Scharfe Kritik vom Bundesinnenminister: Alexander Dobrindt will das Kruzifix-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs so nicht hinnehmen. „Allen denjenigen, die sagen, man soll die Kreuze abhängen, denen sagen wir: Wir wollen diese Kreuze aufhängen“, sagte der CSU-Politiker am Freitag einem Vorabbericht zufolge beim Sender Welt TV.
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Die Richter in München hatten am Mittwoch entschieden, ein staatliches Gymnasium im Freistaat hätte das Kruzifix auf Forderung zweier Schülerinnen abnehmen müssen. Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen. Dagegen kann binnen eines Monats Beschwerde eingelegt werden.
Dann hängt das halt über einen anderen Eingang.
Alexander Dobrindt, Bundesinnenminister (CSU) zum Kruzifix-Urteil in Bayern
Der Minister aus Bayern erklärte zwar, dass er das Urteil (Az. 7 BV 21.336) noch nicht gelesen habe, riet aber zu einem pragmatischen Umgang damit, dass das Gericht das Kreuz über dem Eingang der betreffenden Schule verboten hatte: „Dann hängt das halt über einen anderen Eingang.“
Es gehe „schlichtweg um das Grundverständnis unseres Zusammenlebens“, mahnte Dobrindt. Und weiter: Das Kreuz drücke „mehr aus als den christlichen Glauben“, nämlich „eine Wertehaltung dieser Gesellschaft“.
Er finde es richtig, dass viel von Toleranz gesprochen werde, gebe jedoch zu bedenken: „Die Grundlage der Toleranz ist der christliche Glaube. Das könnte man ja auch mal mit einem Kreuz zur Darstellung bringen.“
Geklagt hatten ehemalige Schülerinnen
Der Verwaltungsgerichtshof sah im vorliegenden Fall die Konfrontation mit dem Kruzifix als „Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit“. Diese meint die Freiheit, keinen bestimmten Glauben zu haben.
„Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert“, hieß es.
Das Kruzifix in der Größe von 1,50 Metern sei an einer sehr exponierten Stelle angebracht gewesen und habe den Leichnam Jesu Christi figurenhaft dargestellt. Eine bildliche Darstellung von Jesus Christus am Kreuz bezeichnet man als Kruzifix.
Geklagt hatten ehemalige Schülerinnen, die während ihrer Schulzeit beantragt hatten, das Objekt entfernen zu lassen. Die Schule war dem nicht nachgekommen, woraufhin die Klägerinnen sich zunächst erfolglos an das Verwaltungsgericht München gewandt hatten.
Die bayerischen Regierungsparteien CSU und Freie Wähler kritisierten das Urteil. Bayern sei christlich-abendländisch geprägt, und das Kreuz stehe für Werte wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit.
Lesermeinungen zum Artikel
„Das muss man sich mal vorstellen: Der Verfassungsminister (!) dieses Landes ruft öffentlich dazu auf, Gerichtsurteile, die einem nicht passen, einfach nicht umzusetzen.“ Diskutieren Sie über folgenden Link mit Community-User Schneti
Bayern prüft Folgen für andere Schulen
Im bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ist festgelegt, dass in Grund-, Mittel- und Förderschulen in jedem Klassenzimmer ein Kreuz anzubringen ist. Für Gymnasien gibt es eine solche Regelung nicht.
Das Kultusministerium in München prüft mögliche Folgen für die Schullandschaft. Man setze sich intensiv mit der Urteilsbegründung auseinander, sagte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) am Donnerstag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd).
Es bleibe aber klar: „Das Kreuz ist nicht nur ein religiöses Symbol, sondern steht auch für die Achtung von Menschenwürde, Toleranz und Nächstenliebe – Werte, die unser Zusammenleben und unseren Bildungsauftrag maßgeblich prägen.“
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Der bayerische evangelische Landesbischof Christian Kopp betonte demnach den Wert der Religionsfreiheit. Gerade in einem Staat, der die Religionsfreiheit schützt, sei es wichtig, dass Räume wie staatliche Schulen weltanschaulich neutral seien, sagte er „Glaube darf nie Zwang sein. Er lebt aus der Freiheit. Diese Freiheit zu wahren, ist ein hohes Gut, das wir als Kirche mitverantworten.“