„Der Plan der beiden Männer war, dem Taxifahrer einen Denkzettel mittels körperlicher Gewalt zu verpassen“, erklärte der Vorsitzende Richter Rainer Gless in der Urteilsverkündung. Was der Hintergrund dabei gewesen sei, lasse sich nicht mehr aufklären, möglicherweise sei es um Drogengeschäfte gegangen. Die Männer hätten den Taxifahrer jedenfalls gezielt aufgesucht und seien dafür mit dem Zug von Friedrichshafen nach Böblingen gefahren. Denkbar sei, dass neben den Schlägen und Tritten auch ein Messereinsatz von Anfang an geplant gewesen sei. Zum einen hätten die Männer einen abgelegenen Treffpunkt auf einem Hotel-Parkplatz in der Nähe des Bahnhofs ausgesucht. „Zum anderen kann man sich fragen, ob der ganze Aufwand Sinn macht nur für ein paar Schläge und Tritte“, führte Gless weiter aus. Der Angeklagte und sein Mittäter hätten zunächst versucht, den Taxifahrer über Prepaid-Handys ausfindig zu machen, und ihn dann gezielt über die Taxizentrale angefordert, obwohl er eigentlich nur für Herrenberg zuständig gewesen sei.
Zückte ein Angreifer ein Messer?
Sie hätten sich dann gegen 1.50 Uhr zu dem Hotel-Parkplatz fahren lassen, wo der unauffindbare Mittäter zunächst ausgestiegen sei, um angeblich aus seinem dort geparkten Auto etwas zu holen. Der Fahrer sei ebenfalls ausgestiegen, um kurz zu pinkeln. Als er zum Taxi zurückging, sei der Mann mit einem komischen Blick auf ihn zugekommen, sodass er die Flucht ergriffen habe. Beim Wegrennen in der Dunkelheit sei er gestolpert und gestürzt, daraufhin hätten beide Männer auf ihn eingeschlagen und – getreten. Einer der beiden habe dann auch ein Messer gezückt und dem Taxifahrer unter der linken Achselhöhle in die Brust gestochen.
Die Männer seien ihrerseits geflohen, da zwei Hotelgäste von ihren Balkonen aus zugesehen und gerufen hätten, sie sollten den Mann in Ruhe lassen. Der Taxifahrer erlitt eine lebensgefährliche, viereinhalb Zentimeter tiefe Wunde an der Lunge und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Den in der Anklage ursprünglich erhobenen Tatvorwurf des versuchten Totschlags sah das Gericht aber nicht als erwiesen an.
Kontakte zu Back Jackets
Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn erklärt, er sei von seinem Bekannten in Friedrichshafen damals überredet worden, ihn zu einem Klubbesuch nach Stuttgart zu begleiten. Auf der Zugfahrt habe er ihm dann eröffnet, dass er vorher noch einen Kumpel treffen müsse, der ihm 2000 Euro schulde. Er sei im Taxi auf dem Rücksitz geblieben und habe mit den Schlägen und Tritten nichts zu tun. Erst als es draußen laut geworden sei, sei er ausgestiegen und habe schlichten wollen. Da sei der Taxifahrer schon gekrümmt am Boden gelegen, sein Bekannter sei weggelaufen. Er sei in Panik geraten und ebenfalls geflohen. Von dem Messereinsatz habe er am nächsten Tag aus der Zeitung erfahren. Da er damals unter Bewährung gestanden sei und Angst gehabt habe, sei er in sein Heimatland geflohen. Mit dem Bekannten habe er bis heute keinen Kontakt mehr gehabt. Seines Wissens nach habe dieser damals Kontakt zu den Black Jackets gehabt. Er könne sich vorstellen, dass die Schulden, die der Bekannte von dem Taxifahrer eintreiben wollte, aus Drogengeschäften stammten.
Der Taxifahrer hatte im Zeugenstand erklärt, es seien damals zwei Männer zu ihm ins Taxi gestiegen. Mit dem Messer habe jedoch nur einer zugestochen. An den Angeklagten könne er sich nicht erinnern.
Der 44-Jährige saß vor der Auslieferung nach Deutschland in seinem Heimatland ein Jahr lang in Abschiebehaft. Wegen dieser Vorgeschichte und wegen eines weiteren offenen Strafprozesses am Amtsgericht Tettnang hielt das Landgericht den Haftbefehl wegen Fluchtgefahr aufrecht.