Der Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission von Ursula von der Leyen ist gescheitert. Bei der Abstimmung im Europaparlament votierten 175 der Abgeordneten für den Vorstoß aus dem rechten Lager. 360 lehnten ihn ab, 18 enthielten sich. 

Insgesamt stimmten 553 der derzeit 719 Parlamentarier ab.
Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum wären zwei Drittel der abgegebenen
Stimmen ohne Enthaltungen nötig gewesen, mindestens aber 360.

Eingereicht hatten den Misstrauensantrag 77 Parlamentarier,
darunter die 15 deutschen AfD-Abgeordneten sowie Politiker der Partei
Rassemblement National (RN) von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie
werfen von der Leyen und ihrem Team Intransparenz und Missmanagement vor, insbesondere
mit Blick auf die Corona-Politik. Wäre der Misstrauensantrag angenommen worden,
hätte die EU-Kommission geschlossen zurücktreten müssen.

Von der Leyen wirft Rechten Verschwörungen vor

Angestoßen hatte den Antrag der rechtsradikale rumänische Abgeordnete Gheorghe Piperea von der Fraktion der
Europäischen Konservativen
und Reformer (EKR). Er warf von der Leyen eine angebliche Einmischung der EU in die
Präsidentschaftswahl in Rumänien vor und kritisierte Textnachrichten, die die Kommissionschefin während der Coronapandemie mit dem Vorstandsvorsitzenden des Pharmakonzerns Pfizer
ausgetauscht hatte.

© Lea Dohle

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Bei einer Aussprache im Parlament am Montagabend hatte von der Leyen
ihren rechten Kritikern vorgehalten, Verschwörungen anzuheizen und selbst keine
Antworten auf politische Probleme zu haben. Es gebe reichlich Beweise, dass
viele der extremen Kräfte von Feinden unterstützt würden, ob die Strippenzieher
nun in Russland säßen oder anderswo, sagte sie.

Belastungsprobe für von der Leyen

Für die deutsche CDU-Politikerin, die der europäischen Parteienfamilie EVP angehört, war der
Vorstoß aus dem rechten Lager trotz geringer Erfolgsaussichten eine
Belastungsprobe. Die Kommissionspräsidentin hatte mit manchen ihrer Initiativen zuletzt auch bei ihr eigentlich wohlgesonnenen Abgeordneten für Unmut gesorgt. 

Bei der Aussprache im Plenum am Montag hatten auch Sozialdemokraten
und Liberale von der Leyen und das Mitte-Rechts-Bündnis EVP kritisiert. Sie warfen der EVP vor, zuletzt mehrfach in Kauf genommen zu haben, dass politische Projekte mit
Stimmen aus dem Rechtsaußen-Lager vorangebracht worden seien.

„Mit wem wollen Sie regieren?“

„Mit wem wollen Sie regieren? Mit wem wollen Sie Europa
zerstören oder mit wem kämpfen wir jeden Tag, um es aufzubauen?“, fragte etwa
die S&D-Fraktionsvorsitzende Iratxe García. Die liberale
Fraktionsvorsitzende Valérie Hayer (Renew) sagte: „Frau Präsidentin,
sehen Sie die Sackgasse, in die Sie und Ihre politische Familie geraten sind,
weil Sie zugelassen haben, dass die EVP Zweckbündnisse mit der extremen Rechten
eingeht.“ 

Die EVP ist eigentlich in einer Art informeller Koalition
mit den europäischen Sozialdemokraten und Liberalen. Sie ist auf die Stimmen
dieser Parteien angewiesen, wenn sie politische Projekte ohne Stimmen von
Rechtsaußen durchbringen will. 

Von der Leyen war während der Abstimmung nicht im Parlament,
sondern nahm an der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Rom teil. Nach
Darstellung des deutschen SPD-Politikers René Repasi machte von der Leyen
allerdings vor dem Votum Zugeständnisse und sicherte unter anderem zu, dass
auch im nächsten langfristigen EU-Haushalt Geld für den sogenannten
Europäischen Sozialfonds (ESF) eingeplant wird. Der ESF ist ein Instrument zur
Beschäftigungsförderung und soll unter anderem Ausbildung und Qualifizierung
unterstützen.

EU-Kommission

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