Das Dresdner Musical beginnt mit einer Kindheit, die anders ist: veträumt, melancholisch – und bald auch einsam. Gleich die erste Szene stellt eine Schlüsselszene des Stückes, aber auch des Lebens von Caspar David Friedrich dar. Beim Spielen bricht der junge Caspar ins Eis ein. Sein Bruder Christoffer rettet ihn, aber ertrinkt dann selbst. Eine Erinnerung, die den späteren Künstler verfolgen wird und später womöglich mit Inspiration für sein Gemälde „Das Eismeer“ ist.

Im Elbschloss Übigau dient das Bild nun als Inspiration für das Bühnenbild. Die Comödie Dresden bringt dort das weltweit erste Musical über Caspar David Friedrich zur Premiere: „Der Wanderer über dem Nebelmeer“.

Endlich Theater über den Promi aus Dresden

„Von Anbeginn war eigentlich der Wunsch da, einmal für das Schloss ein Stück auf den Leib zu schreiben, das mit der Region zu tun hat“, sagt Christian Kühn, Intendant der Dresdner Comödie. Er hat „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ selbst geschrieben und nun auch inszeniert. Die Idee kam ihm während der Corona-Pandemie, erzählt er. „Durch das viele Wandern in der Sächsischen Schweiz hatte ich die Idee, Caspar David Friedrich auf die Bühne zu bringen. Weil das ja doch eine Dresdner Figur ist, die noch gar nicht so oft im Theaterkontext beleuchtet wurde.“

Anders als in den zahlreichen Ausstellungen des Jubiläumsjahres geht es in dem Musical, das am Elbschloss Übigau aufgeführt wird, weniger um Friedrichs Bilder, als vielmehr um seine Person. In den Fokus rücken seine Familie, seine – damals noch nicht als solche benannte – Depression oder seine finanziellen Sorgen. Dabei wird die gründlich recherchierte historische Figur um Zeitgenossen wie Johann Wolfgang von Goethe sowie den Maler und königlichen Hofarzt Carl Gustav Carus ergänzt.

Caspar David Friedrich trifft auf Klimaschutz

Durch zwei Zeitebenen treffen die historischen Figuren auf Personen der Gegenwart: Zwei Umweltaktivisten und eine Pflegerin, die sich mit der Bedeutung oder – wie sie sagen – der „Message“ des Malers heute auseinandersetzen. Und das, indem sie den „Wanderer über dem Nebelmeer“ aus der Hamburger Kunsthalle klauen. Mit dem Ziel, dass es bei der geplanten Ausstellung in Dresden um mehr als sein berühmtestes Gemälde geht.

Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht nur über das Bild reden, sondern über seine Message.

Zitat aus „Der Wanderer über dem Nebelmeer“

„Alle wichtigen Leute werden da sein“, heißt es im Stück. „Aus Politik, Presse, Kunst. Und wir? Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht nur über das Bild reden, sondern über seine Message. Sein Werk ist eine Mahnung, dass die Natur immer größer ist als wir.“

Sächsische Band Silbermond liefert den Soundtrack

Was den Maler der Romantik in dem Stück in die Gegenwart holt, sind nicht bloß Friedrichs aufgegriffenen Positionen zu Klimaschutz und Existenzangst. Es ist auch die Popmusik der Band Silbermond. Ihr Album „Leichtes Gepäck“ aus dem Jahr 2015 liefern den musikalischen Rahmen für das Musical. Es werden ausschließlich Songs der Band aus Bautzen gespielt.

Silbermond als „erfolgreichster sächsischer Pop-Export“ auf die Bühne zu bringen, schwirrte dem Intendanten Christian Kühn als Idee schon länger im Kopf. Zu dem Caspar David Friedrich-Stück passte es dann: die Kombination der Band mit einem ebenfalls sehr berühmten Sachsen – wenn auch 200 Jahre älter.

Man könnte fast meinen, das Album ist geschrieben für das Stück.

Christian Kühn
Intendant Comödie Dresden

Für Christian Kühn geht diese ungewöhnliche Paarung auch inhaltlich auf. „Man könnte fast meinen, das Album ist geschrieben für das Stück. Weil es eben Rock-Pop-Nummern enthält, die thematisch auf das Leben einfach passen und auf seine Gefühlswelt passen.“ Silbermond selbst treten im Schloss Übigau nicht auf. Die Band war laut Kühn aber direkt mit an Bord, als es um die Rechte ging.

Popmusik und die Gefühlswelt von Caspar David Friedrich

Und tatsächlich: Die Kombination aus Popmusik und Caspar David Friedrich funktioniert – auf ihre Weise. Die Lieder der Band folgen der Dramaturgie und die nicht übermäßig gesetzten Tanz-Einlagen kommen eben dann, wenn es zur Stimmung passt. Einer Stimmung von Aufbruch und Hoffnung, die trotz Krisen bleibt – oder wiederkommt.

„Die ganze Gefühlspalette, die Caspar David Friedrich in seinen Bildern tangiert, der versuchen wir uns auch zu nähern im Stück“, sagt Christian Kühn. „Das ist unser Weg, die Romantik auf die Bühne zu holen: zu versuchen, die bildende Kunst in Wort, Tanz und Musik zu übersetzen.“

Das ist unser Weg, die Romantik auf die Bühne zu holen.

Christian Kühn
Intendant Comödie Dresden

So werden die mit Feingefühl dargestellten Figuren zu Individuen, die einen gewisse Tiefgang mitbringen und auch 2025 noch aktuell erscheinen. Das Musical „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ will keine Friedrich-Biographie sein, sondern Zugänge zu seinem Werk schaffen. Ob das über die Pop-Musik von Silbermond, eine geteilte Gefühlswelt oder aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen erfolgt, wird für jede und jeden im Publikum unterschiedlich sein.