Beim Abnehmen verjüngt sich das Fettgewebe – Spektrum der WissenschaftDirekt zum InhaltVerborgene Gesundheitseffekte: Beim Abnehmen verjüngt sich das Fettgewebe

Wenn adipöse Menschen abspecken, regeneriert sich das Fettgewebe offenbar grundlegend auf molekularer Ebene. Das könnte erklären, warum sich eine Gewichtsreduktion oft so positiv auf Typ-2-Diabetes und andere Erkrankungen auswirkt.

Eine mikroskopische Aufnahme von menschlichem Fettgewebe, das in einem Querschnitt dargestellt ist. Links zeigt das Bild eine histologische Färbung mit weißen Fettzellen, die als große, runde Strukturen erscheinen, umgeben von rosa gefärbtem Bindegewebe. Ein vergrößerter Ausschnitt, bei dem es sich um eine  computergenerierte Illustration handelt, hebt die Struktur der Fettzellen hervor, die als große, gelbliche Kugeln mit roten Zellkernen erscheinen. Die Darstellung verdeutlicht die Anordnung und Beschaffenheit von Fettgewebe auf zellulärer Ebene.

© Kateryna Kon / Getty Images / Science Photo Library (Ausschnitt)

In den Adipozyten nehmen Fetttropfen fast die ganze Zelle ein. Der Zellkern mit der DNA wird an den Rand gedrückt. Lichtmikroskopische Aufnahme von Fettgewebe (links unten) mit Bindegewebe. In der Vergrößerung eine computergenerierte Illustration einzelner Fettzellen.

Wenn stark übergewichtige Menschen dauerhaft abnehmen, profitiert ihre Gesundheit meist erstaunlich. Oft bildet sich ein vorhandener Typ-2-Diabetes teilweise zurück, manchmal verschwindet er sogar ganz. Auch die Funktion der Blutgefäße kann sich verbessern, Entzündungsvorgänge im Körper beruhigen sich. Aber warum? Ein Forschungsteam um William Scott vom Imperial College London hat durch die Analyse von mehr als hunderttausend einzelnen Zellen erstmals detailliert untersucht, was im Fettgewebe beim Abnehmen genau vor sich geht. In der Fachzeitschrift Nature berichtet die Gruppe, wie sich Form, Stoffwechsel und Allgemeinzustand der Fettzellen (fachlich: Adipozyten) verändern, wie entzündliche Prozesse in ihrer Umgebung abnehmen und wie sich bestimmte krankhafte Vorgänge zum Teil wieder umkehren.

Die Forscher verglichen entnommenes Unterhaut-Fettgewebe von rund 50 Personen, darunter solche mit schwerer Fettleibigkeit (BMI größer 35) vor und nach einer chirurgischen Therapie wie einer Magenverkleinerung sowie schlanke Personen. Die erste Biopsie fand während der Operation, die zweite mindestens fünf Monate danach statt – da hatten die Patienten im Schnitt bereits 25 Kilogramm abgenommen. Bei ungefähr 100 000 Zellen analysierte das Team die gesamte Genexpression in den einzelnen Zellkernen und verknüpfte die Ergebnisse dabei mit der genauen Position im Gewebe. Zudem verglich es die Resultate mit jenen in einer Datenbank von 50 000 Zellen weiterer Probanden. Der Blick auf das jeweilige »Transkriptom«, also die Gesamtheit aller aktivierten Gene einer Zelle, gibt Auskunft über ihren Stoffwechsel und ihre Funktionstüchtigkeit.

Vor der OP durchwanderten bei den adipösen Patienten zahlreiche Immunzellen das Fettgewebe – hauptsächlich verschiedene Typen von Makrophagen und Lymphozyten. Auch der Stoffwechsel der diversen Immunzellen war ungünstig verändert. Die Gewichtsreduktion verringerte den Entzündungsgrad des Fettgewebes, die Zahl der Immunzellen nahm insgesamt ab. Allerdings hatten die Makrophagen zumindest im Untersuchungszeitraum teilweise noch nicht wieder den Zustand erreicht, der bei gesunden dauerhaft schlanken Personen beobachtet wird.

Insgesamt fanden sich bei den adipösen Menschen weniger, dafür größere Adipozyten im Gewebe. Etliche Fettzellen waren mutmaßlich abgestorben. Viele Zellen wiesen eine reduzierte Stoffwechselaktivität auf, bildeten aber vermehrt Kollagenfasern, was das Gewebe verhärtet und vernarbt. Nach der Gewichtsreduktion schrumpften die Adipozyten. Die fibrotischen (verhärteten) Zellen wurden weniger und der Stoffwechsel verbesserte sich, zum Beispiel was denAbbau von verzweigtkettigen Aminosäuren betrifft. Das ist für die Insulinempfindlichkeit des Fettgewebes essenziell. Auch die Verteilung der Blutgefäße im Fettgewebe näherte sich nach dem Abnehmen dem gesunden Zustand an.

Insgesamt kehrte die Gewichtsreduzierung die Effekte des Übergewichts auf die Genregulation verschiedenster Zelltypen des Fettgewebes weitgehend wieder um, berichten die Fachleute. Das galt auch für jene Gene, die mit der Zellalterung in Zusammenhang stehen. Die Anzahl »seneszenter«, also nicht mehr voll funktionstüchtiger und teilweise geschädigter Zellen reduzierte sich: Abspecken wirkt demnach wie eine Verjüngungskur auf das Fettgewebe. Abnehmen hat zahlreiche Auswirkungen auf zelluläre Prozesse, die für einen gesunden Stoffwechsel und ein langes Leben wichtig sind, resümieren die Autoren der Studie.

Diesen Artikel empfehlen:

ist promovierte Biologin und Redakteurin für Hirnforschung, Psychologie, Medizin und Biologie.

  • Digitalausgaben
  • Printausgaben
  • Topseller
  • Bundles

Miranda, A.M.A., Nature, 10.1038/s41586–025–09233–2, 2025

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.