„Männer müssen enganliegende Badehosen tragen“ und  „Für Frauen ist enganliegende Badekleidung zugelassen, die maximal bis zum Knie reicht“ – diese Badevorschriften finden sich aktuell in mehreren Freibädern in Baden-Württemberg. Sie heißen übersetzt nichts anderes als: Schlabber-Badehosen und Burkinis müssen draußen bleiben oder gegen entsprechende Kleidung getauscht werden.

Dabei verweisen die Badbetreiber auf Hygiene-Maßnahmen und das Ziel einer verbesserten Wasserqualität. Zudem habe es in der Vergangenheit „sehr viele Beschwerden von Badegästen über unsachgemäße Badekleidung anderer Gäste“ gegeben, heißt es etwa seitens der Stadt Lörrach. Auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung präzisiert Stadt-Pressesprecher Alexander Fessler: „Mittlerweile ist es gerade bei jungen Männern zur Mode geworden, unter den Badeshorts noch Markenunterhosen zu tragen. Unser Badepersonal sah sich zahlreichen Diskussionen ausgesetzt, was viel Zeit in Anspruch genommen hat.“

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Dieses Bild zeigt, welche Badebekleidung erlaubt und welche verboten ist. (Foto: Screenshot/Parkschwimmbad Lörrach)

Nun heißt es in der Verordnung der Bäder, die sich überwiegend im Landkreis Lörrach befinden, wörtlich: „Die Badebekleidung muss aus Kunstfaser bestehen“. Baumwolle ist nicht gestattet. Und damit die Unterhose für keine Diskussionen mehr sorgt, sind nur noch enganliegende Badekleider erlaubt. Ein Bad im Markgräferland spricht zudem von Vermüllung durch Taschentücher und Reste, die sich nicht selten in den Taschen der Badeshorts befinden würden. Neu gilt dort ebenfalls ein Verbot von „Badeshorts mit Taschen“.

Schulklasse aus Ravensburg kaufte halben Shop leer

Doch was, wenn man keine Badeslips oder enganliegenden Badehosen besitzt? Diese Erfahrung musste eine Schulklasse aus Ravensburg kürzlich bei ihrem Ausflug ins Parkschwimmbad Lörrach machen. Nach Schilderungen der Lehrperson hatten mehrere Jungs nur luftige Badeshorts dabei, woraufhin die Klasse sich im Shop des Schwimmbads mehrheitlich neu einkleiden musste. „Wir haben fast alle Badehosen leergekauft“, sagt die Lehrerin, die anonym bleiben möchte, zur Schwäbischen Zeitung.

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Da der Kiosk-Shop privat betrieben wird, kann die Stadt keine Auskunft zum Vorfall geben. Aber die Einführung der neuen Kleiderordnung führte zu einzelnen Beschwerden – „was bei einer derart grundlegenden Änderung auch zu erwarten war“, ergänzt Fessler.

Neue Regel: „Echt zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre“

Doch die Erklärungen der Bäder zur Einführung der neuen Verordnung stoßen bei einigen auf Kritik. So heißt es etwa aus den Reihen des Bündnis 90/Die Grünen Markgräferland: „Die paar Zentimeter Stoff vom Ellenbogen bis zur Hand und vom Knie bis zum Knöchel sollen die Qualität des Badewassers gefährden. Echt zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.“

Auch Daniel Klein-Palmer von den Regio Bädern Freiburg sagte kürzlich im SWR: „Lange Badekleidung ist nicht zwangsläufig unhygienischer.“ Selbst bei verschwitzten Kleidungsstücken bestünde durch das Chlor im Wasser kein Hygienerisiko. Wohl aber steige der Energieverbrauch der Filteranlagen.

