Es ist schon ein wenig Pech, dass die Schüler des Leistungskurses Erdkunde der 11. Jahrgangsstufe gerade eine Klausur schreiben, als im Februar der Vibro-Truck von Geofizyka Torun S. A. vor der Carl-Benz-Gesamtschule rüttelte. „Ich habe ihnen erlaubt, kurz ans Fenster zu gehen und zu schauen, mehr war leider nicht drin“, sagt Erdkunde-Lehrerin Andrea Huber. Dabei hätte es perfekt zum Geothermie-Projekt gepasst, das Huber von Ende Mai bis zu den Sommerferien unter Anleitung von Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) durchgeführt hat. Mit sogenannten Raspberry Shakes haben die Schüler seismische Schwingungen an ihrer Schule erforscht.
Ein Raspberry Shake ist ein kleines, benutzerfreundliches Seismometer auf Basis eines Raspberry-Pi-Computers, das entwickelt wurde, um Erschütterungen wie Erdbeben, Explosionen oder auch ganz alltägliche seismische Aktivitäten zu messen und aufzuzeichnen. Zur Verfügung gestellt wurden die Geräte von der Wärmewerk Wörth GmbH, dem Joint Venture von Daimler Truck, Energie Baden-Württemberg und der Stadt Wörth. Ziel des Joint Ventures ist es, ein Geothermie-Werk zu bauen, das nicht nur das Werk von Daimler Truck, sondern auch die Stadt Wörth mit Wärme versorgt.
Wo ist der erschütterungsärmste Ort?
Udo Mertz, einem der beiden Geschäftsführer von Wärmewerk, liegt das Projekt an der Carl-Benz-Gesamtschule besonders am Herzen. „Die Jugendlichen sollen im naturwissenschaftlichen Unterricht an die Themen Geologie und Seismik herangeführt werden“, sagt Mertz. Die Einführung in die Geothermie umfasste drei Lernmodule. Zunächst erhielten die Schülerinnen und Schüler durch Geoökologin Judith Bremer und Geophysiker Jérôme Azzola vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) grundlegende Informationen zum Thema Seismologie. Dabei fand laut Huber kein herkömmlicher Unterricht statt, sondern interaktive Stationen zu den Themen „Technologien für geothermische Energie“, „Induzierte und natürliche Seismizität“ sowie „Seismische Überwachung“. Das Konzept stieß bei den Schülerinnen und Schülern auf großes Interesse, wie sie selbst bestätigen.
Wo war dis größte seismische Aktivität? Unter Anleitung von Wissenschaftlern des KIT analysieren die Schüler ihre Messergebnisse,Foto: Regina König/EnBW Energie Baden-Württtemberg AG
Richtig spannend wurde es dann beim zweiten Modul, dem praktischen Teil. Der Leistungskurs wurde in vier Gruppen aufgeteilt. Die Gruppen bekamen die Aufgabe, die erschütterungsreichsten beziehungsweise erschütterungsärmsten Orte auf dem Schulgelände zu finden. Die Wahl fiel auf zwei Kellerräume im A- beziehungsweise B-Gebäude, die Sporthalle sowie den Kopierraum, der nur von den Lehrern genutzt wird. An allen vier Orten wurden die Raspberry Shakes installiert. Vier Wochen bleiben sie dort, um Erschütterungen aufzuzeichnen. Regelmäßig wurden sie von den Schülern kontrolliert und die Daten ausgelesen.
Projekt auch an anderen Schulen denkbar
Ziel des Projekts ist es laut Wärmewerk, den Schülern ein Gefühl sowohl für natürliche seismische Aktivitäten als auch für vom Menschen verursachte Seismik zu geben. Dazu zählen etwa Bauarbeiten oder der Straßenverkehr. Oder das Kopieren im Kopierraum. Denn wie die Analyse zum Abschluss ergab, war der Kopierraum der erschütterungsreichste Ort. Allerdings haben die Raspberry Shakes nicht zuverlässig über den kompletten Zeitraum alle Daten gesammelt. Zudem gibt es in der Sporthalle die Einschränkung, dass das Gerät nicht mitten in der Halle, sondern nur am Rand platziert werden kann. Wenig überraschend: Nachts wurden in der Sporthalle kaum Schwingungen gemessen, am Tag dagegen umso mehr. Der erschütterungsärmste Ort an der Schule konnte nicht gefunden werden, da die Daten aus beiden Kellerräumen nahezu identisch waren.
Mit sogenannten Raspberry Shakes wurde seismischen Messungen auf dem Schulgelände vorgenommen.Foto: Regina König/EnBW Energie Baden-Württtemberg AG
Es war ein Pilotprojekt. Lehrerin Andrea Huber würde es gerne mit anderen Schülern wiederholen. Mit ihrem Erdkunde-Leistungskurs hat sie sich vor den Ferien intensiv mit dem Thema „Energiewende in Deutschland“ beschäftigt. „Da gehört die Geothermie natürlich dazu“, sagt Huber. Mertz kann sich gut vorstellen, dass das Projekt wiederholt wird. Auch an anderen Schulen. Die Schüler sollen durch das Projekt für die Auswirkungen menschlichen Handelns auf der Erde sensibilisiert werden und moderne Techniken besser verstehen. Und das ist ganz im Sinne des Wärmewerks.
An alle Teilnehmer an dem Projekt hat die Wärmewerk Wörth GmbH Urkunden verliehen..Foto: Daimler Truck