Einst konnte das Kino auch ohne Worte viel sagen. Als die Bilder laufen lernten, waren sie zunächst stumm und mussten sich ganz auf die visuelle Ausdruckskraft und eine packende Musikbegleitung verlassen. Die Internationalen Stummfilmtage Bonn lassen diese Ära des frühen Kinos jeden Sommer wieder auferstehen. Vom 7. bis 17. August 2025 gibt es auch in diesem Jahr im Rahmen des 41. Bonner Sommerkinos erneut eine schillernde Auswahl an Stummfilmen zu entdecken. Der Tradition der Stummfilmtage entsprechend, werden dabei unterschiedliche Genres und Länder-Kinematografien berücksichtigt.

Den Auftakt macht am 7. August ein Krimi-Melodram aus den USA, entstanden 1928, inszeniert von Victor Schertzinger und produziert von David O. Selznick: „Forgotten Faces“. Der Film kreist um einen Gentleman-Dieb, der wegen seiner garstigen Frau im Knast landet und um das Wohl seiner Tochter bangt. Und da es bei den Bonner Stummfilmtagen ebenfalls Tradition ist, die Screenings mit Live-Musikbegleitung zum Leben zu erwecken, begleitet die Musikerin Meg Morley die Vorführung am Flügel.

Ein dankbares Feld für eine schwungvolle Musikbegleitung dürfte auch ein weiterer Film aus dem Jahr 1928 liefern: die deutsche Stummfilmkomödie „Saxophon-Susi“ von Regisseur Karl Lamac. Die deutsch-tschechische Schauspielerin Anny Ondra, einer der großen Stars des frühen Kinos, spielt eine junge Frau aus adligem Haus, die mit einem Revuegirl befreundet ist und davon träumt, wie ihre Freundin im Showbiz zu reüssieren. Diese aber würde nichts lieber tun, als der Bühne den Rücken zu kehren und ein biederes Leben zu führen – was die beiden schließlich veranlasst, die Rollen zu tauschen – und damit munteres Verwechslungsspiel in Gang zu setzen.

Ebenfalls mit einer überzeugenden Hauptdarstellerin wartet der chinesische Film „Shennü“ auf, ein Melodram aus dem Jahr 1934. Der von Wu Yonggang inszenierte Film präsentiert die Schauspielerin Ruan Lingyu (1910–1935), die „Garbo des Ostens“, als Prostituierte und soziale Außenseiterin, die verzweifelt ums Wohl ihres kleinen Sohnes kämpft.

Ebenfalls in einer neu restaurierten Fassung erstrahlt passend zum Thomas-Mann-Jahr der Film „Die Buddenbrooks“ aus dem Jahr 1923, inszeniert von Gerhard Lamprecht – die erste Verfilmung der 1901 erschienener Familiensaga von Thomas Mann.

21 Kurz- und Langfilme aus 12 Ländern bestücken in diesem Jahr das Programm der Stummfilmtage, begleitet von ebenso vielen Musiker:innen bzw. Ensembles. Neben bekannten Künstlern wie Günter A. Buchwald, der schon öfters beim Bonner Festival musikalisch mitwirkte, werden einige Musiker auch ihr Stummfilmtage-Debüt geben. Etwa die Wuppertaler Violinistin Gunda Gottschalk, die in ihrer Arbeit immer wieder die Verbindung zu anderen Künsten sucht, vom Theater über Film, Kunst und Literatur bis zum Hörspiel.

Wer die Stummfilm-Screenings nicht live vor Ort im Arkadenhof der Bonner Universität miterleben kann, muss nicht verzweifeln. Denn die während der Corona-Lockdowns erprobte Praxis, einen Großteil des Festivalprogramms auch online als Stream anzubieten, wird auch 2025 fortgeführt. Aktuelle Infos dazu und zum gesamten Programm finden sich zeitnah auf der Webseite der Stummfilmtage.