Die Nichtentfernung des Kruzifixes aus dem Haupteingangsbereich des Gymnasiums sei rechtswidrig, heißt es in der ausführlichen Urteilsbegründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH). Das 1,50 Meter hohe und 50 Zentimeter breite Kreuz mit Korpus habe zwei Schülerinnen in ihrer Glaubensfreiheit verletzt, als sie das oberbayerische Gymnasium besuchten. Sie seien zwangsweise und immer wiederkehrend ohne Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert gewesen. Der BayVGH kam damit zu einem anderen Schluss als die Vorinstanz. Das Verwaltungsgericht München hatte im September 2020 die Klage abgewiesen.
Klägerinnen seit Jahren nicht mehr an der Schule
Mit ihrer Klage 2016 wollten die Schülerinnen erreichen, dass das Kruzifix im Eingangsbereich entfernt wird. Dieses Ziel haben sie während ihrer Schulzeit nicht erreicht. Nachdem die beiden Mädchen das Gymnasium 2020 und 2023 jeweils nach dem Abitur verlassen haben, änderten sie ihre Klagen entsprechend ab. Seitdem kämpften sie vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für die Feststellung, dass die Nichtentfernung des Kreuzes zu ihrer Schulzeit rechtswidrig war. Im Dezember 2024 hat sich der Senat selbst vor Ort an der Schule ein Bild von dem umstrittenen Kruzifix gemacht und kam jetzt zu dem Schluss: Die Nichtentfernung war rechtswidrig.
Kruzifix bleibt nach Urteil hängen
Der Verwaltungsgerichtshof hat also in diesem Einzelfall festgestellt, dass die Nichtentfernung des Kreuzes rechtswidrig war, als die Klägerinnen noch auf das betroffene Gymnasium gingen. Das Bayerische Kultusministerium stellt deshalb ausdrücklich klar: „Da das Urteil maßgeblich auf die individuelle innere Einstellung gerade dieser beiden (ehemaligen) Schülerinnen zum Kreuz als Glaubenssymbol abstellte, muss vor Ort auch nicht unmittelbar reagiert und das Kreuz abgenommen werden.“
„Haben wir keine anderen Probleme?“
In Wolnzach wollen sich viele zu dem Thema nicht äußern. Auch die Schule will nichts sagen zu diesem Kreuz, das am Treppenaufgang der Schule hängt, mit dem Jesus-Korpus daran. Aber dann kann sich so mancher doch nicht verkneifen, im Vorbeigehen seine Meinung zu äußern: Das Kreuz hätten die meisten an der Schule noch gar nie so bewusst wahrgenommen. Und: 90 Prozent der Schülerschaft interessiere dieses Thema schlicht nicht.
Insgesamt sind viele in Wolnzach der Ansicht, dass das Thema die Aufregung nicht wert ist: „Ich hab‘ mir nur gedacht: Haben wir keine anderen Probleme?“, sagt ein Mann am Wolnzacher Marienplatz. Er habe seine Kinder nicht getauft, aber sie würden über ihren Wohnort in Bayern ihre Freunde und das sonstige soziale Umfeld trotzdem am Katholizismus teilhaben. „Das gehört in Bayern schon dazu.“ Ähnlich sieht es ein Großvater, der seine Enkelin von der Schule abholt: „Der christliche Glaube gehört zur abendländischen Kultur, insbesondere in Bayern.“ Eine Passantin findet: „Die Leute sind zu empfindlich“. Es solle einfach jeder selber entscheiden, ob er glaube – oder nicht.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juli ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats können beide Parteien Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Das Kultusministerium hat sich dazu noch nicht geäußert.