Draußen ist es nass, drinnen feucht, vielleicht sogar fröhlich. So in etwa lässt sich die Situation am Montagabend im Münchner Rio Filmpalast beschreiben: Ein heftiger Regenschauer treibt die Gäste vom Rosenheimer Platz rein ins Kinofoyer und in die nebenan gelegene Kinobar, dort drängen sie sich dicht aneinander und lassen die ohnehin hohen Raumtemperaturen sprunghaft ansteigen. Der Schweiß fließt, die Stimmung steigt: Die Leute freuen sich auf einen Kinoabend mit Karli und Marie alias Sigi und Luise.

„Karli & Marie“ lautet der Titel des romantischen Roadmovies, das an diesem Abend Premiere feiert und in dem es für die beiden Titelfiguren von Niederbayern nach Tirol und zurück geht. Gespielt werden sie von Sigi Zimmerschied und Luise Kinseher: Beide sind für ihre scharfzüngigen und sprachgewaltigen Kabarettprogramme bekannt, beide zeigen sich hier von einer bislang unbekannten Seite. Er spielt einen angeblichen Nahkampfexperten und Bombenentschärfer, sie eine ehemalige Schönheitskönigin, Betonwerk-Erbin und George-Clooney-Ex. Klingt zugegeben etwas ausgedacht, die beiden Kabarettgrößen hauchen ihren Rollen aber viel Leben ein. Der von Christian Lerch („Was weg is, is weg“) inszenierte Film ist komisch und tragisch zugleich, er ist ganz auf seine Stars zugeschnitten. Vermutlich ihretwegen ist das Kino auch bis auf den letzten Platz besetzt.

Christian Lerchs neuer Film ist ganz auf seine Stars zugeschnitten – komisch und tragisch gleichermaßen.Christian Lerchs neuer Film ist ganz auf seine Stars zugeschnitten – komisch und tragisch gleichermaßen. (Foto: Florian Peljak)

Im Film treffen Karli und Marie bei einem missglückten Geldautomaten-Sprengversuch aufeinander, im wahren Leben kennen sich ihre Darsteller viel länger. „Schon seit über 30 Jahren“, sagt Sigi Zimmerschied vor dem Kino, „wir haben uns damals im Fraunhofer kennengelernt.“ Heute ist der gebürtige Passauer als Schauspieler gefragter denn je, in den Eberhofer-Filmen etwa spielt er den Dienststellenleiter Moratschek. Erst vergangene Woche feierte die Oskar-Maria-Graf-Adaption „Sturm kommt auf“ (mit Josef Hader und ihm in den Hauptrollen) Premiere beim Filmfest München.

Bei der Premiere im Rio trägt Sigi Zimmerschied eine Kochjacke, die im Film eine Rolle spielt und eine Mütze, die eher nach privatem Outfit aussieht. Von Äußerlichkeiten lässt sich der Kino- beziehungsweise Kabarettstar nicht ablenken, von Fotografen oder Fans auch nicht. Vom Wetter schon eher: Als es zu regnen anfängt, ist das Gespräch draußen schnell beendet. Zum Glück steht die ebenfalls ganz in Schwarz gekleidete Luise Kinseher unter einer Markise, also hüpft man über eine Pfütze zu ihr hinüber. Wie das damals im Wirtshaus im Fraunhofer genau gewesen sei, möchte man wissen. „Ich habe während meines Studiums als Kellnerin gejobbt, in der Zeit habe ich ihn und das Kabarett an sich kennengelernt“, antwortet sie.

Vor dem offiziellen Kinostart steht noch eine Kinotour an, manche der Aufführungen werden draußen stattfinden

Stimmt es auch, dass sie ihre Magisterarbeit über Sigi Zimmerschied geschrieben hat? Kinseher nickt und sagt: „Ja, das war ein gutes Thema, weil Sigi seine Programme veröffentlicht hatte. Es gab Platten, Filme und Bücher von ihm.“ Für eine wissenschaftliche Arbeit sei das nicht ganz unerheblich. Eins lässt sich also sagen: Ihr Filmpartner von heute hatte durchaus Einfluss auf ihren beruflichen Lebensweg. Bereits während ihrer Studienzeit stand sie selbst auf der Bühne, vor 15 Jahren spielte sie zum ersten Mal die Mama Bavaria auf dem Nockherberg. Bis zur ersten Zusammenarbeit mit Zimmerschied sollte es aber noch dauern, im Kabarett ist man ja oft als Einzelkämpferin unterwegs.

Im Jahr 2021 war es aber soweit: Im Kinokrimi „Weißbier im Blut“ spielte Kinseher eine Kellnerin, Zimmerschied ihren durstigen Kunden. Das kam gut an, also schrieb der Münchner Produzent Ulrich Limmer ein Drehbuch nur für die beiden: über zwei verlorene Seelen, die erst spät im Leben zueinanderfinden. Bei einem Besuch der Dreharbeiten im vergangenen Sommer sagte Limmer, dass er Liebesgeschichten aus der zweiten Lebenshälfte oft spannender fände. Luise Kinseher pflichtete ihm bei: „Die haben dann schon alle ihr Packerl zu tragen.“

Am 17. Juli startet „Karli & Marie“ in den bayerischen Kinos, vorher tragen seine Stars selbst noch ein paar Packerl durch Bayern: Sie gehen auf Kinotour, unter anderem werden sie in Regensburg, Wasserburg, Landshut, Passau oder München erwartet. Viele Vorstellungen finden drinnen statt, einige draußen. Feucht oder fröhlich dürfte es überall werden.