know-how verliert.
Der Einfluss des Luxus in den europäischen Ländern geht jedoch weit über diese Zahlen hinaus. „Luxusprodukte sind weit mehr als nur Wirtschaftsmotoren“, so die Autoren des Berichts. Mit ihren Produkten und Erlebnissen stehen die Luxusmarken auch für den ultimativen Ausdruck der Soft Power Europas, die sich in Kreativität, Innovation und Know-how, also dem einzigartigen handwerklichen Kulturerbe Europas, widerspiegelt.
Es handelt sich um einen kreativen Motor, der bis zu 5 Prozent seines Umsatzes in Schulung und Ausbildung und bis zu 3 Prozent in nachhaltige Entwicklung und Innovation investiert. Damit trägt die Branche zum sozialen Wohlstand, zur Erhaltung der Kultur und zum Wirtschaftswachstum in den Kompetenzzentren Europas bei, heißt es im Bericht weiter.
Anteil der europäischen Luxusmarken am weltweiten Luxusmarkt nach Tätigkeitsbereich – ECCIA – Bain & Company
Darüber hinaus wirkt der europäische Luxussektor als Katalysator und zieht sehr kaufkräftige Touristen an, die bis zu 25 Prozent des gesamten Tourismusumsatzes ausmachen. Rund 40 Prozent der internationalen Reisenden geben Luxus-Shopping als einen der Hauptgründe für ihren Besuch an.
Der Sektor spielt auch eine entscheidende Rolle für das Wachstum der europäischen Finanzmärkte. Luxusgüter weisen langfristig eine vier- bis sechsmal höhere Performance auf als der Gesamtmarkt, sei es in Italien oder in Frankreich, wo die überwiegende Mehrheit der Luxushäuser des Kontinents ansässig ist.
Gegenwärtig wird dieses Bild jedoch durch wirtschaftliche und geopolitische Turbulenzen getrübt. Angefangen bei der mit den Handelszöllen und globalen Handelsspannungen verbundenen Unsicherheit. „Die Eskalation geopolitischer Spannungen, die Erhöhung von Zöllen und protektionistische Handelspolitiken, insbesondere zwischen den Vereinigten Staaten und China, die 35 bis 45 Prozent der weltweiten Einnahmen der Branche ausmachen, sind unerwünschte Unsicherheitsfaktoren“, so der Bericht.
„Es ist verlockend zu glauben, dass die Branche von den aktuell vorherrschenden wirtschaftlichen Turbulenzen verschont bleibt“, sagt Michael Ward, Präsident der ECCIA und Chef der Londoner Kaufhauskette Harrods. Er mahnt dazu, auf „bestimmte Vorzeichen“ zu achten. „Die Zollmaßnahmen drohen die weltweite Nachfrage zu stören, die Kosten in die Höhe zu treiben und Unternehmen dazu zu zwingen, ihre Lieferketten zu überarbeiten, während wir uns auf die Rentabilität konzentrieren und mehr Stabilität fordern“, betont er.
In ihrem Bericht ruft die ECCIA die Europäische Union und die Regierungen zu „rascher und angemessener politischer Unterstützung“ auf, „um dieses wirtschaftliche und kulturelle Aushängeschild Europas vor den wachsenden internationalen und geopolitischen Herausforderungen zu schützen“. Die Allianz macht fünf Schlüsselempfehlungen: Stärkung des geistigen Eigentums und Bekämpfung von Produktfälschungen, Erhalt des selektiven Vertriebs und der Qualität des Kundenerlebnisses, Anpassung des Green Deals an die Bedürfnisse der Branche, Förderung des Kunsthandwerks durch Ausbildung und Anerkennung sowie Förderung von Handel und Tourismus durch Handelsabkommen, einfachere Visaregelungen und attraktive Maßnahmen für Reisende aus Nicht-EU-Ländern.
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