Hannover – Wird ausgerechnet ein verurteilter Rauschgifthändler dem Staatsanwalt zum Verhängnis? Im Prozess vor dem Landgericht Hannover belastete ein Kokain-Dealer den u.a. wegen Bestechlichkeit angeklagten Juristen schwer.
Der Zeuge: Besim M. (41). Seit Oktober 2024 sitzt der mehrfach vorbestrafte Albaner eine sechsjährige Haftstrafe wegen Rauschgifthandels ab. Bei einem Treffen am Maschsee in Hannover, so seine Aussage am Donnerstag, habe ihm der mutmaßliche Boss der Kokain-Mafia die Identität des Maulwurfs verraten.
Der Maschsee in Hannover. Enthüllte hier ein mutmaßlicher Drogenboss im Gespräch die Identität seines Maulwurfs bei der Staatsanwaltschaft?
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16 Tonnen Kokain – und ein Spitzel im System
Mit versteinerter Miene hörte der Angeklagte, Staatsanwalt Yashar G. – der in der U-Haft kürzlich seinen 40. Geburtstag feierte – dem Zeugen zu. Ihm wird vorgeworfen, das bislang größte deutsche Drogen-Syndikat gegen Geld mit Informationen u.a. über Observationen und Razzien versorgt zu haben. Die Bande flog auf, als sie versuchte, 16 Tonnen Kokain aus dem Hamburger Hafen zu schmuggeln. Chefermittler gegen die Gruppe war ausgerechnet Yashar G. von der Staatsanwaltschaft Hannover.
In Kanistern für Spachtelmasse war das Kokain aus Südamerika versteckt. Bis zu 23 Tonnen Rauschgift soll die Bande geschmuggelt haben
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„Ich bin ihm zum ersten Mal 2019 in einem griechischen Restaurant begegnet“, so Besim M. zur Richterin. Er habe G. damals nicht gekannt und auch nichts von dessen Funktion gewusst. Im kleinen Kreis sei er ihm als „ein Freund von uns“ vorgestellt worden. Es folgten weitere Begegnungen, u.a. im Logen-Bereich bei einem Spiel von Hannover 96. „Er war gut am Feiern und angetrunken“, erinnerte sich der Albaner.
Der mutmaßliche Boss der Kokainschmuggler: Konstantinos S. (42). Vor drei Jahren war der Drogen-Baron in Dubai festgenommen und gegen Kaution wieder auf freiem Fuß gesetzt worden. Bis heute wurde er nicht ausgeliefert
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Enthüllung am Maschsee
Besim M., nach eigenen Angaben ein Vertrauter des mutmaßlichen Drogenbosses Konstantinos S. (42), will bei einem Spaziergang am Maschsee von dem Deutsch-Griechen die Wahrheit erfahren haben: „Er erzählte mir, dass es ein Staatsanwalt ist, den er bezahlt, nannte den Namen Yashar. Das war eigentlich ein Skandal. Ein Polizist ist machbar. Aber ein Staatsanwalt? Das war gefährlich. Nur sehr wenige wussten davon.“ 5000 Euro habe er dem Maulwurf monatlich für Informationen gezahlt, soll ihm S. verraten haben. Vor seiner Verhaftung war Konstantinos S. nach Dubai entkommen.
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Damit nicht auffiel, dass die Dealer im verschlüsselten Gangster-Chat „Sky ECC“ über einen Staatsanwalt sprachen, sollen sie laut Anklage „Cop“ (englisch für: Polizist) als Codename für Yashar G. verwendet haben – Besim M. zufolge auch ein angefügtes „Polizisten-Emoji“ zur Tarnung.
Angeklagter Staatsanwalt: „Lügengeschichte“
Wie gefährlich sind diese Aussagen für den Staatsanwalt? Yashar G. reagierte verärgert: „Die Geschichte hat einen kleinen Wahrheitskern. Um diesen hat der Zeuge aber eine sehr raffinierte Lügengeschichte gebaut.“ Sein Verteidiger Timo Rahn zu BILD: „Eine sehr fragwürdige Aussage.“
Die Vernehmung von Besim M. ist nicht abgeschlossen. Fortsetzung im August.