Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat Forderungen aus der Linke, dass die Israelflagge nicht mehr vor dem Roten Rathaus wehen soll, entschieden zurückgewiesen. „Wenn die Linkspartei die israelische Flagge als belastendes Symbol empfindet, sollte sie sich ernsthaft mit ihrer verstörenden – und längst nicht mehr unklaren – Haltung zum Antisemitismus auseinandersetzen“, sagte Wegner am Freitag dem Tagesspiegel.

„Die israelische Fahne wird so lange am Roten Rathaus hängen, bis die letzte Geisel frei ist – und daran wird sich nichts ändern“, erklärte der CDU-Politiker. Sein Mitgefühl gelte den zivilen Opfern auf beiden Seiten: Den unschuldigen Menschen in Israel, die Opfer eines beispiellosen Terrorangriffs am 7. Oktober 2023 geworden seien, aber ebenso der leidenden Zivilbevölkerung in Gaza, die von der islamistischen Hamas bewusst in diesen Konflikt hineingezogen worden sei.

Zuvor hatte die Linksfraktion in Berlin-Mitte vom Senat gefordert, die Israelflagge vor dem Roten Rathaus abzuhängen. Einen entsprechenden Antrag namens „Konsequenzen für Kriegsführung“ brachte die Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bereits Mitte Juni ein. Das teilte die Fraktion nun auf Instagram mit.

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„Das Bezirksamt soll sich beim Senat dafür einsetzen, dass die israelische Nationalflagge vor öffentlichen Gebäuden wie dem Roten Rathaus abgehängt wird“, heißt es im Post. Begründet wird die Forderung mit „Rücksicht gegenüber palästinensischen Berliner*innen, für die dies ein belastendes Symbol der aktuellen Kriegsführung darstellt“ und „aus Solidarität mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und in Palästina“. Für Palästinenser in Berlin könne die Flagge „ein belastender Trigger sein“, heißt es im Antrag.

Landesvizechefin der Linke liked den Post

Weiter müsse ebenjene Gruppe vor „Diskriminierung, Repression und Rassismus“ geschützt werden, ebenso die „pauschale Kriminalisierung palästina-solidarischer Proteste“ aufhören, die gegen „Krieg und Besatzung“ demonstriere. Aber auch jüdische Einrichtungen, fordert die Fraktion, müssten geschützt werden, ebenso wie „jüdisches Leben im Bezirk“.

Geliked haben den Instagram-Post auch die Vizechefin der Berliner Landespartei, Martha Kleedörfer, die selbst in der BVV Mitte ist, und der Linke-Bezirkschef in Tempelhof-Schöneberg, Stanislav Jurk.

Linke immer radikaler

Tatsächlich wird die Linke seit dem Austritt namhafter Mitglieder wie Ex-Kultursenator Klaus Lederer und Ex-Senatorin Elke Breitenbach immer radikaler – auch im Verhältnis zu Israel und zum Nahost-Konflikt. Die sogenannten Regierungslinken um Lederer bestehen auch wegen der Shoa auf einer Solidarität mit Israel, halten Kritik an der israelischen Regierung aber für möglich und nötig.

Auslöser für den Austritt mehrere Linker aus dem Realo-Lager war der auf dem Landesparteitag eskalierte Streit um die Abgrenzung von Antisemitismus und die Positionierung zum Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Am 11. Oktober war es zu einer heftigen Auseinandersetzung über einen von Lederers Gruppe eingebrachten Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus gekommen, der auch Judenhass von links thematisierte.

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Durch Änderungsanträge wurde das Anliegen komplett entkernt. Die Kritik an linkem Antisemitismus wurde gestrichen – ebenso, dass Hamas und Hisbollah keine Befreiungsbewegungen seien, sondern ihr Terror durch eliminatorischen Antisemitismus angetrieben seien. Maßgeblich vorangetrieben wurden die Streichungen aus dem Bezirksverband Mitte und von Martha Kleedörfer. Nach dem Eklat wurde sie erst Bezirksparteichefin in Mitte und dann stellvertretende Landesvorsitzende.

Inzwischen entwickelt sich die Linke mehr zu einer Bewegungspartei, die mit immer radikaleren Forderungen auffällt – auch zum Thema Nahost. Ob die Partei etwa in Berlin bei dieser Entwicklung überhaupt noch regierungsfähig ist, wird bei möglichen Partnern wie SPD und Grüne inzwischen zunehmend bezweifelt.