Berlin – Eine Tasche mit Handtüchern, Wasserflasche, Sonnencreme, ein Gläschen Babybrei, Reiswaffeln, Kleingeld. In Flipflops, Kleidchen, Shorts, T-Shirt verlässt die Familie ihre Wohnung. Es sind 37 Grad in Berlin. Mehr brauchen Carlotta (25), Hans P. (27) und Baby Nino (11 Monate) nicht für den Badeausflug nach Brandenburg. Als sie mittags die Tür abschließen, ahnen sie nicht, dass sie wenige Stunden später wohnungslos sind.
Rückblick: Am 2. Juli bricht nachmittags auf dem Dach des Mietshauses Kärntener Straße Ecke Fritz-Reuter-Straße in Schöneberg ein Feuer aus. Die schwarze Rauchsäule ist kilometerweit zu sehen. 180 Feuerwehrkräfte brauchen 10 Stunden, um die Flammen zu löschen. Danach ist ihre Wohnung unbewohnbar, einsturzgefährdet.
Am 2. Juli bricht nachmittags auf dem Dach des Mietshauses Kärntener Straße Ecke Fritz-Reuter-Straße in Schöneberg ein Feuer aus
Foto: Fabrizio Bensch/REUTERS
Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen einen 60-jährigen Bauarbeiter. Wie genau das Feuer entstanden ist, wird noch untersucht.
„Wir standen in Badesachen vor dem brennenden Haus und haben geweint“, sagt Carlotta zu BILD. Die Erzieherin in Elternzeit ist in der Straße geboren und aufgewachsen. Ihr Mann Hans ist Notfallsanitäter beim DRK.
Löschwasser floss wie aus Dusche durch Haus
Carlotta: „Wir baten, ob jemand wenigstens unseren Kinderwagen aus dem Hausflur retten könnte“. Doch als er vor ihnen stand, wussten sie, dass der kleine Nino nie mehr darin liegen würde.
Was nicht vom Feuer vernichtet wird, zerstört das Löschwasser. Es sind Millionen und Abermillionen Liter. Es stinkt nach Rauch, ist schmutzig. „Obwohl oben das Dach gelöscht wurde, ergoss sich das Wasser bis ins Erdgeschoss. Wie eine voll aufgedrehte Dusche“, sagt Carlotta. „Alles Wasser, das auch durch unsere Wohnung im vierten Stock gelaufen ist.“
Elf Jahre wohnten sie hier. Gemeinsam mit Carlottas beiden jüngeren Brüdern Alessandro (23) und Pierluigi (18). „Erst vor zwei Wochen haben wir die letzte fehlende Lampe im Flur aufgehängt.“
Nur zehn Minuten blieb der Familie in ihrer Wohnung
Ein paar Tage nach dem Feuer dürfen sie in ihre Wohnung. Nur zehn Minuten. Das komplette Haus sei einsturzgefährdet. „Unten vor der Tür haben wir beratschlagt, was wir mitnehmen sollen.“ Oben trifft sie der Schock. Die Decken sind heruntergekommen. Alles ist triefnass. Der Geruch zum Würgen. Sämtliches Holz hat sich vollgesogen, ist verzogen.
Auch interessant
Anzeige
Auch interessant
Anzeige
Das Klavier ist für immer verloren. Der Schrank im Flur auch. „Ein Erbstück meiner Ur-Ur-Großmutter. Die Türen waren verzogen, wir mussten das Glas einschlagen, um die Fotoalben mitnehmen zu können.“
Sie haben Müllsäcke dabei, in die sie alles stopfen, was wichtig ist – Dokumente, Papiere, Ausweise. Für einen Moment vergisst Carlotta P. (25) die Warnung: Alles hier ist vergiftet! Im Kinderzimmer findet die junge Mutter das Lieblingskuscheltier ihres Sohnes. „Das ist doch Dino“, sagt sie, hält den rosafarbenen Dinosaurier in ihren Händen. Ihr Sohn Nino hat ihn seit seiner Geburt. Dann setzt sie ihn vorsichtig zurück.
Lesen Sie auch
„Nino wird an diesem Samstag 1 Jahr alt. Wir wollten feiern. Eine Unterwasserparty. Mit Muffins in Fischform. Jetzt haben wir kein Zuhause mehr, wohin wir unsere Freunde einladen können.“
Wer die Familie unterstützen möchte, vielleicht eine Wohnung zu vermieten hat – auf der Spendenplattform gofundme haben Freunde ein Konto eingerichtet.