Neben der Kritik, die die Unterzeichnerinnen und
Unterzeichner des Misstrauensvotums vorbringen, sieht sich von der Leyen auch
mit Vorwürfen aus der politischen Mitte des Parlaments konfrontiert: Liberale,
grüne und linke Abgeordnete kritisieren, von der Leyens Europäische Volkspartei
(EVP) öffne sich zunehmend rechten Kräften wie der EKR – also ausgerechnet
jener Fraktion, aus der nun auch das Misstrauensvotum gegen sie eingebracht
wird. 

© Lea Dohle

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„Wollen Sie mit denen regieren, die Europa zerstören wollen, oder
mit uns, die wir jeden Tag kämpfen, um es aufzubauen?“, fragte die
Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Iratxe García Pérez, bei
einer Parlamentsdebatte in Richtung der Kommissionspräsidentin und
des EVP-Fraktionschefs Manfred Weber. Von der Leyen wies die Vorwürfe während der Debatte zurück. Der Misstrauensantrag sei ein
„weiterer plumper Versuch, einen Keil zwischen unsere Institutionen zu
treiben, zwischen die proeuropäischen, prodemokratischen Kräfte dieses
Hauses“.

Laut Politikwissenschaftler Nicolai von Ondarza von der
Stiftung Wissenschaft und Politik nutzt insbesondere EVP-Fraktionschef Weber im Parlament
häufiger Mehrheiten mit Rechtsaußen, um beispielsweise in den Bereichen Klima
und Soziales Politikwechsel durchzuführen. Dass die politische Mitte für das
Misstrauensvotum stimmt, sei unwahrscheinlich. Denkbar sei jedoch, dass die Abgeordneten mit einer Enthaltung ein Zeichen setzen werden.

Die EKR-Fraktion will nach eigenen Angaben mehrheitlich
gegen das Misstrauensvotum stimmen. Für von Ondarza zeigt das vor allem die
Spaltung der rechten Parteien im Europaparlament. „Die rechten Fraktionen
geben der EVP zwar in einzelnen Bereichen die Möglichkeit, Politikwechsel zu
erzwingen, aber sie bieten eben noch keine verlässliche Mehrheit“, sagt der
Politikwissenschaftler.

Von Ondarza erwartet dennoch, dass Weber weiter rechte
Mehrheiten suchen wird. „Wir schlittern gerade hinein in eine unberechenbarere Politik im Europarlament, wo wir nicht länger eine klare
proeuropäische Mehrheit der Mitte haben.“ Ausschließlich negativ wertet das von Ondarza aber nicht: „Man sieht, dass das Europäische Parlament interessanter
wird und europäische Politik eine höhere Legitimation bekommt, weil mehr
darüber gestritten wird und eine härtere politische Auseinandersetzung geführt
wird.“