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Ein großes Kreuz – eineinhalb Meter hoch und 50 Zentimeter breit, darauf ein gekreuzigter Christus: Zwei Schülerinnen eines staatlichen Gymnasiums in Bayern störten sich am täglichen Anblick des Kruzifixes im Eingangsbereich ihrer Schule. Weil die Schulleitung ihren Wunsch abgelehnt hatte, das Kreuz abzuhängen, klagten die jungen Frauen – und bekamen jetzt vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof teilweise Recht.
Urteil: Kruzifix verletzt Glaubensfreiheit der Schülerinnen
Das Kruzifix im Eingangsbereich habe die Glaubensfreiheit der Schülerinnen verletzt, urteilte der BayVGH. Die Weigerung der Schule, das Kruzifix zu Schulzeiten der Klägerinnen zu entfernen, sei daher rechtswidrig gewesen. Die Klägerinnen, die mittlerweile ihr Abitur gemacht haben, seien wegen der Schulpflicht dazu gezwungen gewesen, das Kreuz immer wieder zu sehen, bemängelten die Richter. Eine zumutbare Ausweichmöglichkeit habe es nicht gegeben.
Laut Verwaltungsgerichtshof gibt es für Gymnasien keine gesetzliche Regelung für das Anbringen von Kreuzen. Ob ein Kruzifix in einer Schule durch ein bayerisches Gesetz legitimiert werden könnte, ließ der BayVGH den Angaben zufolge offen. Vorgeschrieben sind Kreuze in Bayern für staatliche Dienstgebäude, dazu zählen Schulen nicht.
Alternativunterricht während des Schulgottesdienstes rechtmäßig
Dagegen sieht es der Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig an, dass die Schülerinnen einen Alternativunterricht besuchten mussten, wenn sie an Schulgottesdiensten nicht teilnehmen wollten. Zwar könne der Besuch von Schulgottesdiensten den Schülerinnen und Schülern nicht vorgeschrieben werde. Daraus könne jedoch kein Anspruch abgeleitet werden, für die Dauer des Schulgottesdienstes vom Unterricht befreit zu werden. Durch den Alternativunterricht werde vielmehr eine Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler sichergestellt.
Staatskanzleichef: „Bedauerlich“
Nach BR-Informationen handelte es sich um das Hallertau-Gymnasium im oberbayerischen Wolnzach. Die Schule wollte sich auf Anfrage zu dem Urteil nicht äußern und verwies auf das Kultusministerium. Eine Reaktion des Ministeriums steht noch aus.
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) bezeichnete das Urteil zum Kreuz als bedauerlich. Es sei aber eine Einzelfallentscheidung und betreffe auch nicht den „Kreuzerlass“ der Staatsregierung. „Das Kreuz ist ein Zeichen unserer kulturellen und historischen Prägung.“ Kreuze sollte man laut Herrman „aufhängen und nicht abhängen – und im konkreten Einzelfall zum Ausgleich der unterschiedlichen Ansichten einfach umhängen“.
Auch bayerische CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek bedauerte die Gerichtsentscheidung. „Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“