Ein Brief wird in einen Briefkasten gesteckt.

Stand: 11.07.2025 05:00 Uhr

Viele Menschen in Schleswig-Holstein beklagen, dass Briefe erst nach vielen Tagen oder gar nicht zugestellt werden. Sind das Einzelfälle oder kommt die Post regelmäßig zu spät? NDR SH hat es getestet.

von Luka Simon

Schornsteinfeger Axel Schömer aus Breiholz im Kreis Rendsburg-Eckernförde schaut in seinen Briefkasten: wie gewohnt leer. „Wenn man das jetzt ein halbes Jahr mitmacht, dass das relativ schlecht läuft, erwartet man die Post nicht, muss ich leider schon sagen“, sagt er. Manche Briefe seien erst nach ein bis zwei Wochen in seinem Briefkasten. Das sehe man an den Erstellungsdaten, zum Beispiel auf Rechnungen.

Doch das viel größere Problem des selbstständigen Schornsteinfegers: Er verschickt Benachrichtigungskarten an seine Kundinnen und Kunden in Gettorf, bevor er für einen Einsatz zu ihnen nach Hause fährt. Seit Februar allerdings dauere es bis zu vier Wochen, bis diese Benachrichtigungen in Gettorf ankommen, sagt er. Gerade aus dieser Gegend häuften sich in den vergangenen Wochen auch die Beschwerden über zu späte Briefe. „Ich habe es häufiger gehabt, dass wir vor Türen standen, wo der Kunde einfach nicht wusste, dass wir heute aufschlagen – man schaut dann in ein ratloses Gesicht“, so Schömer. Das halte ihn bei seiner Arbeit auf, weil er dann erst wieder einen neuen Termin vereinbaren muss.

Briefe werden in einen Briefkasten geworfen.

Mehrere Gettorfer berichten, dass ihr Briefkasten wochenlang leer bleibt. Die Post räumt Probleme ein.

Verspätete Post = Problem mit Rechnungen

Zwischen Januar und Juli 2025 gingen 1.419 Beschwerden aus Schleswig-Holstein bei der Bundesnetzagentur wegen verspäteter Post ein. Hörerinnen und Hörer haben sich bei NDR Schleswig-Holstein gemeldet und über ihre unregelmäßig gefüllten Briefkästen geklagt. Die Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher sind teilweise dramatisch: Rechnungen kommen nicht rechtzeitig bis zur Zahlungsfrist an oder Mahnungen werden verpasst.

Post-Check: Großteil pünktlich, manche Briefe verschollen

NDR Schleswig-Holstein wollte es genau wissen und hat einen Post-Check durchgeführt. Dafür haben wir 120 Briefe an 24 Personen aus allen Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein verschickt. Zum Vergleich ging einer davon auch nach Hamburg. Jede Person hat fünf Briefe aus Kiel, Norderstedt, Heide, Flensburg und Lübeck erhalten. Das Ergebnis ist zwar nicht repräsentativ, aber es gibt einen ersten Einblick, wie lange ein Brief von Kreis zu Kreis unterwegs ist.

Das Ergebnis: Briefe pünktlich zu erhalten, ist manchmal ein Glücksspiel. Ein Großteil der Briefe kam zwar innerhalb von vier Tagen bei den Adressaten an, bei 25 Prozent (sechs Personen) war mindestens ein Brief aber erst nach den gesetzlich vorgegebenen vier Werktagen im Briefkasten. Nach zehn Werktagen fehlt von zwei Briefen noch jede Spur. Innerhalb der Kreise kamen die Briefe zu sehr unterschiedlichen Zeiten an.

