Eigentlich ist mit dem MGCS der Kampfpanzer der Zukunft schon geplant, dennoch fördert die EU mit MARTE erneut ein multinationales Großprojekt. Unterdessen wird auch am Leopard munter weiterentwickelt.

(BS) Unter der Führung von KNDS und Rheinmetall schließen sich 51 europäische Rüstungsunternehmen aus elf EU-Staaten plus Norwegen zur Main Armoured Tank of Europe (MARTE) ARGE zusammen. Gemeinsam planen sie, Entwürfe für ein zukünftiges Kampfpanzersystem zu erarbeiten. Dabei mischt auch die Europäische Union mit. Sie unterstützt das Projekt mit 20 Millionen Euro. Offiziell existiert das Projekt bereits seit dem 1. Dezember 2024. Zu diesem Zeitpunkt unterzeichnete die MARTE ARGE das Grant Agreement mit der Europäischen Kommission. Sechs Monate später ist das Projekt nun offiziell gestartet. Glaubt man den Förderdaten der Kommission, ist die Projektdauer auf 24 Monate ausgelegt.

Entwicklung auf der höchsten Ebene

Neben den deutschen Schwergewichten der Rüstungsindustrie, Rheinmetall und KNDS, ist auch die weitere paneuropäische Konsortiumsbeteiligung hochkarätig. Für Italien entwickelt Leonardo mit, in Spanien ist INDRA beteiligt, Schweden nimmt mit Saab am Entwicklungsprojekt teil, und Finnland partizipiert mit dem größten nationalen Rüstungsunternehmen Patria an der Entwicklung. Darüber hinaus wissen die Unternehmen des Konsortiums die Unterstützung mehrerer europäischer Verteidigungsministerien hinter sich. Insgesamt elf Ministerien unterstützen als potenzielle zukünftige Kunden das Projekt. Neben der Bundesrepublik sind das Belgien, Spanien, Estland, Finnland, Griechenland, Italien, Niederlande, Norwegen, Rumänien und Schweden. Sie ließen sich von dem Argument der MARTE ARGE überzeugen, größere strategische Autonomie in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen über das Projekt zu gewinnen. Konkret versprechen Rheinmetall und KNDS, durch die Integration innovativer und disruptiver Technologien ein widerstandsfähiges Verteidigungssystem zu entwickeln. Dabei sollen die Herausforderungen der modernen Kriegsführung als auch Lehren aus aktuellen Konflikten einfließen.

Viele Lösungen für ein Problem

Mit dem Anspruch, ein Kampfpanzersystem der nächsten Generation zu entwickeln, steht die MARTE ARGE nicht allein da. Am prominentesten ist hier das deutsch-französische Main Ground Combat System (MGCS) zu nennen. Eigentlich läuft das Projekt bereits seit 2012. Richtig Schwung kam allerdings erst im vergangenen Jahr ins MGCS. Im April erfolgte die Gründung der MGCS Project Company (MPC) durch KNDS Deutschland, KNDS France, Rheinmetall Landsysteme und Thales. Anspruch der Initiative ist, bis 2040 die Kampfpanzer Leopard 2 und Leclerc durch ein plattformübergreifendes Bodenkampfsystem zu ersetzen. Zunächst ist die MGCS Project Company damit befasst, Komponenten zu entwickeln und Auswahlentscheidungen vorzubereiten
Für Thales ist das MGCS allerdings nicht das einzige Panzerentwicklungsprojekt.

Mit dem Future Main Battle Tank Technologies (FMBTech) hat sich das französische Rüstungsunternehmen mit 26 Unternehmen aus 13 Mitgliedstaaten der EU und Norwegen zusammengeschlossen, um einen intelligenten Kampfpanzer zu entwickeln. Auch bei diesem Projekt gelang es Thales, das EU-Konsortium als Unterstützer zu gewinnen. Im Rahmen des European Defence Fund (EDF) stellt die EU etwa 20 Millionen Euro bereit.

Alleingänge neben den Gemeinschaftsentwicklungen

Nebst den drei parallel laufenden europäischen Kampfpanzersystemprojekten entwickeln die europäischen Staaten auch ihre nationalen Kampfpanzer weiter. In Deutschland betrifft das insbesondere den Leopard 2 mit der Kampfwertsteigerung A8 sowie das Konkurrenzprodukt aus Düsseldorf. Die deutsch-französische KNDS konnte für ihren Leopard 2 A8 bereits über 400 Lieferaufträge verzeichnen.

Allein 123 davon kommen aus Deutschland. Erste Systeme wurden allerdings bisher nur nach Tschechien ausgeliefert. Damit verfügen die tschechischen Streitkräfte über einen Kampfpanzer mit stärkerem Motor, besserer Panzerung und aktivem Schutzsystem im Vergleich zum Vorgängermodell. Auf der offensiven Seite wartet der A8 mit einem modernen Feuerleitsystem und einer neuen 120-mm-L55-Glattrohrkanone auf. Der Hersteller dieser Kanone – Rheinmetall – entwickelt unterdessen mit dem Panther KF51 seinen eigenen Kampfpanzer. Dieser sticht besonders durch seinen unbemannten Turm hervor. Allerdings wird in Ungarn eine Version mit bemanntem Turm entwickelt. Außerdem konnte Rheinmetall die deutsche Konkurrenz von KNDS in Italien ausstechen. Die Südeuropäer gaben dem Panther gegenüber dem Leopard den Vorzug und lassen über das Joint Venture Leonardo Rheinmetall Military Vehicles eine auf die Bedürfnisse ihrer Streitkräfte optimierte Version entwickeln und produzieren.

Für die französischen Streitkräfte stellte KNDS auf der Eurosatory im vergangenen Jahr mit dem Leclerc Evolution eine modernisierte Version des Leclerc XLR vor. Neben dem neuen Waffensystem Autoloaded and Scalable Outperforming Gun (ASCALON) verfügt der Prototyp auch über ein aktives Verteidigungssystem. Unterdessen soll die britische Weiterentwicklung des Challenger 2 noch in diesem Jahr in den Dienst gehen. Der Challenger 3 verfügt über einen neuen Turm und eine verbesserte Wanne. Außerdem wurde die 120-mm-Zugkanone L30A1 durch eine 120-mm-Glattrohrkanone im NATO-Kaliber ersetzt.