In Hamburg entsteht die größte Abwasserwärmepumpe Deutschlands. Sie soll künftig bis zu 39.000 Haushalte mit klimafreundlicher Fernwärme versorgen – gespeist aus gereinigtem Abwasser und eingebunden in den Energiepark Hafen. So steht es um das Projekt

Zwischen Rohrleitungen, Stahlträgern und technischen Aggregaten stehen drei interessierte Besucher: Umweltsenatorin Katharina Fegebank (Grüne), Hamburg-Wasser-Geschäftsführer Michael Beckereit und die Geschäfstführerin der Hamburger Energiewerke Kirsten Fust lassen sich den Fortschritt eines Projekts zeigen, das Hamburgs Fernwärmeversorgung grundlegend verändern soll: die neue Abwasserwärmepumpe auf dem Gelände des Klärwerks Dradenau. Noch ist sie nicht in Betrieb, doch schon jetzt gilt sie als Schlüsselbaustein für den Kohleausstieg der Stadt.

Mit einer geplanten Leistung von 60 Megawatt wird die Abwasserwärmepumpe auf dem Gelände an der Dradenau die größte Anlage ihrer Art in Deutschland. Die Technik ist Teil des Energieparks Hafen – einem modularen Verbund unterschiedlicher Wärmeerzeuger, der den Kohleausstieg in Hamburg ermöglichen soll.

Fegebank hat die Baustelle der Großwärmepumpe am Montag besucht, um sich einen eigenen Einblick zu verschaffen. Fegebank ist seit dem 7. Mai im neuen Amt und besucht schrittweise die wichtigsten Projekte der Wärmewende, die Vorgänger Jens Kerstan (Grüne) angestoßen hat. Die Anlage ist eins der innovativsten Projekte auf dem Weg das alte Kohlekraftwerk Wedel abzuschalten, das aktuell noch große Teile der Hamburger Fernwärme liefert.

Im Klärwerk mit seinen Standorten am Köhlbrandhöft und an der Dradenau – beide im Hafen – kommt alles Abwasser der Stadt zusammen. Etwa dank Duschwärme und Fäulnisprozessen wird es nie kälter als zwölf Grad. Im Sommer hat es im Durchschnitt mehr als 20 Grad. Für Experten bietet das Abwasser damit enormes Energiepotenzial.

Vier Wärmepumpenaggregate mit je 15 Megawatt Leistung wandeln diese Wärme in 95 Grad Celsius heißes Wasser um. Die installierte thermische Leistung beträgt 60 Megawatt. Das heiße Wasser wird zur benachbarten Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) im Energiepark Hafen geleitet. Dort kann es zwischengespeichert und bei Bedarf weiter erhitzt werden, bevor es unter der Elbe hindurch ins Hamburger Fernwärmenetz eingespeist wird.

Fegebank sprach von einem „Meilenstein für Hamburgs Wärmewende“. Mit der neuen Anlage werde Abwasser zu einer Ressource, die bis zu 39.000 Haushalten klimafreundliche Wärme liefern könne. „Das Projekt zeigt, wie wir mit Innovation zu klimafreundlichen Lösungen kommen können“, sagte sie.

Die Wärmepumpe gehört dem städtischen Unternehmen Hamburg Wasser, das auch für Planung, Bau und Betrieb verantwortlich ist. Die Hamburger Energiewerke, ebenfalls städtischer Versorger, finanzieren die Anlage mit rund 60 Millionen Euro, übernehmen die Steuerung und speisen die erzeugte Wärme ins Netz ein.

Kirsten Fust, Sprecherin der Geschäftsführung der Hamburger Energiewerke, sieht in der Anlage eine verlässliche Energiequelle für die Millionenstadt. Großwärmepumpen seien eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende. „Mit unserer gemeinsamen neuen Anlage auf der Dradenau bringen wir jetzt auch die Wärme aus Abwasser auf die Zielgerade“, erklärte sie. Im Energiepark Hafen würden künftig weitere klimafreundliche Wärmequellen gebündelt und unter der Elbe hindurch ins Stadtnetz eingespeist – ein großer Schritt raus aus der Kohle.

Michael Beckereit, technischer Geschäftsführer von Hamburg Wasser, verweist auf das Potenzial, das in der Abwasserwärme bislang ungenutzt blieb. Die neue Anlage erschließe diese Quelle erstmals im großen Maßstab und mache sie für die städtische Wärmeversorgung verfügbar. „In Abwasser steckt Energie – und wir machen sie nutzbar“, sagte Beckereit.

Die Anlage ist eingebettet in den Energiepark Hafen, eines der zentralen Infrastrukturprojekte, mit dem Hamburg Wärme aus möglichst klimaneutralen Quellen an die Fernwärmekunden im städtischen Netz liefern will. Neben der Abwasserwärmepumpe gehören dazu unter anderem die Einspeisung von Abwärme aus der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm, die Nutzung industrieller Abwärme aus energieintensiven Betrieben im Hafengebiet sowie eine Power-to-Heat-Anlage, die überschüssigen Strom in Wärme umwandelt. Ergänzt wird das System durch einen Wärmespeicher, der erzeugte Energie puffert und bedarfsgerecht verfügbar macht. Bis 2030 soll der Anteil der Fernwärme aus Kohle von ehemals 64 Prozent auf null sinken.

juve