Das australischen Outback gilt als wild und gefährlich, die Weiten sind menschenleer. Die Landschaft bietet wenig Möglichkeiten, sich zu orientieren. Zudem drohen stets Gefahren unter anderem durch extreme Temperaturen oder auch giftige Schlangen. Wer sich hier verirrt, muss tapfer sein. Dass Hilfe kommt, ist äußerst unwahrscheinlich.

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Umso mehr grenzt die Geschichte der deutschen Rucksacktouristin Carolina W. an ein mittelschweres Wunder. Nach zwölf Tagen allein in der Wildnis wurde die 26-Jährige am Freitag entdeckt – lebend und in überraschend guter Verfassung. Es sei „reines Glück“ gewesen, sagte Jessica Securo von der Polizei in Westaustralien, wie der Sender ABC berichtete.

Aber zwölf Tage zu überleben und querfeldein bis zu dieser Straße zu gelangen – das ist wirklich ein Wunder.

Tania Henley, Farmerin, die Carolina W. entdeckte

Die junge Deutsche erzählte der Polizei in Australien, sie habe auf einer Fahrt ins Landesinnere die Orientierung verloren. Dann der Schock: Der Van blieb in einem abgelegenen Naturreservat stecken. Ihre Versuche, das Fahrzeug wieder flottzubekommen, scheiterten.

„Offensichtlich eine Menge durchgemacht“ Deutsche Rucksacktouristin Carolina W. lebend in Australien gefunden

W. beschloss, ihren Van zu verlassen. Diese Entscheidung bezeichnete sie im Gespräch mit der Polizei als „reine Panik“. Und so begann sie ihre einsame und gefährlich Wanderung durch die Wildnis – mit wenig Wasser, kaum Nahrung und am Ende ohne Schuhe. Sie orientierte sich offenbar am Stand der Sonne, kämpfte allerdings auch mit teilweise heftigem Regen und nachts Temperaturen um den Gefrierpunkt. In der Region ist derzeit Winter.

Carolina W. gab demnach an, sie habe Wasser aus Pfützen getrunken und nachts unter anderem Schutz in einer Höhle gesucht. „Sie ist immer noch fassungslos, dass sie überlebt hat“, sagte Jessica Securo von der Polizei in Westaustralien. „In ihrem Kopf hatte sie sich bereits davon überzeugt, dass sie nicht gefunden wird. Ich bin sicher, sie kam irgendwann an den Punkt, wo sie dachte, es kommt niemand mehr.“

Der Van von W. war rund 150 Kilometer vom letzten bekannten Aufenthaltsort – dem kleinen Ort Beacon – entfernt entdeckt worden. Am 29. Juni hatte sie dort noch ein Geschäft besucht. Danach verlor sich ihre Spur. Die Polizei intensivierte die Suche mit Hubschraubern und Fährtenlesern. Ohne Erfolg.

Dann die Erlösung: Am Freitagnachmittag gegen 16.20 Uhr Ortszeit sei es der Backpackerin auf einem Schotterpiste gelungen, ein vorbeifahrendes Auto auf sich aufmerksam zu machen – etwa 24 Kilometer von ihrem liegen gebliebenen Van entfernt. Nach Angaben der Polizei war W. zu diesem Zeitpunkt erschöpft, dehydriert, hatte einen Sonnenbrand, einen verletzten Fuß und unzählige Mückenstiche. Sie wurde in eine Klinik geflogen.

Das australische Fernsehen zeigte Bilder, wie die Gerettete in einem langen beigefarbenen Kleid und einer blauen Strickjacke vorsichtig die Stufen zu einer kleinen Propellermaschine hinaufstieg.

Am Steuer des Wagens saß die Farmerin Tania Henley. Sie sagte dem Sender: „Ich kam gerade von Beacon zurück, weil ich meinen Anhänger abgeholt hatte“, erzählte sie. W. habe am Straßenrand gestanden und gewunken. „Sie war sehr, sehr erleichtert.“

Carolina W. war traumatisiert und erleichtert zugleich

Henley sagte, sie habe die junge Deutsche sofort erkannt, da sie die Nachrichten über das Verschwinden verfolgt habe. „Sie war in einem fragilen Zustand, aber sie war okay. Dünn, aber okay.“ Die junge Frau sei von vielen kleinen Stechmücken zerstochen gewesen. Henley weiter: „Sie sagte, es sei sehr, sehr kalt gewesen.“

Das Wort Wunder werde oft überstrapaziert, sagte die Farmerin weiter. „Aber zwölf Tage zu überleben und querfeldein bis zu dieser Straße zu gelangen – das ist wirklich ein Wunder.“ Es hätte Tage dauern können, bis ein anderer Wagen vorbeigekommen wäre.

Jeder Tag sei bei diesem Wetter eine Herausforderung, sagte Henley. „Alles im Busch ist sehr stachelig“, sagte Henley. Über die junge Deutsche sagte sie: „Sie ist eine sehr widerstandsfähige Person.“

„Das ist das bestmögliche Ergebnis, das wir uns erhoffen konnten“, sagte Polizistin Securo. „Sie war sehr traumatisiert und einfach nur überwältigt, dass sie gefunden wurde“, so Securo dem Portal „7News“ zufolge. „Wir sind unglaublich dankbar, dass sie gefunden wurde – das ist eine riesige Erleichterung für ihre Familie und alle, die sie lieben.“

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Carolina W. stammt dem Sender WDR zufolge aus Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen und war seit rund zwei Jahren als Rucksackreisende in Australien unterwegs. Die 26-Jährige reist demnach allein, arbeitete in Hostels, in Minen und zuletzt auf Farmen in abgelegenen Gegenden im Westen des Landes.

Carolina W. will weiter durch Australien reisen

Der Leidensweg von W. sollte Reisenden als Mahnung dienen, welche Vorbereitungen sie treffen sollten, bevor sie durch abgelegene Teile Westaustraliens reisen, so Securo. W. habe im Gespräch gesagt: „Ich hätte besser planen können.“

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W. habe gut geschlafen, etwas gegessen und geduscht und inzwischen mit ihrer Familie gesprochen. Bisher gebe es keine Pläne, dass die Familie von W. nach Australien komme.

Trotz der dramatischen Erfahrung plane W. ihre Reise fortzusetzen, so Securo. Die 26-Jährige habe ihr gesagt, sie „liebe Australien“ und würde ihre Reisepläne gerne verwirklichen. Sie wollte ursprünglich Westaustralien erkunden und dann weiter in den Norden und an die Ostküste. Die Polizistin: „Das steht also noch auf ihrer Liste.“