Die türkische Justiz hat die Freilassung weiterer 93 junger Demonstranten angeordnet, nachdem am Donnerstag bereits 107 freigekommen waren. Sie waren mit der Begründung festgenommen worden, an nicht genehmigten Protesten gegen die
Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu
teilgenommen zu haben. Damit stieg die Zahl der in dieser Woche freigelassenen Demonstranten auf 200.

Nach den Angaben der Anwälte der Demonstranten begründete das Gericht die Freilassung insbesondere damit, dass einige der Festgenommenen „Studenten“ seien und die „Gefahr einer Unterbrechung ihres Studiums“ bestehe. Ein Gericht in Istanbul ordnete zunächst die Freilassung von 59 jungen Demonstranten an. Die größte türkische Oppositionspartei CHP, der auch İmamoğlu angehört, gab später bekannt, dass weitere 34 junge Demonstranten freigelassen werden sollten.

Am Donnerstag hatte die türkische Justiz bereits 107 junge Demonstranten wieder auf freien Fuß gesetzt. Der CHP und mehreren Anwälten zufolge waren mehr als 300 Studierende in Untersuchungshaft genommen worden. Die türkische Strafverfolgungsbehörde erhob zudem Anklage gegen insgesamt 819 Menschen.

Zwei bekannte Journalisten festgenommen

Nach Angaben der CHP-Vizechefin Gökçe Gökçen wurde eine neue Untersuchung gegen 49 junge Demonstranten eingeleitet. Ihnen werde Beleidigung des Präsidenten durch mehrere Ausrufe bei den Protesten vorgeworfen.

Zudem wurden kürzlich die zwei bekannten Journalisten Timur Soykan und Murat Ağırel
festgenommen
. Einem Gerichtsdokument zufolge wird den für Investigativrecherchen bekannten Reportern Bedrohung und Erpressung vorgeworfen.

Fast 2.000 Festnahmen

Die Festnahme des populären Oppositionspolitikers İmamoğlu hatte die größte Protestwelle in der Türkei seit 2013 ausgelöst. Nach Angaben der Behörden vom 27. März wurden landesweit 1.879 Menschen festgenommen. Die Behörden der drei Großstädte Istanbul, Ankara und Izmir hatten nach der Festnahme İmamoğlus zunächst Demonstrationen verboten.

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Vor Gericht bezeichnete İmamoğlu kürzlich den Prozess in Silivri gegen sich als politisch motiviert. Er stehe hier, weil er drei Wahlen gegen die Person gewonnen habe, „die glaubt, Istanbul zu besitzen“. In dem Prozess geht es um Beamtenbeleidigung. Die Korruptionsvorwürfe, die im Zusammenhang mit seiner Festnahme gegen ihn erhoben wurden, stehen mit diesem Fall nicht in Verbindung.