So viele Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gab es 2024LandeskriminalamtSo viele Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gab es 2024

Im vergangenen Jahr registrierte die bayerische Polizei einen Anstieg der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – zuletzt wurden 227 Fälle dokumentiert, wie das Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage der Deutschen-Presse-Agentur (DPA) mitteilte. Im Jahr 2023 waren es 193 Fälle gewesen, 2022 waren 171 Fälle registriert worden. Enthalten sind Straftaten an Badestränden, Badestellen, in Schwimmbädern, Freibädern und Badeanstalten. Der Ausländer-Anteil ist gemessen am Bevölkerungsanteil sehr hoch: Unter den 163 Tatverdächtigen im Jahr 2024 waren 66 Deutsche. 97 dagegen hatten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

In Baden-Württemberg sind die Zahlen auf hohem Niveau leicht rückläufig. Wurden vor zwei Jahren noch 187 Straftaten in diesem Bereich registriert, so waren es im Jahr darauf 171. Das entspricht einem Rückgang um 8,6 Prozent, wie das LKA mitteilte. Auffällig ist allerdings auch hier, dass fast zwei von drei Tatverdächtigen keinen deutschen Pass besitzen. Insgesamt kommen laut LKA 80 der 133 erfassten Verdächtigen aus dem Ausland.

Gemeinderat lässt Kindern etwas Spielraum

Erst Ende Mai beschäftigte sich der Gemeinderat in Müllheim erneut mit der neuen Badeverordnung. Die Grünen reichten einen erneuten Antrag auf Streichung des Passus: „Badebekleidung darf weder über die Ellenbogen noch über die Knie reichen“ ein. Stattdessen sollte dort stehen: „Ganzkörperbadeanzüge sind erlaubt“. Diese Anpassung lehnte der Gemeinderat ab – lässt neu aber Kindern etwas Spielraum. Wörtlich heißt es im Beschluss: „Der Gemeinderat beschließt, die Neufassung der Badeordnung mit dem Halbsatz: ‚ausgenommen bei Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr‛, zu ergänzen und somit diesem Personenkreis auch das Baden mit langärmliger Badebekleidung zu ermöglichen.“

Stadträtin Dora Pfeifer-Suger (Grüne) vermutet hinter der Aktion systematische Ausgrenzung und Diskriminierung: „Die Erklärungen ergeben für mich keinen Sinn. Mit dem Argument Wasserqualität werden Frauen im Burkini vom Baden im Schwimmbad ausgeschlossen. Es gab sogar schon Probleme, wenn sie nur ihre Kinder am Becken beaufsichtigen wollten. Dabei bleibt das Material doch das gleiche, es sind nur einige Zentimeter mehr Stoff“, erklärt sie im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung.

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Solche Badehosen sind bereits in einigen Schwimmbädern verboten. (Foto: Felix Kästle)

Von der neuen Regelung sind aber auch Badegäste betroffen, die aus medizinischen Gründen Sonnenschutzkleidung im Wasser tragen müssen. Bereits im Herbst will die Grünen-Politikerin erneut einen Antrag auf Änderung der Badeordnung einreichen.

In Bädern der Stadt Lörrach ist die Lage noch strenger: Es gibt gar keine Ausnahmeregelungen. Stadtsprecher Fessler: „Jede Ausnahme birgt die Gefahr von Missverständnissen und führt dazu, dass unser Bäderpersonal erneut in unnötige Diskussionen verwickelt wird.“

„Ein starkes Signal für die sexuelle Selbstbestimmung“

Manuel Ostermann, erster stellvertretender Vorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, begrüßt auf Nachfrage den Schritt der Bäder. Vermutet hinter diesem jedoch ebenfalls weitere Gründe als reine Sparmaßnahmen und Hygiene. Ostermann: „Ein starkes Signal für die sexuelle Selbstbestimmung und individuelle Freiheit von Frauen. Darüber hinaus ist es ein Fakt, dass überdurchschnittlich viele Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Bädern und Badestellen von ausländischen Tätern begangen werden.“ Diese Personengruppe würde bekannterweise eher Abstand von sehr enganliegender Kleidung – wie etwa einem Badeslip – nehmen.

Die Stadt Lörrach beobachte indes, dass die Zahl der Beschwerden kontinuierlich abnehme. „Viele Badegäste äußern sich zudem positiv“, so Fessler. Doch: „Ob die neue Kleiderordnung sexuelle Übergriffe verhindern kann, vermögen wir nicht zu beurteilen. Sie gilt für alle Badebesucher und Besucherinnen gleich, ohne Ausnahme nach Geschlecht und Religion.“