Frau Woolf, Sie sind zum ersten Mal in Syke – und das im Zuge der Namenlosen Tage. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie eingeladen wurden?
Marah Woolf: Was ist das? (lacht) Nein, aber im Ernst, der junge Mann, der mich da eingeladen hat (Matthias Müller vom Organisationsteam der Namenlosen Tage, Anmerkung der Redaktion), hat mir das so interessant verkauft, dass ich mir dachte: Okay, dann fahre ich mal in die Nähe von Bremen. Ich hatte sowieso vor, im Herbst eine Lesereise zu machen. Normalerweise bin ich in Buchhandlungen. Ich finde es aber immer auch spannend, mal in einer Location zu sein, die losgelöst vom Buchhandel ist. Meistens ist es ein bisschen lockerer, es ist neues Publikum für mich dabei, es gibt noch etwas Drumherum und das finde ich eigentlich immer ganz schön.
Wie wichtig ist Ihnen denn der direkte Kontakt zu ihrer Leserschaft, also zum Beispiel über Events wie die Namenlosen Tage?
Das ist mir schon sehr, sehr wichtig. Darum mache ich auch jedes Jahr ein, zwei Lesereisen. Ich sitze sonst hier in meinem stillen Kämmerlein und schreibe vor mich hin. Ich schicke zwar ein paar E-Mails raus, bin in den sozialen Medien, aber der persönliche Kontakt ist halt doch noch mal etwas ganz anderes.
Da ist gerade im Fantasybereich die Begeisterung sehr groß. Was glauben Sie, warum Fantasy so viele Menschen begeistert?
Interessanterweise hat Fantasy eine sehr breit gefächerte Leserschaft. Mein Genre, die Romantasy, entführt in eine Welt, die im Gegensatz zur High Fantasy mit ihrem Weltenbau, wie zum Beispiel Herr der Ringe oder Rad der Zeit, sich immer noch sehr nah anfühlt. Jede Leserin und jeder Leser kann sich ein Stück weit hineinversetzen, weil die Probleme, die auftreten, den Problemen ähneln, denen wir uns gegenübersehen. Ob das im Politischen, im Gesellschaftlichen oder im Persönlichen ist. Es ist also einerseits eine Flucht aus unserem Alltag – das spiegeln mir viele Leser zumindest wider – aber es ist nicht so fremd, dass man sich nicht doch auch heimisch fühlen kann. Man kann sich reinversetzen in die Probleme der Protagonisten. Es ist also auch wie ein Ankommen. Und ich glaube, das ist das Faszinierende daran.
Was war denn Ihr persönlicher Einstieg in die Fantasy?
Das war tatsächlich Twilight. Ich hatte vor Twilight noch nie ein Buch gelesen, das nicht in unserer realen Welt spielt, mit diesen fantastischen Elementen, die einen dann ja auch so fesseln. Ich hatte zunächst den Film mit meiner Tochter gesehen und dann habe ich mir gedacht, so etwas würde ich auch gerne mal schreiben. Ich lese schon seit ich klein bin, aber ich hatte noch nie vorher einen Gedanken daran verschwendet, ein eigenes Buch zu schreiben. Das änderte sich durch Twilight.
Und das Ergebnis haben Sie dann an Verlage und Agenturen geschickt?
Ich habe ein, zwei Agenturen angeschrieben, aber hauptsächlich Verlage. Ich hatte keine Ahnung, wie das so funktioniert. Und keiner wollte es.
Daraufhin haben Sie dann entschieden: Dann mache ich es eben selbst?
Genau.
Wie aufwendig ist das? An so einer Buchveröffentlichung hängt schließlich so einiges dran.
Klar! Und das muss man dann natürlich alles selbst machen. Ich habe mir eine Lektorin gesucht und eine Korrektorin und jemanden, der mein Cover gestaltet. Und dann habe ich mir das angeguckt. Ich konnte auch niemanden fragen, weil das Self-Publishing damals 2011 erst Fahrt aufnahm. Da musste ich mich selbst so ein bisschen durchwurschteln: Wie mache ich ein E-Book? Wie lade ich das hoch und so weiter und so fort. Aber irgendwie hat das dann alles geklappt. Dann wurde das Buch (Der erste Teil der inzwischen vierteiligen Mondlicht-Saga „MondSilberLicht“, Anmerkung der Redaktion) entdeckt, gekauft und gelesen. Dann habe ich den zweiten und den dritten Teil geschrieben. Mittlerweile verlege ich auch meine Printbücher und meine Hörbücher selbst. Das ist eine Entwicklung von 14 Jahren. Und das ist schon aufwendig. Es ist ein richtiges Business, jenseits des Schreibens.
Was ist denn das Schönste und was ist das Herausfordernde am Leben als Autorin?
Das Schreiben. Das ist im Grunde die Substanz dessen, was ich tue. Das Schönste ist immer, wenn man mit einer neuen Idee anfängt, das ist aber gleichzeitig auch das Schwierigste, weil man ganz viele Dinge in seinem Kopf hat, und das muss man alles zu Papier bringen. Dabei soll es auch noch verständlich sein, es soll am besten eine dreiteilige Geschichte ergeben, und das ist dann natürlich eine Herausforderung.
