Berlin – Der Teufelsberg mit seinen einst markanten weißen US-Army-Kuppeln sollte vor 30 Jahren von einer Investorengruppe entwickelt werden. Vor 20 Jahren erteilte der Senat ein Bauverbot. Heute ist das Gelände ein Albtraum.

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In den Ruinen auf dem Berg wird am Freitag eine Ausstellung eröffnet, mit Werken „von 29 internationalen Künstler*innen, die sich mit Demokratieverständnis und respektvoller Kommunikation im urbanen Raum auseinandersetzen“. Adresse: Radarstation Teufelsberg, Teufelsseechaussee 10, 14193 Berlin. Das Gelände wird, so heißt es in der Einladung, „inzwischen als Galerie für Street-Art betrieben“.

Soll man lachen oder weinen? Dieser weltberühmte Ort des Kalten Krieges, dieses Symbol des freien West-Berlin ist zu einer lächerlichen Street-Art-Galerie geschrumpft? Wie kam es dazu? Die Geschichte ist absurd und typisch für Berlin, wo es kleinen Gruppen von Aktivisten gelingt, große Projekte zu vereiteln. Hier die Geschichte in fünf Kapiteln:

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Erstes Kapitel: Eine Investorengruppe aus Westfalen kauft 1996 die Teufelsberg-Spitze (fünf Hektar) für 5,2 Millionen Mark (2,6 Millionen Euro). Ein Hotel und Tagungsstätten sind geplant, in den ehemaligen Radartürmen sollen 75 Wohnungen und Lofts eingebaut werden.

Zweites Kapitel: Das Baurecht wird erteilt, eine Musterwohnung entsteht und wird allseits bewundert. Das Projekt ist attraktiv, denn der Teufelsberg ist nur zehn Autominuten von der Messe entfernt. Doch es kommt anders.

Drittes Kapitel: Ein sogenanntes „Aktionsbündnis“ im „Ökowerk“ am Teufelsberg bekämpft die Pläne, mit Unterstützung der Grünen. Viertes Kapitel: Als sich die Bebauung verzögert und die Baugenehmigung 2004 verlängert werden muss, verweigert die damalige Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ihre Unterschrift. Die Baugenehmigung sei erloschen, schreibt sie dem Aktionsbündnis. Dort knallten die Sektkorken.

Fünftes Kapitel: Junge-Reyer ändert den Bebauungsplan, der Teufelsberg gilt plötzlich als Wald und darf nicht mehr bebaut werden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

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Mit einer politischen Entscheidung wurde eines der spektakulärsten Projekte in Berlin vernichtet. Und es ist nicht das Einzige: Der Flughafen Tempelhof ist 17 Jahre nach der Schließung noch immer ein Sanierungsfall.

Der Flughafen Tegel gleicht fünf Jahre nach der Schließung einem Schrottplatz. Beide wurden dem Denkmalschutz unterworfen, der jede Investition und jede Entwicklung verhindert – so verhält es sich auch mit dem ICC.

Der Checkpoint Charlie ist zwar ein Touristen-Hotspot, überzeugt aber nicht wirklich mit seine Attraktivität

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Foto: Olaf Selchow

Oder nehmen wir das Beispiel Checkpoint. Seit 35 Jahren will der Senat den legendären Grenzübergang als Denkmal der Teilung gestalten. Viel mehr als ein paar Sandsäcke und Bretterbuden und eine Filiale von Kentucky Fried Chicken sind dort bis heute nicht zu sehen. Auch hier wurden die Investoren und Projektentwickler durch immer neue Bedenkenträger vertrieben.

Auf der politischen Bühne werden die falschen oder gar keine Entscheidungen getroffen. Das Resultat ist eine grandiose Verwahrlosung an den besten und teuersten Orten der Stadt.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de