Mit einem Lächeln auf den Lippen begleitet Pfarrer Michael Heil die Fahrzeugsegnung von seinem Geländewagen aus, der dem „Papamobil“ des Papstes gleicht. Foto: Privat
Ein stiller Moment vor dem Aufbruch: Am 8. Juli stellte die Kirche St. Georg Fahrzeuge und ihre Fahrenden unter Gottes Segen.
Für vorbeigehende Passanten bot sich ein ungewöhnliches Bild. Auf dem Kirchhof von St. Georg standen Menschen still zwischen ihren Fahrzeugen – nicht, um aufzubrechen, sondern um zu bleiben. Neben ihnen ein einzelner Eimer mit Weihwasser, daneben ein ganz gewöhnlicher Schöpflöffel. Wer an der Szene vorbeiging, sah, wie einer nach dem anderen den Löffel in das Wasser tauchte und mit konzentriertem Blick ein paar Tropfen auf Motorhauben, Scheinwerfer oder Fahrradlenker träufelte. Es sah aus wie ein kurioses Parkplatzritual, und doch steckte für die Beteiligten etwas Tieferes darin. Zwischen Autotüren und Beton lag für einen Moment etwas, das man dort selten spürt: Ruhe, Gemeinschaft und ein leiser Hauch von Glaube im Vorbeigehen.
Am 8. Juli 2025 fand in der katholischen Kirchengemeinde in Stuttgart-Nord die jährliche Fahrzeugsegnung statt. Der Abend begann um 18 Uhr mit einem kleinen Gottesdienst in der Kirche, geleitet von Pfarrer Michael Heil. In seiner Predigt lenkte er den Blick auf eine oft übersehene Wahrheit im Straßenverkehr: Dass man sich nicht allein durch die Welt bewegt. Um uns herum seien Menschen, sagte Heil, jeder mit seiner eigenen Geschichte, mit Sorgen, Hoffnungen und einem Ziel. Der Gottesdienst wurde mit dem Abendmahl gefeiert und klang mit dem Lied „In Gottes Namen fahren wir“ aus – ein stimmiger Übergang in die anschließende Segnung.
Schutzengel für jeden auf Rädern
Draußen auf dem oberen Kirchhof wartete bereits eine bunte Mischung an Fahrzeugen: Neuwagen, Oldtimer, Minibusse und Kinder-Rutschautos – jedes Fahrzeug ein Ausdruck von Mobilität im Alltag. Auch ein Motorrad war dabei, gefahren von David Peters, einem der wenigen jungen Teilnehmenden an diesem Abend. Der junge Mann hat sich vor ein paar Wochen ein Motorrad zugelegt und nahm aus diesem Anlass zum ersten Mal an einer Fahrzeugsegnung teil. Eine Teilnehmerin kommentierte das mit den Worten: „Ein paar Schutzengel extra schaden nie!“
David Peters vertraut auf himmlischen Beistand und segnet sein Motorrad mit einer Portion Weihwasser. Foto: Privat Segen aus dem Eimer und ein Lächeln im Gesicht
Ein besonderes Detail sorgte bei vielen für ein Schmunzeln: Pfarrer Heil fuhr mit einer weißen Mercedes G-Klasse auf den Kirchhof, die unter den Anwesenden augenzwinkernd als sein „Papamobil“ bezeichnet wurde. Der ungewöhnliche Auftritt passte zur Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor, die den Abend prägte. Obwohl der Pfarrer präsent war, übernahm er die eigentliche Segnung nicht allein. Stattdessen waren alle eingeladen, ihre Fahrzeuge selbst zu segnen. Dafür stand ein Eimer mit vorab gesegnetem Weihwasser bereit. Viele nutzten die Gelegenheit, das eigene Fahrzeug zu besprengen und ein stilles Gebet zu sprechen – manche gemeinsam mit Familie, andere allein.
Christophorus als stiller Begleiter
Pfarrer Heil brachte den Sinn des Abends in einem Zitat auf der Website der Gemeinde treffend auf den Punkt: „Ich habe es selbst erlebt, wie wichtig es ist, dass das Leben unter dem Segen Gottes steht. Wir segnen mit den Fahrzeugen ja nicht nur die Fortbewegungsmittel, sondern vor allem die Menschen, die mit ihnen unterwegs sind. Das ist doch ein guter Wunsch: Sei auf allen deinen Wegen gesegnet.“ Im Hintergrund stand die Figur des Heiligen Christophorus, der als Schutzpatron der Reisenden gilt. Seine Legende – ein starker Mann, der Christus über einen reißenden Fluss trug – zieht sich als Symbol durch viele dieser Segnungen. Auch an diesem Abend trugen manche Besucher Christophorus-Plaketten bei sich.
Auffällig war, dass der Großteil der Teilnehmenden älteren Jahrgangs war. Die Gemeinde hatte sich erhofft, mit der offenen Gestaltung des Abends auch mehr junge Menschen anzusprechen. Doch auch in kleiner Runde wurde deutlich, wie viel solch ein Moment bewirken kann. Wer kam, ging nicht nur mit gesegnetem Fahrzeug, sondern auch mit einem Gefühl der Begleitung für den weiteren Weg. Und wer weiß – vielleicht schützt der Segen nicht nur vor Unfällen, sondern auch vor Stuttgarter Parkplatzsuchen und dem Sommerstau auf der B27.