Haben Sie dafür Schreibrituale oder besondere Routinen, die Ihnen helfen?
Nö. Ich setze mich einfach an meinen Rechner und dann schreibe ich drauflos.
Sie haben unterschiedliche Welten kreiert. Ihre Themen sind vielfältig. Gibt es da etwas, das Ihnen hilft, kreativ zu sein, oder haben Sie eine bevorzugte Methode, um Themen oder Motive zu finden?
Nein, normalerweise ist es so, dass die Idee irgendwann zu mir kommt. Ich bin nicht auf der Suche nach Ideen, sondern irgendwann fällt mir etwas ein und dann kommt es ein bisschen darauf an. Wenn die Idee länger bleibt, ich ein paar Tage darüber nachdenke und das in meinem Kopf weiterspinne, dann mache ich mir irgendwann ein paar Notizen dazu, damit ich sie nicht vergesse. Und dann schreibe ich die Geschichte, normalerweise. Es gibt natürlich ein paar Ideen, die bisher nicht geschrieben wurden, aber ich musste mich bis jetzt auch noch nie besonders auf die Suche nach Ideen machen. Irgendetwas fällt mir immer ein.
Haben Sie denn schon festgestellt, was Sie da am ehesten inspiriert? Ist das eher die Welt, die Figuren oder der Plot?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Das ist ganz unterschiedlich. Ich bin natürlich sehr geprägt durch alles, was ich jemals gelesen habe. Hauptsächlich über alle möglichen Mythen, Legenden, Religionen und alles, womit ich mich im Lauf meines Lebens beschäftigt habe. Daraus entstehen dann diese Ideen, die mich irgendwann anspringen. Zum Beispiel habe ich meine Götterfunke-Saga geschrieben, weil ich an die Ode „Prometheus“ von Goethe gedacht habe. Das war in meiner Schulzeit mein Lieblingsgedicht. Ich dachte ‚Oh, Prometheus, ein guter Charakter. Darüber kann man ein gutes Buch schreiben.‘ Der Titel meines Buches ‚1000 Mal schon‘ stammt aus einer Liedzeile. Und zu meiner Angelus-Saga hat mich ein Vorschlag meiner Coverdesignerin zu einer anderen Reihe inspiriert.
Wenn Sie sich eins Ihrer Settings aussuchen könnten, um da einen Tag zu verbringen, welches wäre das und warum?
Da stellt sich ein bisschen die Frage, ob ich in Wirklichkeit so kämpferisch wäre, dass ich in einer dieser Geschichten auftauchen würde. Also, wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich vielleicht ‚Bookless‘ wählen. Schön gemütlich in der Bücherei sitzen. Da kann mir nichts passieren (lacht).
Gibt es noch ein Genre oder ein Thema, das Sie irgendwann einmal literarisch erkunden möchten?
Ich würde schon ganz gerne irgendwann mehr Romance schreiben, aber nur, wenn ich gerade völlig überlastet mit Arbeit bin. Dann stelle ich mir immer vor, dass es doch viel einfacher ist, eine Liebesgeschichte zu schreiben. Das sind unterhaltsame Geschichten, die mag ich sehr. Auch da kann man sich ein bisschen austoben. Also das ist schon etwas, wo ich denke, ‚oh ja, das schreibst du irgendwann mal wieder.‘ Einfach nur so aus Spaß.
Woran arbeiten Sie denn gerade? Dürfen wir uns bald auf ein neues Buch freuen?
Ich mache jetzt erstmal die Schmuckausgabe der „Engel“. Und dann überlege ich mir, was ich im nächsten Jahr herausbringen möchte. Aber erstmal ist der erste Teil, „Rückkehr der Engel“ am 1. Juli erschienen, der zweite erscheint am 2. September und der dritte am 4. November. Das ist erstaunlicherweise doch noch mal mehr Arbeit, als ich ursprünglich dachte, dafür, dass die Bücher noch mal erschienen sind. Und im nächsten Jahr schaue ich dann mal. Ich habe ein paar Ideen, aber es kann immer sein, dass eine andere Idee dazwischenkommt.
Das Interview führte Sarah Essing.
Zur Person
Marah Woolf (53) gehört mit rund drei Millionen verkauften Büchern zu den erfolgreichsten Self-Publishern in Deutschland. Besonders bekannt und beliebt sind ihre Fantasy-Bücher, die Fantastik und Romantik verbinden. Die gelernte Bankkauffrau ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt und arbeitet in Magdeburg.
Die Namenlosen Tage werfen ihre Schatten voraus. Die 35. Ausgabe der Spiele-Convention findet von Freitag bis Sonntag, 26. bis 28. September in der Realschule Syke statt. Im Zuge des Events wird am Sonnabend, 27. September, Marah Woolf aus ihrem Roman „Zorn der Engel“ lesen. Die Lesung beginnt um 16 Uhr. Karten sind zum Preis von 15 Euro im Vorverkauf erhältlich. Sie können in allen Filialen der Buchhandlung Schüttert oder über Nordwestticket erworben werden. Die Tickets gelten für die Lesung und für die Namenlosen Tage.