Erneut hat Russland die Ukraine in der Nacht mit einer massiven Angriffswelle überzogen (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages). Bei ihren Attacken nehmen die Russen nach ukrainischen Angaben vermehrt Rekrutierungszentren ins Visier. Wie die „Washington Post“ schreibt, seien solche Zentren allein in den ersten beiden Juli-Tagen fünfmal angegriffen worden (Quelle hier).

„Letzte Woche Krywyj Rih, zweimal Poltawa, eines in Krementschuk. Diese Woche Saporischschja und Charkiw. Das ist ein signifikantes Muster“, sagte Oberst Vitalii Sarantsev, Sprecher des ukrainischen Kommandos der Bodentruppen, der Zeitung. Ziel der Russen sei es, die Mobilisierungsprozesse der Ukraine zu stören, Angst und Zweifel unter der Bevölkerung zu säen sowie das Bild eines gefährlichen Ortes zu erwecken.

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Kiew hat bereits seit geraumer Zeit Probleme, neue Rekruten für den Krieg zu gewinnen. Während sich in der Anfangsphase viele Ukrainer freiwillig meldeten, nahm die Zahl im Laufe der Zeit kontinuierlich ab. Und so mancher versucht, sich der Wehrpflicht zu entziehen. Wenn die Rekrutierungszentren nun auch noch als unsichere Orte angesehen würden, dürfte das ein zusätzliches Problem sein.

Dabei geht es in den Zentren nicht nur um die Feststellung, ob jemand wehrtüchtig ist. Dort werden zum Beispiel auch die Leistungen für Militärfamilien oder Veteranen berechnet. „Diese Aufgaben sollten sich nicht mit der Mobilisierung überschneiden“, sagt Sarantsev. Auch spricht er davon, möglichst viele Dienste zu digitalisieren, um mehr Sicherheit zu gewährleisten.

Manche Rekrutierungszentren, so schreibt die „Washington Post“ weiter, verfügten inzwischen schon über Bunker oder befänden sich in unterirdischen Anlagen, die älteren allerdings befänden sich oft in ganz normalen Häusern in dicht besiedelten Gebieten. Und bis sich das komplett ändert, kann es noch lange Zeit dauern.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russland hat in der Nacht die Ukraine mit Raketen und einer Rekordzahl an Drohnen angegriffen. Insgesamt seien 728 sogenannte Geran-Drohnen des ursprünglich iranischen Typs Shahed sowie dessen Attrappen gestartet worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Mehr hier.
  • Elf Jahre nach dem MH17-Abschuss über der Ukraine hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland dafür verantwortlich gemacht. „Die Beweise legen nahe, dass die Rakete absichtlich auf Flug MH17 abgefeuert wurde, wahrscheinlich in der irrigen Annahme, es handle sich um ein Militärflugzeug“, heißt es in dem in Straßburg veröffentlichten Urteil. Mehr hier.
  • Der US-Nachrichtensender CNN hat eine Tonband-Aufnahme aus dem US-Wahlkampf 2024 veröffentlicht. Darin behauptet Donald Trump, den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einer Drohung vor dem Einmarsch in die Ukraine gewarnt zu haben. Mehr hier.
  • US-Präsident Donald Trump erwägt einem Bericht zufolge die Lieferung eines zusätzlichen Luftabwehrsystems an die Ukraine. Laut „Wall Street Journal“ zieht er in Betracht, Kiew angesichts der massiven russischen Angriffe ein zusätzliches Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zu schicken. Mehr hier.
  • Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat nach eigenen Angaben zwei chinesische Staatsbürger festgenommen, die verdächtigt werden, Daten über die Produktion ukrainischer Neptun-Raketen gesammelt zu haben. Der SBU erklärt, er habe einen 24-jährigen ehemaligen Studenten in Kiew festgenommen. Später wurde auch sein Vater festgenommen. Mehr im Newsblog.
  • Bei russischen Angriffen in der ostukrainischen Region Donezk sind laut Behörden acht Zivilisten getötet worden. Bei Drohnenangriffen auf Privatautos in dem Ort Rodynske wurden fünf Menschen getötet, wie die Staatsanwaltschaft in Donezk am Mittwoch mitteilte. Drei weitere Zivilisten wurden demnach bei einem wenige Minuten darauf erfolgten Bombenangriff auf das Dorf Kostjantyniwka getötet.
  • Das russische Außenministerium wirft der Bundesregierung vor, sich an militärischen Angriffen der Ukraine weit hinter den Grenzen Russlands beteiligen zu wollen. „Hinter diesem ganzen verbalen Schleier verbirgt sich schlecht der getarnte Wunsch der Regierung Merz, auch an Schlägen tief im Inneren unseres Landes teilzunehmen“, sagte Sprecherin Maria Sacharowa laut staatlicher Nachrichtenagentur Tass.
  • Der Kreml zeigt sich unbeeindruckt von den kritischen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Wir sind da ziemlich gelassen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. Trump sei für seinen „harschen rhetorischen Stil“ bekannt.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Mittwoch vor Beginn der internationalen Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom eingetroffen. Wie das ukrainische Präsidialamt mitteilte, waren neben Selenskyjs Teilnahme an der Konferenz Treffen mit Papst Leo XIV., dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella und dem Ukraine-Sondergesandten der USA, Keith Kellogg, geplant.
  • Russlands Außenminister Sergej Lawrow reist nach Angaben aus Pjöngjang in den kommenden Tagen nach Nordkorea. Geplant sei ein Besuch von Freitag bis Sonntag, meldete die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Mittwoch. 
  • Etwa zehn Prozent der Soldaten des südlichen Militärbezirks der russischen Streitkräfte erhalten keinen Sold oder nur einen Teil davon, will der ukrainische Militärgeheimdienst erfahren haben. Er bezieht sich auf Berichte des russischen Verteidigungsministeriums. 
  • Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht über neun Regionen des Landes 86 Drohnen zerstört. Davon seien 23 über der Region Kursk unschädlich gemacht worden, erklärt das Verteidigungsministerium in Moskau.  

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