Fast fünf Jahre liegt der Vorfall zurück – am Freitag entschied das Leipziger Landgericht: Das Verfahren gegen die Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich und drei Mitangeklagte wird eingestellt, teils unter Auflagen. Dem Quartett lag gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung zur Last, nachdem es bei einer Demonstration am 7. November 2020 in Leipzig einen Fotografen attackiert haben soll.

In erster Instanz hatte das Amtsgericht Leipzig gegen die damals noch unter männlichem Namen bekannte Marla Svenja Liebich im September 2023 sieben Monate Haft verhängt, wohingegen die Strafen für drei Mitangeklagte zur Bewährung ausgesetzt worden waren. Alle waren in Berufung gegangen. Das Quartett sollte laut Anklage während einer Demo gegen Corona-Maßnahmen in Leipzig am 7. November 2020 eine gemeinschaftliche, gefährliche Körperverletzung begangen haben.

Gerangel auf Corona-Demo 2020

Es war ein Tag mit unübersichtlicher Lage, als eine stationäre Kundgebung auf dem Augustusplatz aufgelöst war und Teilnehmer aus der Versammlung eine Polizeikette auf dem Ring am Wintergartenhochhaus durchbrachen. Dabei wurden auch Einsatzkräfte und Pressevertreter zur Zielscheibe von Angriffen.

In diesem Zusammenhang hatten die Verdächtigen laut Staatsanwaltschaft einen Fotografen attackiert. Verwackelte Videos zeigen, dass der seinerzeit Anfang 40-Jährige vorab zu einem Schlag gegen den Kopf von Liebich ausgeholt hatte, was er mit einer gefühlten Bedrohung erklärte. Gegen den Mann liefen ebenfalls Ermittlungen, diese wurden eingestellt.

Nach der Handbewegung hielt Liebich den Mann fest, während sich ein Gerangel entwickelte, in dessen Verlauf die Mitangeklagten Caroline K. (28) und Uwe H. (53) auf das Opfer einschlugen bzw. eintraten. Auch Matthias B. (44) schaltete sich am Ende noch in den Tumult ein und beleidigte offenbar den Fotografen, der erheblich verletzt wurde. Herbeigeeilte Bereitschaftspolizisten lösten die Situation nach rund 20 Sekunden auf.

Anderes Urteil rechtskräftig, Haftunterbringung offen

Die Dynamik des Geschehens sowie der mögliche Schlag des Fotoreporters im Vorfeld waren Gründe dafür, dass das Verfahren am Freitag eingestellt wurde, so der Vorsitzende Richter Berthold Pfuhl, der vorab von der Möglichkeit eines minderschweren Falls sprach. Dazu könnte kommen, dass die zu erwartende Strafe nicht mehr erheblich ins Gewicht fällt, da Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich in anderer Angelegenheit zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt worden ist.

Dieser Richterspruch unter anderem wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung ist seit Mai 2025 rechtskräftig: Marla Svenja Liebich muss hinter Gitter. Wann und wo genau, ist derzeit offen. Über die 54-Jährige heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt: „Seit November 2024 ist Sven Liebich nach dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag Marla Svenja Liebich zu nennen.“

Am Freitag trug sie vor Gericht erneut ein auffälliges Outfit. Mit Medien sprechen wollte sie nicht. Noch unter dem früher bekannten Namen wurde Liebich mit regelmäßigen Demo-Anmeldungen in Halle, Beleidigungen und massiver Hetze gegen Minderheiten in Verbindung gebracht und mehrfach gerichtlich verurteilt.

Notwehr-Version galt als zweifelhaft

Alle Angeklagten hatten zuletzt über ihre Verteidiger eine Beteiligung am Geschehen vom November 2020 eingeräumt und auch Bedauern geäußert. Dabei hob Liebichs Anwalt Sebastian Lehr nochmals den Schlag des Fotografen gegen seine Mandantin hervor und dass sie nur festgehalten, nicht angegriffen habe. Caroline K. und Uwe H. müssen vor der endgültigen Einstellung ihres Verfahrens eine Geldauflage zahlen.

In erster Instanz vor dem Leipziger Amtsgericht machten Liebich und die Mitangeklagte Caroline K. im September 2023 geltend, sie hätten sich nur gegen den Reporter verteidigen und ihn aufgrund des Schlags gegen Liebich der Polizei übergeben wollen.

Die Richterin nahm ihnen diese Notwehr-Version damals nicht ab: Zweifel gab es, da sich die Angeklagten laut Urteil verdächtig schnell vom Ort entfernten und man im Pulk aggressiv gegen den Geschädigten vorgegangen sei, selbst als von diesem kein Risiko mehr hätte ausgehen können. Für Liebich sah die Richterin eine ungünstige Sozialprognose und erklärte auch damit, dass eine Bewährung nicht mehr infrage komme.