Am schwächsten abgeschnitten haben der Kreis Pinneberg (alle fünf Briefe kamen zu spät), der Kreis Plön (knapp jeder dritte Brief kam zu spät), Flensburg (zwei Briefe kamen nach neun Werktagen) und der Kreis Rendsburg-Eckernförde (zwei Briefe kamen erst nach neun Werktagen). Die durchschnittlichen Werte sehen größtenteils gut aus, in vielen Orten in Schleswig-Holstein waren einzelne Briefe aber viel zu lange unterwegs. Breiholz zum Beispiel hat zwar einen guten Durchschnittswert (Briefe kamen im Schnitt nach 3,5 Tagen an), dieser bildet sich aber aus den pünktlichen ersten Briefen (ein Werktag) und dem verspäteten fünften Brief (sechs Werktage).

Deutsche Post hat seit 2025 einen Tag mehr Zeit für Zustellung

Dabei hat die Post seit dem 1. Januar 2025 gesetzlich sogar einen Tag mehr Zeit als im vergangenen Jahr, Briefe auszuliefern. Nach dem neuen Postgesetz muss die Deutsche Post nämlich 95 Prozent der Briefe am dritten Werktag und 99 Prozent der Briefe spätestens am vierten Werktag nach Einwurf zustellen. Gäbe es noch die kürzeren Brieflaufzeiten hätten bei unserem Experiment fast 50 Prozent der Teilnehmenden mindestens einen verspäteten Brief gehabt.

Post kämpft mit Personalengpässen

Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein sagt die Deutsche Post, dass der Betrieb zwar „ordnungsgemäß und ohne Auffälligkeiten“ laufe, fügt aber hinzu: „Allerdings kann es in den vergangenen Wochen aufgrund von Personalengpässen, eines erhöhten Krankenstandes und der Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen auf einzelnen Zustelltouren zu Verzögerungen in der Zustellung gekommen sein. Flächendeckende Laufzeitverzögerungen können wir jedoch ausschließen.“

Der Schriftzug Postkasse steht auf zwei roten, dänischen Briefkästen

Nicht nur die Deutsche Post will viele Stellen abbauen – in Dänemark will Postnord ab 2026 das komplette Briefgeschäft beenden. Das kostet 1.500 Jobs.

Der Grund für die Verspätungen also: zu wenig Personal auf zu großem Gebiet. Briefe aus den gelben Briefkästen der Deutschen Post müssen nämlich erst einmal in einem Verteilzentrum sortiert und den Kreisen zugeordnet werden. Drei Briefzentren in Kiel, Elmshorn und Lübeck beliefern Schleswig-Holstein mit Briefen.

Am 1. Juli hat die Post neues Personal eingestellt, „um der herausfordernden Personallage entgegenzuwirken“, so ein Sprecher der Deutschen Post. Im Verteilzentrum Kiel seien das 70 neue Mitarbeitende. Das neue Personal muss jetzt aber erst einmal eingearbeitet werden, das erfordere Zeit, so der Sprecher.

Künftig mehr Pünktlichkeit bei der Post?

Für Schornsteinfeger Axel Schömer gibt es einen Post-Lichtblick: Vor wenigen Tagen haben sich manche seiner Kundinnen und Kunden bereits einen Tag nach dem Verschicken seiner Briefe bei ihm gemeldet. Das habe ihn überrascht, sagt Schömer. „Ich kann jetzt noch nicht feststellen, ob es flächendeckend ist, aber es ist zumindest etwas bei den Kunden angekommen.“

Ein Fahrzeug des Paketdienst des Lieferanten DHL. Logo im Fokus.

Die CDU Lübeck fordert von der Post Konsequenzen. Die Post hingegen verweist auf das neue Laufzeitgesetz.

Vier rote Briefkästen hängen nebeneinander in Aarhus, Dänemark.

Ein Brief ist in Dänemark schon mal fünf Tage unterwegs. 2026 will die dänische Post den Briefversand ganz einstellen.

Zahlreiche Briefe liegen in einer gelben Postbox.

Nachdem ein Quickborner von unzähligen Briefen überflutet wurde, hat sich das Finanzministerium entschuldigt. Es gab auch ein kleines Geschenk.