Zuerst veröffentlicht am
10/07/2025 – 19:18 MESZ
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Der EU-Migrationskommissar Magnus Brunner und drei EU-Minister wurden am Dienstag aus Libyen ausgewiesen, laut Brüssel wegen eines „protokollarischen Problems“. Aber, warum wollten sie sich mit Marschall Haftar, dem Oberhaupt im Osten Libyens, treffen?
Nach einem Treffen mit der libyschen Regierung in Tripolis sollte die EU-Delegation in Benghazi mit Marschall Haftar zusammentreffen, um sich über die Migrationsfrage auszutauschen. Allerdings drang Haftar darauf, dass seine Minister anwesend sind.
„Es war einfach ein Trick von Haftar, um zu versuchen, seine Regierung und seine Militärdiktatur zu legitimieren,“ so Tarek Megerisi, Forscher beim European Council for Foreign Relations (ECFR).
„Als der Trick nicht funktionierte und der EU-Botschafter und andere Diplomaten erklärten, dass sie sich nicht mit der Regierung treffen könnten, warf Haftar, wie die Engländer sagen, sein „Spielzeug aus dem Kinderwagen“. Er schickte die europäischen Diplomaten zurück nach Europa, weil er sie für diese politische Scharade, die er abziehen wollte, nicht gebrauchen konnte.“
Ein geteiltes Land
Libyen ist in zwei Teile geteilt. Im Westen des Landes steht die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung der nationalen Einheit unter der Leitung von Ministerpräsident Abdel Hamid Dbeibah.
Der Osten wird von seinem Rivalen, Marschall Khalifa Haftar, kontrolliert, der die selbsternannte Libysche Nationalarmee anführt.
Die Europäische Union arbeitet mit Libyen zusammen, um die illegale Einwanderung und die Schmugglernetzwerke zu bekämpfen.
„Die EU als auch von die Mitgliedsstaaten, insbesondere Italien, haben mit der libyschen Küstenwache im Westen zusammengearbeitet, um zu versuchen, die Migrationsströme irgendwie einzudämmen. Und die EU hat auch die Bemühungen der Libyer unterstützt, die Migranten zurückzunehmen, sobald sie wieder libyschen Boden betreten haben. Das ist natürlich umstritten, denn es gibt viele Fragen zu den Menschenrechten und der Behandlung, die sie in Libyen erfahren“, so James Moran, ehemaliger EU-Botschafter in Libyen und wissenschaftlicher Mitarbeiter am CEPS (Centre for European Policy Studies), gegenüber Euronews.
Amnesty International sowie andere NGOs haben die EU beschuldigt, sich an Menschenrechtsverletzungen gegen Migranten in Libyen mitschuldig zu machen.
„Ein russischer Stellvertreter“
In den letzten Jahren haben die Überfahrten nach Europa aus dem Osten Libyens zugenommen.
„Die Sorgen um die Migration sind in ganz Europa bekannt. Und da er (Marschall Haftar) einen so großen Teil der libyschen Küste kontrolliert, war es meiner Meinung nach logisch, mit ihm zu sprechen. Was keinen Sinn gemacht hätte, wäre gewesen, ihm irgendeine Anerkennung zu geben, de facto oder nicht“, meint James Moran.
Es stellen sich jedoch Fragen, ob die EU überhaupt ein Treffen mit Marschall Haftar benötigt.
„Wir ermächtigen einen russischen Stellvertreter, der den europäischen Interessen zuwiderläuft. Wenn wir das ganze Durcheinander der aktuellen Krise beseitigen, wird klar, dass Europa in Libyen eine stabile und souveräne Regierung braucht“, so Tarek Megerisi gegenüber Euronews.
Er beschuldigt insbesondere die Familie Haftar, die Migration zu instrumentalisieren, um zu versuchen, Zugeständnisse von der EU zu erhalten.
In den letzten Tagen erlebten griechische Inseln einen starken Zustrom von Migranten aus Libyen.