Die einst üppige Rücklage ist aufgezehrt, und die Pro-Kopf-Verschuldung steigt schnell. Wiesbaden befindet sich auch nach Ansicht des Kämmerers in einer schwierigen Finanzlage – trotz erwarteter Gewerbesteuereinnahmen in Rekordhöhe und trotz verlässlich steigender Erträge aus der Einkommensteuer. Ob der Haushalt dennoch genehmigungsfähig ist, hängt vom weiteren Kurs des Landes gegenüber seinen Kommunen und Kreisen ab. Nicht nur Wiesbaden spekuliert gegenwärtig darauf, dass das Land im Jahr der Kommunalwahl nicht massenhaft defizitären Kommunalhaushalten die Genehmigung versagen wird. Die Kommunalaufsicht dürfte allerorten mehr als nur ein Auge zudrücken.
Diese politische Rücksichtnahme dürfte Wiesbaden genügend Luft für ein weiteres Jahr des finanziellen Lavierens verschaffen. Ein Zukunftskonzept mit Ausnahme einer absehbar notwendigen Erhöhung der Grundsteuer hat der Kämmerer bislang nicht erkennen lassen. Vielleicht erhält sogar die Wassersteuer vom VGH den juristischen Segen.
Der Wahlkampf steht bevor
Beides böte der Opposition genügend Munition für einen Wahlkampf, der schon nach der Sommerpause allmählich Fahrt aufnehmen wird. Inzwischen zeichnet sich ab, dass sich das Linksbündnis bis zur Wahl im März durchwursteln wird.
Als Verlierer stehen bislang die Grünen da, während die SPD sich alle Wünsche zu erfüllen scheint. Dass die Grünen vor drei Jahren als stärkste politische Kraft in das Viererbündnis eintraten, lässt sich politisch an kaum einer Stelle ablesen. Der Wahlsieger von 2021 hat öffentlich wenig vorzuweisen.
Dass die CDU dem Bündnis keine (Etat-)Vorlage bieten will, damit dieses Bündnis sich an den Vorschlägen der Opposition abarbeiten kann, anstatt in die Defensive gedrängt zu werden, ist verständlich. Gleichwohl wird die CDU nicht umhinkommen, in den Etatberatungen zu skizzieren, wie ein finanzieller Kurswechsel aussehen könnte, wo die Bürger auf Leistungen verzichten und wo sie womöglich höhere Beiträge leisten müssen.
Das gehört zur Glaubwürdigkeit der größten Oppositionspartei. Vor allem beim Personal muss in Zeiten zunehmender Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz einem weiteren Stellenaufwuchs Einhalt geboten werden. Der Ruf nach mehr Effizienz muss deutlich lauter werden als der nach immer neuen Stellen.