Die Münchner Altstadt verändert fortwährend ihr Gesicht – allerdings nicht immer zu ihrem Vorteil. Doch an diesem Dienstag gibt es für die Menschen, die zur Eröffnung des Projekts „Herzog Max“ am Karlstor gekommen sind, einen Grund zum Feiern. Nach fünf Jahren Planungs- und Bauzeit ist das denkmalgeschützte Gebäude, in dem sich früher Karstadt Sport befand, fertig. „Herzog Max“ heißt es nach seiner Adresse Herzog-Max-Straße 4, direkt neben dem Kaufhaus Oberpollinger. Eigentümer Euro Real Estate (Wilhelm von Finck Gruppe) und Projektentwickler Accumulata haben die einstige Handelsimmobilie mit viel Aufwand umgebaut. Zur Eröffnung schauten auch Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU), Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) und Münchens Wirtschaftsreferent Christian Scharpf (SPD) vorbei.

Merk zitiert in ihrer Rede den früheren Münchner OB Christian Ude mit dem Satz: „Den Münchner ist nicht nur der Ziegelstein wichtig, sondern auch das Erscheinungsbild.“ Dieser Satz passt gut hierher. Das denkmalgeschützte Haus aus dem Jahr 1865, das seinen markanten Spitzturm erst 1901  bei einem Umbau bekam, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Beim Wiederaufbau blieb nur ein Teil der barocken Fassade erhalten. 1979 zog hier Karstadt Sport ein und machte aus dem historischen Gebäude eine monofunktionale Einzelhandelsimmobilie, die 1990 entkernt wurde.

„Das war ein kluger Satz von Herrn Ude“, sagt Merk, „denn es geht gerade im inneren Altstadtbereich darum, erfahrbar zu machen, wo unsere Stadtgeschichte herkommt.“ Herzog Max liegt direkt am Karlstor, an der alten Stadtmauer also. Bei den Bauarbeiten erlebten Arbeiter eine Überraschung: Der historische Stadtbach war ins Gebäude eingedrungen. Beim Freilegen der Schäden kamen Fragmente der Zwingermauer zum Vorschein, die im 15. Jahrhundert als Teil des zweiten Stadtmauerrings errichtet wurde. Eines der Überbleibsel ist im Foyer ausgestellt.

Das Projekt gilt vielen der Anwesenden als Blaupause für die deutschen Innenstädte. „Große Kaufhäuser sind nicht mehr rentabel und verursachen Leerstände“, sagte Günter Koller, Leiter des Family Offices der Familie Finck. Herzog Max setzt daher auf gemischte Nutzung: Im Erdgeschoss ist der Sneaker-Hersteller New Balance eingezogen. Knapp zwei Drittel der 14 000 Quadratmeter Fläche mietet das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, um dort Mitarbeiter, Studierende und seine gewaltige Bibliothek unterzubringen. 95 Prozent der Fläche sind bereits vergeben, gesucht wird noch ein Interessent für die Gastronomie in der Herzog-Max-Straße, wo eine Außenterrasse angelegt ist und neu gepflanzte Bäume den einstmals düsteren Charakter der Gasse vertreiben sollen.

Bei den Bauarbeiten kam ein Fragment der Zwingermauer aus dem 15.Jahrhundert zum Vorschein. Ein Überbleibsel ist im Foyer ausgestellt.Bei den Bauarbeiten kam ein Fragment der Zwingermauer aus dem 15.Jahrhundert zum Vorschein. Ein Überbleibsel ist im Foyer ausgestellt. (Foto: Stephan Rumpf)Treppenhäuser wurden verlegt, Lichtschächte ins Gebäude geschnitten. So gibt es viel Tageslicht, im Foyer des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb.Treppenhäuser wurden verlegt, Lichtschächte ins Gebäude geschnitten. So gibt es viel Tageslicht, im Foyer des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb. (Foto: Stephan Rumpf)„Der neue Standort sollte für uns unbedingt im Zentrum der Stadt liegen“, sagt Josef Drexler, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb.„Der neue Standort sollte für uns unbedingt im Zentrum der Stadt liegen“, sagt Josef Drexler, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Max-Planck-Institut belegt nicht nur die oberen Geschosse, sondern auch das gesamte Untergeschoss. Es wird für die 250 000 Bände starke juristische Bibliothek genutzt, die bereits umgezogen ist. Ein Buch neben dem anderen ergibt das etwa sechs Kilometer Regalfläche. Weil es so viele sind, war ein Teil davon zuvor in Berlin ausgelagert. Nun wurden die Bestände zusammengeführt. „Wir haben jetzt etwa zehn Kilometer Regale, von denen derzeit sieben Kilometer belegt sind“, sagt Peter Weber, der über die Bücher wacht. „Wenn wir weiter jedes Jahr 5000 neue Bände kaufen, reicht uns der Platz für ungefähr 20 Jahre.“ So lange läuft der Mietvertrag.

Aber warum sucht sich ein Forschungsinstitut Büros mitten in der Altstadt, wo die Mieten besonders hoch sind? „Forschung gehört in die Mitte der Gesellschaft – genau dort, wo wir mit Herzog Max jetzt sind“, sagt Josef Drexler, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts. Die Nähe zu den Universitäten sei entscheidend gewesen für die Wahl des Standorts. „Bedenken Sie, wir ziehen innerhalb der Innenstadt um“, sagt Drexler. Da der Platz im Verwaltungsbau der Max-Planck-Gesellschaft am Hofgarten zu klein war, habe man in der Nähe zusätzliche Räume gemietet. „Wir zahlen dort heute einen höheren Preis als hier“, sagt Drexler bei der Führung durch die neuen Räume. „Wir haben einen guten Deal gemacht.“ Der Mietpreis für Herzog Max sei bereits vor sechs Jahren vereinbart worden. Damals war das Preisniveau deutlich niedriger als heute.

Bauminister Bernreiter freut sich, dass hier „mitten in der Stadt und mitten in der Gesellschaft ein lebendiger Ort entstanden ist, mit Raum zum Arbeiten, zum Forschen, zum Einkaufen“. Wirtschaftsreferent Scharpf verweist auf den Wandel, dem Innenstädte überall in Deutschland, nicht nur in München, unterliegen. „Im Moment kämpfen wir mit etlichen Baustellen, sei es die Langzeitbaustelle am Hauptbahnhof, sei es am Marienhof wegen der zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Und natürlich nicht zu vergessen die Benko-Hinterlassenschaften, ob Karstadt oder Alte Akademie.“ Er sei überzeugt, dass Herzog Max mit seiner neuen Nutzung helfe, die Innenstadt zu beleben und attraktiver zu machen.