Russland hat im Juni 2025 so viele Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgefeuert wie in keinem anderen Monat seit Beginn des Krieges. Wie die Vereinten Nationen und unabhängige Forscher berichten, wurden allein im Juni 5681 Luftangriffe registriert – darunter 5438 bewaffnete Drohnen und 243 Raketen. Die Folge: 232 Tote und 1343 Verletzte – die höchste monatliche Opferzahl unter Zivilisten seit der Invasion im Februar 2022.

Laut dem Institute for the Study of War ist die Zahl russischer Luftangriffe seit Juli 2024 kontinuierlich gestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien mehr als 23.000 Drohnen- und Raketenangriffe erfolgt – ein Anstieg um rund 605 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders auffällig sei der massive Zuwachs an Drohnenattacken: von 2264 in der ersten Jahreshälfte 2024 auf 22.495 in 2025.

UN: Zivilbevölkerung in der Ukraine leidet so stark wie nie zuvor

UN-Menschenrechtsbeobachter sprechen von einer dramatischen Verschärfung der humanitären Lage. „Zivilisten in der gesamten Ukraine erleben derzeit ein Maß an Leid, das wir in über drei Jahren nicht gesehen haben“, sagte Danielle Bell, Leiterin der UN-Mission in der Ukraine. Viele Angriffe träfen Wohnhäuser weit abseits der Front. In Kiew wurden zuletzt mehrfach Metrostationen als Luftschutzräume genutzt, nachdem russische Angriffe Hochhäuser in Brand gesetzt hatten.

Beobachter sehen in der Eskalation eine bewusste Strategie Moskaus. Da russische Truppen an der Front kaum Fortschritte erzielen, solle die Zivilbevölkerung durch gezielte Angriffe demoralisiert werden. „Diese Angriffe richten sich gegen zivile Ziele – es ist der Versuch, den Ukrainern klarzumachen, dass sie nicht gewinnen können“, erklärte der frühere US-Diplomat William Taylor laut NBC News.

6. Juni 2025, Kiew: Explosion nach einem russischen Luftangriff auf die ukrainische Hauptstadt.

6. Juni 2025, Kiew: Explosion nach einem russischen Luftangriff auf die ukrainische Hauptstadt.Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Russland setzt auf Drohnen – und Trump entfernt sich von Putin

Zugleich deuten die Angriffe laut Analystin Christina Harward vom Institute for the Study of War darauf hin, dass Russland über wachsende Waffenbestände verfügt – insbesondere bei weitreichenden Drohnen. Auch könne es sich um eine bewusste Ablenkung von den schleppenden Geländegewinnen am Boden handeln, so Harward.

Russland intensivierte jüngst seine Luftangriffe und feuerte am 9. Juli allein 741 Drohnen und Raketen auf die Ukraine ab – ein neuer Höchstwert. Der bisherige „Rekord“ an russischen Drohnen in einer Nacht lag bei etwas mehr als 500. 

Bei Angriffen auf die ostukrainische Großstadt Charkiw wurden laut den örtlichen Behörden in der Nacht zum Freitag neun Menschen verletzt. „Unter den Verletzten sind auch Frauen in einer Entbindungsstation“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Telegram. Glücklicherweise seien zumindest keine Kinder bei diesem Angriff verletzt worden. Selenskyj warf dem russischen Militär vor, bewusst auf Zivilisten zu zielen.

US-Präsident Donald Trump, der den Krieg bei Amtsantritt im Januar „in einem Tag“ beenden wollte, hatte die ukrainische Regierung zunächst als Haupthindernis für eine Einigung bezeichnet. Inzwischen zeigt er sich laut Berichten zunehmend frustriert über Russlands Präsidenten Wladimir Putin und sprach zuletzt von „bedeutungslosen Friedensangeboten“.