Berlin – Die SPD-Fraktion hat ein neues Mahnmal gefordert, das in Berlin errichtet werden soll. Das Mahnmal soll an die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia erinnern.
Das heutige Namibia war als „Deutsch-Südwestafrika“ von 1884 bis 1915 eine Kolonie des deutschen Kaiserreiches. Im Jahr 1904 lehnte sich das Volk der Herero auf und bekämpfte die Besatzer mit Gewalt. Das deutsche Militär schlug mit aller Härte zurück und tötete bis zu 80.000 Angehörige der Herero und bis zu 20.000 Menschen aus dem Volk der Nama. An dieses Gemetzel soll das Mahnmal, das die SPD vorschlägt, erinnern.
Auch interessant
Anzeige
Auch interessant
Anzeige
Anlass ist das Jubiläum der Partnerschaft zwischen Berlin und Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Diese Partnerschaft wurde im Juli 2000 besiegelt. Zum 25. Jahrestag reist am Sonntag eine Delegation des Berliner Abgeordnetenhauses nach Windhoek.
Die Erinnerung an unsere Geschichte – auch an die dunklen Seiten und die Staatsverbrechen – ist von großer Bedeutung. Die SPD möchte „ein klares Zeichen für eine postkoloniale Erinnerungskultur in Berlin“ setzen. Das ist gut und richtig, doch leider ist diese Erinnerungskultur von großer Einseitigkeit geprägt.
Lesen Sie auch
Die deutsche Kolonialzeit wird heute fast ausschließlich als Zeit der Grausamkeit, der Ausbeutung und des Rassismus dargestellt. Dieses Bild wird der Geschichte nicht gerecht. Die Grausamkeit war keine Erfindung der Deutschen. Die Herero hatten ihren Lebensraum gewaltsam vom Volk der San erobert und das Volk der Damara als Sklaven gehalten.
Die deutschen Kolonialherren haben den Sklavenhandel nicht erfunden, sie haben ihn bekämpft und wurden deshalb von afrikanischen Sklavenhändlern angegriffen. Die Abschaffung der Sklaverei ist eine westeuropäische Errungenschaft, zu der Deutschland erheblich beitrug.
„Deutsche waren damals ebenso Täter wie Wohltäter, schreibt der SPD-Politiker Mathias Brodkorb in seinem neuen Buch „Postkoloniale Mythen“. Die Afrikaner wiederum seien Opfer gewesen, aber als Sklavenhändler und Kollaborateure auch selbst Täter.
In Windhoek ist besonders gut erkennbar, wie stark die deutsche Kultur das Land geprägt hat. Die Architektur der deutschen Gründerzeit, Denkmäler und zahlreiche deutsche Straßennamen prägen das Stadtbild, außerdem deutsche Bäckereien und Gaststätten und deutschsprachige Schulen.
Lesen Sie auch
Das heutige Namibia hat unter deutscher Kolonialherrschaft gelitten, aber von der deutschen Kultur auch profitiert. Wenn wir mit einem Mahnmal an die koloniale Gewalt erinnern, lassen wir die andere Seite unter den Tisch fallen.
Mit der Einseitigkeit ihres Antrags folgt die SPD der Mode der Zeit. Die Völkerkundemuseen werden schon seit Jahren als Orte der Schande und des Raubgutes umgedeutet. Die Archäologen gehen in Sack und Asche. Das ist vollkommen übertrieben. Genauso übertrieben ist es, immer nur die Schattenseiten der deutschen Geschichte hervorzuheben und alles andere zu vernachlässigen. Die deutsche Kolonialgeschichte gehört mit allen ihren Widersprüchen ins Deutsche Historische Museum. Ein Mahnmal reicht dafür nicht aus.
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de